Eine Person sitzt im Rollstuhl an einem Schreibtisch mit Computer.
Die Unabhängige Beauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, plant ein Förderprogramm gegen Diskriminierung. Bildrechte: IMAGO / Panthermedia

Jahresbericht 2022 Rekordwert bei Beratungsanfragen zu Diskriminierung

27. Juni 2023, 12:09 Uhr

Tausende Menschen haben im vergangenen Jahr Diskriminierungen im Zusammenhang mit Merkmalen wie Alter, Behinderung oder Geschlecht gemeldet. Wie die Antidiskriminierungsstelle des Bundes berichtet, sind das doppelt so viele wie 2019. Am häufigsten erlebten Betroffene Diskriminierung demnach auf dem Arbeitsmarkt. Die Unabhängige Beauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, kündigte unter anderem ein Förderprogramm gegen Diskriminierung an.

Im vergangenen Jahr haben sich so viele Bürger an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) gewandt wie nie zuvor. Das geht aus dem Jahresbericht 2022 hervor, den die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, am Dienstag vorgestellt hat.

Ferda Ataman, Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung
Ferda Ataman Bildrechte: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Demnach gab es insgesamt fast 9.000 Beratungsanfragen. Das seien 14 Prozent mehr als im Vorjahr, im Vergleich zu 2019 habe sich der Wert sogar verdoppelt, sagte Ataman. Der Großteil der Anfragen bezog sich demnach auf Diskriminierung im Zusammenhang mit Faktoren wie Alter, Behinderung, Geschlecht, sexuelle Identität, Religion oder Weltanschauung. Diese Merkmale sind im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geschützt. Deutlich seltener meldeten sich Menschen, die wegen anderer Merkmale wie zum Beispiel ihrem sozialem Status diskriminiert wurden.

Fälle zu Rassismus und Behinderung am häufigsten

Am meisten berichteten Menschen über rassistische Diskriminierung (43 Prozent) und Diskriminierung wegen einer Behinderung (27 Prozent). Etwa 20 Prozent der Anfragen meldeten, dass sie wegen ihres Geschlechts diskriminiert wurden. 10 Prozent der Anfragen bezogen sich auf Benachteiligungen wegen des Alters.

Am seltensten ging es in den Anfragen um Diskriminierungen wegen der eigenen Religionszugehörigkeit (5 Prozent), sexueller Identität (4 Prozent) oder Weltanschauung (1 Prozent).

Großteil der Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt

Am häufigsten gemeldet wurde Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt (27 Prozent). Weitere 20 Prozent der Menschen erlebten Diskriminierung bei sogenannten Alltagsgeschäften wie der Wohnungssuche, aber auch beim Restaurantbesuch, beim Einkaufen oder in Bus und Bahn. Arbeitsmarkt und Alltagsgeschäfte sind die Bereiche, in denen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gilt und Diskriminierung verbietet.

Oft erlebten Menschen aber auch Ungleichbehandlung in Lebensbereichen, die nicht durch das AGG geschützt sind, zum Beispiel bei Ämtern und Behörden, bei Justiz, Bildung und der Polizei. Nach Aussage von Ataman muss auch in diesem Bereichen ein wirksamer Diskriminierungsschutz eingeführt werden. Sie setze deshalb auf die Reform des AGG, die im Koalitionsvertrag vorgesehen ist.

Ataman: Mehr Menschen gegen Diskriminierung aktiv

Die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung sagte weiter, aus den erhobenen Zahlen gehe hervor, dass sich immer mehr Menschen gegen Diskriminierung wehrten. Ihre Behörde erreichten deutlich mehr Anfragen, als man entgegennehmen könne.

"Es zeigt, dass das Bewusstsein für Antidiskriminierung in der Bevölkerung wächst – ein wichtiges Zeichen gesellschaftlicher Reife und Integration", konstatierte Ataman. Es sei wichtig, dass mehr Menschen wüssten, dass Diskriminierung verboten sei. Außerdem kündigte sie an, dass AGG zukunftsfähig machen zu wollen.

Maßnahmen gegen Diskriminierung geplant

Dafür soll es den Angaben zufolge drei konkrete Maßnahmen geben. Die wichtigste sei ein flächendeckende Ausbau der Antidiskriminierungsberatung, erklärte Ataman. Dafür plant sie das bislang größte Förderprogramm zu Antidiskriminierung in Deutschland. Mit dem Programm "respekt*land" wolle man gemeinsam mit den Ländern 35 Projekte aus dem gesamten Bundesgebiet mit einem Fördervolumen von insgesamt 5 Millionen Euro unterstützen.

Im Herbst soll es zudem eine Informationskampagne geben, die Menschen darüber aufklären soll, welche Rechte sie im Falle einer Diskriminierung haben. Ataman will darüber hinaus den Schutz vor Diskriminierung durch Künstliche Intelligenz stärker in den Blick nehmen. Dazu kündigte sie an, im Sommer konkrete Vorschläge vorzulegen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 27. Juni 2023 | 11:30 Uhr

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