Soldaten der Bundeswehr
Pistorius hat seine Pläne zur Umstrukturierung der Bundeswehr vorgestellt. Bildrechte: picture alliance/dpa/Revierfoto | Revierfoto

Reform der Armee Bundeswehr soll neue Führungsstruktur erhalten

04. April 2024, 18:59 Uhr

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat seine Pläne zur Umstrukturierung der Bundeswehr vorgestellt. Eckpunkte sind ein einheitliches operatives Führungskommando sowie der Bereich Cyber- und Informationsraum als vierte Teilstreitkraft neben Heer, Marine und Luftwaffe. Außerdem sollen Vorbereitungen zur Wiedereinsetzung einer Wehrpflicht getroffen werden.

Verteidigungsminister Boris Pistorius will die Bundeswehr besser für die Verteidigung Deutschlands und seiner Verbündeten aufstellen und plant dafür ein einheitliches Führungskommando. Außerdem sollen Vorbereitungen zur Wiedereinsetzung einer Wehrpflicht getroffen werden, teilte der SPD-Politiker am Donnerstag in Berlin mit.

Das Militär soll den Plänen nach entlang von vier Teilstreitkräften umstrukturiert werden. Damit wird neben dem Heer, der Luftwaffe und der Marine nun auch die Truppe für den Cyber- und Informationsraum (CIR) zu einer eigenen Teilstreitkraft aufgewertet.

Die vier Teilstreitkräfte der Bundeswehr

  • Heer: Das Deutsche Heer ist mit knapp 65.000 Soldaten und Soldatinnen die größte Teilstreitkraft und operiert vorrangig an Land. Zu den Aufgaben gehören unter anderem Gefechtslagen, humanitäre Hilfe, Unterstützung bei der Bewältigung von Naturkatastrophen und internationales Krisenmanagement.
  • Luftwaffe: Sie überwacht den Luftraum über Deutschland und den Einsatzbereichen der Bundeswehr. Sie übernimmt Transportflüge und nimmt an Hilfs-, Rettungs- oder Evakuierungseinsätzen in Deutschland und im Ausland teil. Ihr gehören knapp 28.000 Soldatinnen und Soldaten an.
  • Marine: Gut 15.000 Bundeswehrangehörige dienen in der Marine. Sie ist weltweit auf See im Einsatz, etwa um Schifffahrtswege zu schützen. Die Marine soll auch einen möglichen Seekrieg über, auf und unter Wasser führen können.
  • Cyber- und Informationsraum: Die bislang etwa 16.000 Angehörigen dieses Organisationsbereiches sind auf elektronische Kampfführung und Cyberoperationen, Aufklärung und Sicherung der elektronischen Infrastruktur spezialisiert.

Unterstützungskommando soll Fähigkeiten für alle Bereiche bündeln

In einem gemeinsamen Unterstützungskommando will Pistorius Fähigkeiten bündeln, die in allen Bereichen gebraucht werden. Er nannte den zentralen Sanitätsdienst, Logistik, Feldjägerwesen (Militärpolizei), Abwehr atomarer, biologischer und chemischer Kampfstoffe (ABC-Abwehr) sowie die zivil-militärische Zusammenarbeit (Cimic). Alle Teilstreitkräfte sollen nach Bedarf Zugriff auf diese Fähigkeiten haben.

Das Konzept ist nicht neu und wird bisher mit der sogenannten "Streitkräftebasis" praktiziert. Frühere Überlegungen sahen aber vor, die Feldjäger sowie die ABC-Abwehr dem Heer zu unterstellen. Pistorius hat sich nun dagegen entschieden. Dem Heer werden aber die Heimatschutzkräfte zugeordnet.

Pistorius: Bedrohungslage in Europa gestiegen

"Die Bedrohungslage in Europa hat sich verschärft. Es muss allen klar sein: Wir verteidigen unser Land und unsere Bündnispartner und machen klar - auch mit diesem Schritt wieder - niemand solle auf die Idee kommen, uns als Nato-Gebiet anzugreifen", sagte Pistorius. "Das müssen wir glaubhaft und wahrhaftig ausstrahlen und dafür muss die Bundeswehr entlang der genannten Vorgaben aufgestellt werden." Für die Anpassung habe er den Streitkräften ein halbes Jahr Zeit gegeben.

Pläne für Wiedereinsetzung der Wehrpflicht

Ziel sei es auch, Verantwortlichkeiten klarer zuzuordnen und Doppelstrukturen zu vermeiden. "Darauf kommt es im Ernstfall - oder eigentlich müsste man sagen: im Kriegsfall, im Verteidigungsfall - an. Das ist der Anspruch, den wir mit dieser Reform verfolgen", so der Verteidigungsminister.

Bei den Plänen sei auch eine mögliche Wiedereinsetzung einer "wie auch immer gearteten Wehrdienstpflicht" bereits "mitgedacht" worden, betonte der SPD-Politiker. Diese Entscheidung werde aber erst später getroffen und müsse dann auch zusammen mit dem Parlament erfolgen. Pistorius erwartet demnach Mitte April eine Machbarkeitsstudie seines Hauses zu unterschiedlichen Modellen, die er dann mit den politischen Akteuren diskutiert werde.

Union kritisiert Bundeswehr-Reform

Kritik an der Bundeswehrreform kam aus der Union. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Florian Hahn (CSU), sah im Deutschlandfunk lediglich eine Umetikettierung bestehender Strukturen. Ziel müsse es hingegen sein, die Bundeswehr personell und finanziell besser aufzustellen. Ähnlich äußerte sich der CDU-Verteidigungspolitiker Johann Wadephul. Er nannte die Reformpläne gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland "eine verpasste Chance".

Der FDP-Verteidigungsexperte Alexander Müller begrüßte hingegen die Schaffung eines einheitlichen Führungskommandos als "überfälligen Schritt". Auch die Aufwertung des Kommandos Cyber- und Informationsraum sei richtig, da sich Konflikte "immer stärker in den Cyberraum" verlagerten.

dpa, AFP, MDR (smk)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 04. April 2024 | 16:00 Uhr

6 Kommentare

nasowasaberauch vor 8 Wochen

Wenn man sich basierend auf dem Kräfteverhältnis NATO-Russland nicht bedroht fühlt, dann passt das nicht zur politischen und medialen Hysterie, die ein Feindbild und Angst braucht als Alibi für ungebremste Aufrüstung. Ich habe den Eindruck, dass bestimmte Kreise nur auf den Krisenfall gewartet haben, nachdem sie 34 Jahre die Füße still halten mußten und jetzt endlich den Kampf der Systeme unter dem Vorwand der Verteidigung der Demokratie in der Ukraine und auf deren blutige Kosten fortsetzen können.

kleinerfrontkaempfer vor 8 Wochen

Mal eine ganz ketzerische Frage;
Wann kommt den die Fremdenlegion der Bundeswehr?
Einige Jahrzehnte Dienst für den Staat, dann gut gepolsterter Ruhestand und dt. Staatsbürgerschaft.
Ein erprobtes und erfolgreiches Modell. Warum immer neue Argument und Reformen? Lasst uns endlich Taten sehen und den ganzen Fachkräftemangel der Bundeswehr beiseite schieben.

Shantuma vor 8 Wochen

Der Westen hat in den letzten Jahrzehnten bewiesen, dass er nicht in der Lage ist strategisch zu denken.
Die Abenteuer in Afghanistan, Irak, Syrien, Libyen und die unzähligen Einsätze in Afrika haben keinerlei positives Resultat erbracht aufgrund des Mangels an strategischem Denken.
Dieser Mangel an strategischem Denken findet man auch in der Politik des Westens wieder. Wo Ziele ohne Sinn vorgegeben werden.

Wie soll so etwas sich dann erfolgreich verteidigen können?

Sinnvoller wäre es sich dies einzugestehen und andere Wege zu gehen. Die Möglichkeiten gibt es dazu, doch am Willen fehlt es.
Darum sind SPD, Grüne, FDP, CDU/CSU als Kriegsparteien nicht wählbar.
Bei der Linken und der AfD muss der Wähler selber entscheiden wie glaubhaft deren Angebote sind.

Und es scheint ja auch an der Norm zu sein Verstöße gegen internationale Verträge (2+4 Vertrag) als auch Verstöße gegen das GG als unwichtig zu betrachten, ansonsten gebe es derzeit 3-4 Luftwaffenoffiziere weniger.

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