Strompreisbremse Für Nutzer von Nachtspeicherheizungen wird es teuer
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02. Januar 2023, 12:22 Uhr
Milliarden nimmt die Bundesregierung in die Hand, um eine Strompreisbremse auf den Weg zu bringen. Doch diejenigen, die am meisten Strom brauchen, weil sie mit Nachtspeicherheizungen heizen, wurden offenbar übersehen. Denn Nachtstromtarife steigen seit Langem deutlich stärker als normaler Strom. Fachleute befürchten hohe Nachzahlungen.
- Haushalte mit Nachtspeicherheizungen leiden besonders und den hohen Strompreisen – etwa 400.000 Häuser oder Wohnungen heizen auf die Art.
- Finanzexperten befürchten hohe Nachzahlungen, trotz der Strompreisbremse.
- Hoffnungen für Betroffene beruhen auf der "Härtefall"-Regelung im geplanten Gesetz.
Ab dem 1. März 2023 soll die Strompreisbremse der Bundesregierung gelten, rückwirkend auch für Februar und Januar. Damit sollen Verbraucher vor den explodierenden Strompreisen geschützt werden.
Doch werden wirklich alle berücksichtigt? Manch einer hat noch Nachtspeicherheizungen im Haus – sie verbrauchen viel Strom, den sie ausschließlich nachts beziehen. Früher war ein Tarif für Nachtspeicher deutlich günstiger, doch in den letzten Jahren sind die Tarife massiv gestiegen, beschreibt MDR-Aktuell-Nutzer Hörer Pascal Schweigel aus Sülzetal in Sachsen-Anhalt: Er habe mit seiner Familie in den letzten Jahren eine vielfache Erhöhung des Nachtspeicherstrom-Tarifs hinnehmen müssen. Eigentlich sei der Nachtspeicherstrom früher deutlich günstiger gewesen als der Tagstrom.
Pascal Schweigel fragt: "Hat man uns als Stromkunden, die Nachtspeicherstrom beziehen, einfach in der jetzigen Debatte vergessen?"
1,2 Mio. Haushalte heizen mit Nachtspeicherheizungen
In Deutschland gibt es rund 1,2 Millionen Haushalte, die zum Heizen sogenannten Nachtspeicherstrom beziehen. Dieser Strom war in früheren Jahren mit 16 bis 20 Cent pro Kilowattstunde deutlich günstiger als Tag-Strom. Der Grund: nachts sind die Kosten für den Stromtransport über das öffentliche Netz geringer und Anbieter gaben den Preisvorteil an ihre Kunden weiter.
Bezieher von Nachtstrom haben auch zwei Zähler: einen für Tag-, einen für Nachtstrom. Grundsätzlich ist es so: auch wer mit Nachtstrom heizt, für den gilt die Preisbremse. Dazu teilt das Bundeswirtschaftsministerium auf eine Anfrage von MDR Aktuell schriftlich mit:
"Bei zeitvariablen Tarifen, zum Beispiel bei Haushalten mit Nachtspeicherheizungen wird der monatliche Durchschnittspreis herangezogen, um den Entlastungsbetrag der Strompreisbremse zu berechnen. Zum Beispiel: Wenn von 0 bis 6 Uhr ein günstiger Tarif gilt und von 6 bis 24 Uhr ein teurer Tarif, dann geht der Nachttarif zu 6/24 in den Durchschnitt ein und der Tagtarif zu 18/24."
Oder einfacher gesagt: es wird ein monatlicher Durchschnittswert gebildet zwischen Tag- und Nachtstrom, aus dem sich die Preisbremse berechnet.
Experte: Strompreisbremse gut gemeint, schlecht umgesetzt
Benjamin Weigl vom Geldratgeber Finanztip findet die geplante Regelung für Nachtspeicherstrom-Kunden zwar gut gemeint, schränkt aber ein, dass die Regelung trotzdem ein massives Problem habe. "Für das Heizen verbraucht man sehr viel Strom, der hat früher oft 15 Cent gekostet, jetzt kostet er 35 Cent", sagt Weigl. Die Strompreisbremse bringe da nichts. "Für hunderttausende Haushalte wird die Heizrechnung doppelt oder dreifach so hoch sein. Sie müssen oft hunderte Euro mehr im Monat bezahlen."
Aber es gibt Hoffnung: für sogenannte "Härtefälle" empfiehlt der Abschlussbericht der Gas- und Wärme-Kommission für den Zeitraum 1. Januar 2022 bis 30. April 2024 die Einrichtung eines Soforthilfe-Fonds. Der Fonds soll Haushalte entlasten, die mit Heizkosten überfordert sind.
Gesetz zur Strompreisbremse soll diese Woche kommen
Ob und wie sich die Strompreisbremse auf Verbraucher von Nachtstrom auswirken wird, dazu lassen sich im Moment keine seriösen Aussagen machen, teilen mehrere von MDR Aktuell angefragte Anbieter mit, darunter der größte mitteldeutsche Stromversorger EnviaM.
Sie weisen darauf hin, dass zunächst am 15. und 16. Dezember Bundestag und Bundesrat das entsprechende Gesetz beschließen müssten. Erst danach könnten Abrechnungssysteme abgepasst und Strom-Kunden über Änderungen informiert werden.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 13. Dezember 2022 | 06:54 Uhr
Taf73 am 14.12.2022
"Und GW ist eine Einheit für die Leistung, falls sie nicht GWh meinten." Da haben Sie Recht, nur welche Einheit benutzt man nun für Kraftwerke und Verbraucher zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt, beispielsweise 11 Uhr?
goffman am 13.12.2022
Es ist echt schade, dass sich nicht das Modell der Grünen, das Energiegeld, durchgesetzt hat. Eine monatliche Pauschale für jeden Bürger als Entlastung für die Mehrkosten durch Energiewende und Gaskrise wäre entlastender, billiger, unbürokratisch, gerecht, der Sparanreiz bliebe erhalten und man könnte das Geld sogar investieren, z.B. in eine moderne Heizung.
Stattdessen kommt eine "Preisbremse" mit eindeutiger Handschrift der FDP, zugunsten der größeren Energieversorger und Erdgasunternehmen, von der ausgerechnet die Vielverbraucher stärker profitieren.
goffman am 13.12.2022
@ Taf73:
Zwei Fehler.
1. Aus der aktuellen Produktion lässt sich die mögliche Produktion nicht ableiten. Zum einen, weil Regenerative sich leichter abschalten lassen und oft nicht das einspeisen, was sie einspeisen könnten, zum anderen, weil aufgrund der ausgebremsten Energiewende der letzten Jahre noch lange nicht alle technischen Möglichkeiten genutzt werden.
2. Nachtspeicherheizungen sind nicht die Alternative zu Gas. Wärmepumpen hingegen schon. (Zumindest für den privaten Bedarf).