Abgelehnte Asylbewerber warten in Leipzig (Sachsen) im zentralen Polizeigewahrsam auf ihren Transport zum Flughafen
Die Abschiebe-Pläne aus dem Bundesinnenministerium werden kontrovers diskutiert. Bildrechte: picture alliance / dpa | Sebastian Willnow

Asylpolitik Grünen-Expertin kritisiert geplante schärfere Abschieberegeln

04. August 2023, 10:32 Uhr

Bundesinnenministerin Nancy Faeser will Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber erleichtern. So will die SPD-Politikerin den Ausreisegewahrsam verlängern. Für die Migrationsexpertin der Grünen, Filiz Polat, sind die Pläne nicht "zielführend". Die FDP spricht dagegen von einem wichtigen Signal. Kritik kommt auch von der Polizeigewerkschaft und dem Flüchtlingsrat.

Die Migrationsexpertin der Grünen im Bundestag, Filiz Polat, hält die Vorschläge von Bundesinnenministerin Nancy Faeser für erleichterte Abschiebungen nicht für zielführend. Polat sagte MDR AKTUELL, man müsse genau hinschauen, wer abgeschoben werden solle und welche Maßnahmen hilfreich seien. Scheindebatten über vermeintlich mehr Abschiebungen hälfen nicht, die Herausforderungen bei der Versorgung und Integration von Schutzsuchenden in den Kommunen zu bewältigen und diejenigen abzuschieben, die abgeschoben werden sollten. Da müsse man sich auf Straftäter konzentrieren und nicht auf Familien mit Kindern.

Polat sagte, derzeit sei die Hälfte aller Abschiebungen rechtswidrig und werde von Gerichten gekippt.

Zustimmung von der FDP

Diese Entwicklung sieht auch der andere Koalitionspartner, die FDP, kritisch – zieht daraus aber andere Schlüsse. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Stephan Thomae, sagte, noch immer scheiterten viel zu viele Abschiebungen. Das müsse sich schleunigst ändern. Der Staat müsse dafür sorgen, dass seine Entscheidungen auch vollstreckt werden können. Deshalb seien die Pläne von Faeser ein wichtiges Signal.

Thomae sagte, die Verlängerung des Abschiebegewahrsams auf 28 Tage und erweiterte Betretungsrechte in Flüchtlingsunterkünften seien dabei wichtige Schritte. Darüber hinaus müsse es mehr Abschiebehaftplätze geben, die Kommunen müssten ihre Ausländerbehörden stärken und die Bundespolizei mehr Konsequenzen erhalten.

Polizeigewerkschaft fordert Grenzkontrollen

Kritik kam von der Deutschen Polizeigewerkschaft. DPolG-Chef Reiner Wendt sagte, Faesers Abschiebepläne würden "die Probleme im Land nicht lösen". Der beste Schutz vor illegaler Migration sei eine wirksame Kontrolle an den Grenzen und eine bessere Ausstattung der Polizei im Kampf gegen Schleuserkriminalität.

Auch Sachsen wünscht sich schnellere Lösungen: Innenminister (CDU) Armin Schuster sagte MDR AKTUELL, er vermisse das Tempo bei Feasers Diskussionspapier. Was es wirklich brauche, um Migration zu begrenzen, seien Grenzkontrollen und Migrationsabkommen mit den Herkunftsländern. Faesers Vorschlag bezeichnet er als "Arbeitserleichterungen".

Dave Schmidtke vom sächsischen Flüchtlingsrat nimmt auch die Betroffenen in den Blick: "Es wird eine Panikstimmung bei den Geflüchteten erzeugt." Geduldete Menschen, die eigentlich ins Bleiberecht übertragen werden sollten, hätten nun wieder Angst vor einer Abschiebung.

Schmidtke sagte, er glaube nicht, dass mit einer Verlängerung der Abschiebehaft den Prozess tatsächlich erleichtert werde, weil meistens der Zugriff nicht erfolgreich sei. Stattdessen fordert er, dass Geflüchtete schnellst möglichst auf dem Arbeitsmarkt integriert würden, anstatt sie abzuschieben.

Faeser schlägt längeren Abschiebegewahrsam vor

Faeser hatte in einem Diskussionspapier unter anderem vorgeschlagen, den Abschiebegewahrsam von zehn auf 28 Tage zu verlängern. Zudem sollten Polizisten zur Durchsetzung einer Abschiebung nicht nur das Zimmer des Betroffenen, sondern auch andere Räume betreten dürfen. Auch sollten Widerspruch oder Klage gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote keine aufschiebende Wirkung mehr haben. Die in Gesprächen mit Ländern und Kommunen erarbeiteten Vorschläge sollen nun weiter beraten werden, bevor das Ministerium konkrete Gesetzentwürfe vorlegt.

Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben der Bundesregierung knapp 13.000 ausreisepflichtige Personen aus Deutschland abgeschoben. Zum Ende des Jahres waren laut Ausländerzentralregister mehr als 304.000 Menschen ausreisepflichtig, davon hatten etwa 248.000 eine Duldung.

Ausreisepflichtig sind neben abgelehnten Asylbewerbern auch Touristen, Arbeitsmigranten und ausländische Studenten, wenn ihr Visum beziehungsweise ihre Aufenthaltserlaubnis abgelaufen ist. Geduldet sind Menschen, die zwar ausreisepflichtig sind, aber nicht abgeschoben werden können, etwa weil sie keine Ausweisdokumente haben, krank sind oder ein minderjähriges Kind haben, das eine Aufenthaltserlaubnis besitzt.

DPA, epd, MDR (dko, jst, kkö)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 03. August 2023 | 17:00 Uhr

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