Frank Werneke, Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, spricht zwischen Nancy Faeser (SPD, l), Bundesinnenministerin, und Karin Welge, Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, über die Einigung bei den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst.
Verdi-Chef Frank Werneke und Innenministerin Nancy Faeser nach den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sven Käuler

Nach Einigung Geteilte Reaktionen zum Tarifabschluss im öffentlichen Dienst

23. April 2023, 21:09 Uhr

Der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst hat unterschiedlichen Reaktionen ausgelöst. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung sprach von einer "Notlösung". Die Kommunen hätten sich ein geringeres, die Linke hingegen ein höheres Lohnplus gewünscht.

Der Tarifabschluss für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen hat sehr unterschiedliche Reaktionen ausgelöst.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sprach von einer "Notlösung, die kurzfristig zwar den Arbeitskampf beendet, jedoch die grundlegenden Probleme nicht löst". DIW-Präsident Marcel Fratzscher prognostizierte in der "Augsburger Allgemeinen", nach einer Inflationsrate von acht Prozent 2022, sechs Prozent 2023 und wohl rund drei Prozent 2024 würden die Löhne im öffentlichen Dienst am Ende der Laufzeit zirka sechs Prozent weniger Kaufkraft haben. Andererseits würden die geschätzten Mehrkosten von 17 Milliarden Euro eine "massive finanzielle Belastung" für die Kommunen bedeuten.

Abschluss für Linke unzureichend

Die Linke kritisierte die Einigung hingegen als unzureichend. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, die Tarifeinigung bedeute angesichts der Preisexplosionen für viele Beschäftigte einen "Reallohnverlust", der die "Schmerzgrenzen" überschreite.

Der Chef des Deutschen Beamtenbundes, Ulrich Silberbach, erklärte, die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen könnten mit diesem Ergebnis leben. Die vereinbarten Tariferhöhungen lägen je nach Entgeltgruppe zwischen 8 und 16 Prozent. Mehr sei vor allem bei den Kommunen nicht durchzusetzen gewesen. 

Thüringer Kommunen bezweifeln Verhältnismäßigkeit

Der Präsident des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen, Michael Brychcy (CDU), erklärte hingegen, er hätte sich ein niedrigeres Lohnplus gewünscht. Zwar gönne er den Angestellten das Geld, aber man müsse auch fragen, ob dieser im Vergleich sehr hohe Abschluss noch verhältnismäßig sei, sagte er MDR THÜRINGEN.

Der Vize-Präsident des Thüringer Landkreistages Onno Eckert (SPD), sprach zwar angesichts der Inflation von einem "guten Ergebnis", sieht aber auch eine Herausforderung für die Haushalte. Allein die Thüringer Kommunen rechnen mit Mehrkosten in zweistelliger Millionenhöhe.

Volkswirte sehen Abschluss im Rahmen

Wie Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer der Nachrichtenagentur Reuters sagte, fällt das Lohnplus für den öffentlichen Dienst verglichen mit der Privatwirtschaft "nicht völlig aus dem Rahmen".

Für ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski passt das Ergebnis in das Bild anderer Abschlüsse: "Für dieses Jahr wird der Kaufkraftverlust aufgefangen, aber nicht komplett ausgeglichen".

dpa/AFP/Reuters (dni)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 23. April 2023 | 12:30 Uhr

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