Schleusungskriminalität Innenministerin Faeser ordnet "flexible Kontrollen" an Grenze zu Polen und Tschechien an

27. September 2023, 19:50 Uhr

Das Bundesinnenministerium weitet die Polizeikontrollen zur Bekämpfung von Schleusungskriminalität aus. Nach Kritik aus der Opposition soll es nun mobile Kontrollen "auf der Grenzlinie" zu Polen und Tschechien geben. Die neuen Maßnahmen sollen die bisherige Schleierfahnung ergänzen. Auf stationäre Grenzkontrollen verzichtet die Ministerin aber weiterhin, gleichzeitig schloss sie diese nicht kategorisch aus. Kritik kam aus Brandenburg.

  • Bundesinnenministerin Faeser ordnet mobile Kontrollen "auf der Grenzlinie" zu Polen und Tschechien an.
  • Stationäre Grenzkontrollen, wie von der Union gefordert, soll es vorerst nicht geben.
  • Brandenburgs Innenminister Stübgen kritisiert die neuen Pläne als "Schlingerkurs".

Zur Bekämpfung von Schleusungskriminalität hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser zusätzliche Kontrollen der Bundespolizei direkt an den Grenzen zu Polen und Tschechien angeordnet. Sie würden "ab sofort" und auch "auf der Grenzlinie" erfolgen, sagte Faeser am Mittwoch in Berlin. "Wir wollen durch flexible und mobile Kontrollen an wechselnden Orten Ausweichbewegungen der Schleuser verhindern", ergänzte sie und verwies darauf, dass "nahezu jeder vierte" Geflüchtete mit Hilfe von Schleusern nach Deutschland gelange.

Faeser setzt auf enge Zusammenarbeit mit Polen und Tschechien

Die neuen Kontrollen sollen die bisher praktizierte Schleierfahndung ergänzen. Dabei setzt Faeser auf eine enge Zusammenarbeit mit Polen und Tschechien: Bei Kontrollen auf der Grenzlinie sollten diese zeitgleich auch in den Nachbarländern erfolgen, sagte sie. Sie habe dabei bereits erste Zusagen aus Tschechien. Bei Polen gehe sie davon aus, dass diese bei ihrem Treffen mit dem polnischen Kollegen am Donnerstag beim Treffen der EU-Innenminister in Brüssel erfolgen würden.

Weiterhin keine stationären Grenzkontrollen

Auf stationäre und dauerhafte Grenzkontrollen, wie sie vermehrt von den Bundesländern Brandenburg und Sachsen sowie der Union gefordert wurden, verzichtet die Ministerin aber weiterhin. Sie wolle die Auswirkungen auf Pendler wie Handwerker und Pflegekräfte sowie Güterverkehr so gering wie möglich halten, sagte sie. Gleichzeitig schloss sie stationäre Kontrollen, die anders als die flexiblen Kontrollen bei der EU-Kommission beantragt werden müssen, für die Zukunft nicht kategorisch aus.

Brandenburgs Innenminister: "Weitere Pirouette"

Kritik kam von Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU). "Faeser dreht eine weitere Pirouette bei der Frage zu Grenzkontrollen", monierte er am Mittwoch in Potsdam. Die entsprechenden Kontrollen nach Artikel 24 des Schengener Grenzkodex wendeten bereits die meisten europäischen Länder an.

"Über Faesers Schlingerkurs kann sich nur die Schleppermafia freuen - die oft lebensbedrohlichen Schleusungen in engsten Behältnissen werden damit nicht wirksam bekämpft", so Stübgen weiter. Damit habe Faeser nun die "vollständige Verantwortung für drohende schwerste Unfälle auf unseren Autobahnen und Straßen". Die von ihr angekündigten Schwerpunktkontrollen würden die illegale Migration nicht verringern.

Kretschmer fordert mehr als Grenzkontrollen

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte sogar noch härtere Maßnahmen verlangt, um die Zuwanderung nach Deutschland zu begrenzen. Zum Nutzen von stationären Grenzkontrollen sagte er bei MDR AKTUELL, "die ganze Diskussion ist scheinheilig, wenn man nicht am Anfang über die Anzahl spricht der Menschen, die in Deutschland Schutz bekommen können".

Kretschmer zufolge geht es ihm um eine Obergrenze für die Aufnahme von Migranten – "also eine Zahl, die für uns als Deutschland Orientierung ist, von der wir wissen, das können wir leisten, das wollen wir auch leisten".

Für Faeser hingegen ist die europäische Asylreform mit Verfahren an den Außengrenzen "der entscheidende Schritt". Sie sei "sehr optimistisch", dass das europäische Gesetzgebungsverfahren hierzu "zeitnah" abgeschlossen werden könne. Grenzkontrollen alleine könnten das Problem nicht lösen, so die Ministerin.

Die zwischen den europäischen Innenministern abgestimmten Pläne sehen unter anderem eine Asyl-Vorprüfung an den Außengrenzen und eine Rückführung von Menschen ohne Schutzanspruch direkt von dort vor. Ob das Reformpaket noch vor der Europawahl im kommenden Jahr verabschiedet werden kann, ist aber noch offen.

77 Prozent mehr Asylanträge als im Vorjahreszeitraum

Die Bundespolizei hat von Jahresbeginn bis Ende August insgesamt rund 71.000 unerlaubte Einreisen festgestellt. Hauptherkunftsländer sind Syrien, Afghanistan, die Türkei und der Irak. Im gleichen Zeitraum stellten mehr als 204.000 Menschen erstmals in Deutschland einen Asylantrag - rund 77 Prozent mehr als in den ersten acht Monaten des Vorjahres.

dpa, afp (mze)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 27. September 2023 | 14:00 Uhr

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