Ein älteres Paar geht in einem Stadtpark spazieren.
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Debatte um Rentenpaket II Wie es um die Rente in Deutschland steht

27. September 2024, 10:58 Uhr

Die Rente in Deutschland muss reformiert werden. Deshalb will die Bundesregierung mit dem Rentenpaket II das Renten-Niveau bei 48 Prozent des Durchschnitts-Einkommens festschreiben. Außerdem soll mit dem sogenannten Generationenkapital Geld für die Finanzierung der gesetzlichen Rente am Kapitalmarkt angelegt werden. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was ist das Problem am derzeitigen Rentensystem?

Bis in die 1990er-Jahre konnte sich das System selbst finanzieren, weil vielen Beitragszahlenden verhältnismäßig wenig Rentnerinnen und Rentner entgegenstanden. Heute sind die Vorzeichen umgekehrt: Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in diesem Jahrzehnt in Rente, die Zahl der Beitragszahlenden zieht nicht im gleichen Maß nach. Kamen im Jahr 1992 noch 2,7 Beitragszahlende auf einen Rentner, sind es inzwischen weniger als zwei. Für das Jahr 2050 wird ein Verhältnis von etwa eins zu 1,3 erwartet.

Und was bedeutet das?

Das System gilt langfristig als unfinanzierbar. Schon in den vergangenen Jahren ist der jährliche steuerfinanzierte Zuschuss auf mehr als 80 Milliarden Euro gestiegen. Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, müsste entweder der Beitragssatz steigen, das Rentenniveau sinken oder das Renteneintrittsalter erhöht werden. Letzteres würde faktisch eine Rentenkürzung bedeuten, weshalb die SPD und Kanzler Olaf Scholz dies ablehnen.

Ohne Reform und stabiles Rentenniveau würden die Rentnerinnen und Rentner im Vergleich zur arbeitenden Bevölkerung "ärmer werden", sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Auch die Kaufkraft würde ohne Stabilisierung des Rentenniveaus ab 2027 sinken.

Wie haben sich die Renten in den vergangenen Jahren entwickelt?

Zuletzt sind die Renten in Deutschland zum 1. Juli 2024 um 4,57 Prozent gestiegen – erstmals seit Jahren spürbar über der Inflationsrate. Eine zuvor zum Beispiel 1.500 Euro hohe Monatsrente wuchs um 68,55 Euro. Auch in den zwei Jahren zuvor gab es durchgängig teils deutlich über vier Prozent liegende Rentenzuwächse. Wegen der Corona-Pandemie waren die Bezüge zuvor stagniert.

Auch für die nächsten Jahre werden Rentenerhöhungen vorhergesagt. Der aktuelle Rentenversicherungsbericht prognostiziert einen Anstieg der Bezüge bis 2037 um 43 Prozent.

Was ändert sich mit dem Rentenpaket II?

Die Regierung hat sich zum einen auf die Einführung des sogenannten Generationenkapitals geeinigt. Damit hat sich die FDP durchgesetzt, die langfristig eine sogenannte Aktienrente als vierten Pfeiler der Altersvorsorge in Deutschland neben der gesetzlichen Rente sowie der betrieblichen und privaten Versorgung anstrebt. Im Gegenzug soll das Rentenniveau von 48 Prozent des durchschnittlichen Einkommens langfristig stabil bleiben. Laut Gesetz ist das mindestens bis 2039 vorgesehen, bisher würde die Zusage 2025 auslaufen. Damit löst die SPD ein Kernversprechen ihres Wahlkampfs ein.

Steigen damit die Rentenbeiträge?

Um die Garantie des Rentenniveaus zu finanzieren, soll der Beitragssatz mittelfristig sukzessive steigen. Dieser liegt derzeit bei 18,6 Prozent und wird von Arbeitgebern und Arbeitnehmern hälftig geteilt. Geplant ist nun ein Anstieg auf zunächst 20 Prozent im Jahr 2028 und von 2035 an auf 22,3 Prozent. Die Regierung nennt das "vertretbar".

Was ist das Generationenkapital?

Das Generationenkapital ist der Einstieg in die teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung. So soll ein Fonds eingerichtet werden, den der Bund mit Grundkapital füllt. Eine öffentlich-rechtliche Stiftung soll das Geld verwalten und fast ausschließlich in Aktien anlegen. Die erhofften Renditen sollen der gesetzlichen Rentenversicherung zufließen.

Was kostet das den Staat?

Kurz- und mittelfristig muss der Staat für den Aufbau des Generationenkapitals in Vorleistung gehen, also weitere Kredite aufnehmen. Eine Anrechnung bei der Schuldenbremse erfolgt nicht.

Wegweiser mit Aufschrift "Rentenpaket II"
Für den Aufbau des Generationenkapitals muss der Staat zunächst in Vorleistung gehen. Bildrechte: IMAGO / Steinach

Dieses Jahr will der Bund zwölf Milliarden Euro für den künftigen Rentenfonds bereitstellen. In den folgenden Jahren sollen die Beträge jeweils um drei Prozent anwachsen, im Jahr 2045 sind somit Einzahlungen von 22,3 Milliarden Euro vorgesehen. Die Bundesregierung verweist darauf, dass durch die Kapitalisierung langfristig der Staatshaushalt nicht stärker belastet werde. Bis 2035 wird mit einem Kapitalstock von 200 Milliarden Euro gerechnet. Eine erste Ausschüttung von zehn Milliarden Euro ist 2040 geplant.

Warum ist das Rentenpaket so umstritten?

Trotz der eigentlich bereits errungenen Einigung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) beharrt die FDP-Bundestagsfraktion auf Änderungen am Rentenpaket. Sie will nicht, dass die arbeitende Bevölkerung und besonders die junge Generation mit höheren Beiträgen belastet wird. "So ist das Rentenpaket im Parlament noch nicht zustimmungsfähig", hatte der Parlamentarische Geschäftsführer Johannes Vogel der "Bild" vor der ersten Lesung im Bundestag im September gesagt. Die Opposition lehnt die Pläne in jetziger Form komplett ab.

Auch eine Analyse des Ifo-Instituts in Dresden fällt kritisch aus: "Im Ergebnis zählen alle Kohorten, die jünger als 26 Jahre sind, zu den Verlierern der Rentenreform", heißt es in einem Aufsatz von Ende August. Außerdem helfe das Rentenpaket II nicht, die "Nachhaltigkeit der Rentenfinanzierung" zu erhöhen.

Der Bundesrechnungshof ist ebenfalls unzufrieden. In einem Gutachten, aus dem der "Spiegel" zitierte, warnen die Rechnungsprüfer vor "enormen Ausgabensteigerungen der Rentenversicherung" und eine damit einhergehende Erhöhung der Beitragssätze. Das Generationenkapital verspreche zugleich nur geringe Entlastung. 

Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zuvor aber gemahnt: "Es gibt eine feste Verabredung, dass das Rentenpaket II zügig im Parlament beraten und noch vor dem Haushalt 2025 im November verabschiedet wird."

Wie könnte es mit der Rente weitergehen?

Arbeitsminister Hubertus Heil hatte im Vorfeld der Beratungen im Bundestag das Beispiel einer Frau aus Sachsen gebracht, die heute 49 Jahre alt ist. Wenn sie in den 2040er Jahren in Rente geht, würde der unterschiedliche Effekt der Niveau-Stabilisierung oder eines Fallenlassen der Pläne einen Unterschied von 1.100 Euro im Monat mehr oder weniger auf dem Konto der Sächsin ausmachen, rechnete er vor.

Für die Stabilität der Renten sei zudem auch zukünftig entscheidend, wie viele Menschen in Arbeit und in Beschäftigung sind, so Heil. Ausgebaut werden müssten flexible Übergänge in den Ruhestand mit mehr Menschen, die faktisch länger arbeiten, die Erwerbsbeteiligung von Frauen, die Förderung von Aus- und Weiterbildung sowie die Zuwanderung von Fachkräften. Nur das auf 67 Jahre steigende reguläre Rentenalter soll Heil zufolge keinesfalls angetastet werden.

Stand: 27. September 2024

AFP, dpa (nvm,smk)

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