Reisende warten im Hauptbahnhof in Hamburg auf einen Zug.
Bahn-Reisende gibt es in Deutschland zuhauf, trotzdem hat die Bahn im Fernverkehr keine große Konkurrenz. Bildrechte: picture alliance/dpa | Bodo Marks

Konkurrenz auf der Schiene Wie springt die Deutsche Bahn mit Mitbewerbern um?

27. Dezember 2022, 08:53 Uhr

Reist man in Deutschland mit dem Zug, sitzt man in der Regel in einem Zug der Deutschen Bahn. Während es im Regionalverkehr viel Konkurrenz für die Bahn gibt, sieht es im Fernverkehr mau aus mit Mitbewerbern. Die wenigen, die es gibt, sind in der Regel günstiger, fahren aber viel seltener. Das hat viele Gründe, doch so langsam kommt Bewegung in einen alten Konflikt zwischen Deutscher Bahn und der Konkurrenz.

Lydia Jakobi, Autorin und Reporterin
Bildrechte: MDR/Karsten Möbius

Fast jeden Abend um 21:17 Uhr rollt im Leipziger Hauptbahnhof ein Zug ein, der sich vom vorherrschenden Weiß-Rot abhebt: Er ist leuchtgrün, wirkt etwas antiquierter, nicht ganz so windschnittig wie die ICEs der Deutschen Bahn. Der Flixtrain kommt aus Hamburg und wird am nächsten Morgen eben jene Strecke zurückfahren.

Theoretisch würde man gern mehr Fahrten anbieten, sagt Isabella Domke, Sprecherin beim Mutterkonzern Flix. Aber die Bedingungen im Schienennetz seien schwierig. "Wir fahren mit Flixtrain auch in Schweden und dort sind die Rahmenbedingungen deutlich angenehmer als hier", sagt Domke. Zum Beispiel gebe es in Schweden viel günstigere Trassenpreise. In Deutschland seien die Beantragungsverfahren für die Trassen sehr langwierig und auch die sogenannten Stationsentgelte seien sehr hoch.

Deutsche Bahn hat fast ein Monopol im Fernverkehr

Das ist einer der Gründe, warum die Bahn im Fernverkehr wenig Konkurrenz hat. Neben Flixtrain fahren auf den deutschen Schienen zum Beispiel die Züge der französischen Bahn SNCF oder der österreichischen ÖBB. Zusammen machen sie einen Marktanteil von etwa zwei Prozent aus.

Im Nahverkehr ist das anders: Da stellen die Mitbewerber der Deutschen Bahn etwa 40 Prozent des Angebots. Die Daten hat das Bündnis für fairen Wettbewerb im Schienenpersonenverkehr, kurz Mofair, zusammengetragen.

Der Grund für die Konkurrenz im Regionalbereich sind Mofair-Geschäftsführer Matthias Stoffregen zufolge die "relativ fairen Wettbewerbsbedingungen", die auch transparent seien. Im Fernverkehr habe man dagegen nur eine "Illusion der Eigenwirtschaftlichkeit", sagt Stoffregen. "Das heißt: Theoretisch kann da jeder fahren, der lustig ist, der genügend Züge dabei hat und das wirtschaftlich aus sich heraus leisten kann. Es ist aber so, dass sie als Wettbewerber im Fernverkehr nur dann wahrgenommen werden, wenn sie gleich mit richtig viel kommen."

Bahn weist Problem hoher Trassenpreise von sich

Sprich: Nicht nur mit zwei Zügen, sondern mit einer ganzen Flotte. Das ist bisher keinem Mitbewerber wirklich gelungen. Unter anderem wegen der Trassenpreise, sagt Stoffregen. Sie seien die höchsten in ganz Europa.

Die Deutsche Bahn, auch Herrin über das Gleisnetz, will die Kritik an der Trassenvergabe nicht komplett gelten lassen und schreibt auf Anfrage von MDR AKTUELL: "Die Trassen werden durch die DB Netz AG als Infrastrukturbetreiberin in einem transparenten Prozess vergeben, den die Bundesnetzagentur überwacht. Der Prozess ist diskriminierungsfrei und einheitlich."

Konkurrenz soll im Fernnetz größere werden

Grundsätzlich hätten sich die Wettbewerbsbedingungen im Schienennetz deutlich verbessert, sagt Stoffregen von Mofair. Der DB Navigator zeigt zum Beispiel auch die Flixtrain-Verbindungen an. Das war vor einigen Jahren nicht so.

Die Flixtrain-Tickets kann man hier aber nicht buchen. Die Bahn argumentiert, das sei eben der DB-Vertriebskanal. Der FDP-Politiker Michael Theurer, Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr, erklärt, er wolle dafür sorgen, dass die gegenseitige Anerkennung der Tickets gewährleistet ist und die Kundinnen und Kunden über Buchungsplattformen dann auch gegenseitig buchen können. "Dann sehen wir einen großen Vorteil im Wettbewerb, der in Deutschland nicht ganz so ausgeprägt ist wie in Italien mit zwei Anbietern und in Spanien sogar mit drei Anbietern im Fernverkehr", sagt Theurer.

Auch die Trassenvergabe soll mit dem sogenannten Deutschlandtakt, einem abgestimmten Fahrplan für ganz Deutschland, einfacher werden. Soweit ist es aber noch nicht.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 27. Dezember 2022 | 06:00 Uhr

11 Kommentare

Fraeuleinwunder am 27.12.2022

Ich war Weihnachten mutig und bin mit der Bahn verreist. Allerdings eine ICE-Strecke ohne Umsteigen.
Sowohl hin als auch zurück war der Zug pünktlich, was ich in den letzten 12 Jahren damit genau zweimal erleben durfte (von Dutzenden Fahrten). Auch war nichts überfüllt oder zerstört. Das ist sehr selten.

Aber es gibt trotzdem Ärgernisse. Schmale, hohe Einstiegstreppchen, für ältere Menschen schwer zu erklimmen, besonders mit Gepäck. Relativ wenige ebenerdige Ablagemöglichkeiten für große Koffer. Große Bahnhöfe ohne Rolltreppen oder funktionierende Aufzüge, weil die Infrastruktur für Servicefahrzeuge fehlt und diese mit ihrem Gewicht den kleinen Fahrgastaufzug schrotten...

Und es gibt noch sehr viele Ex-Bahnhöfe mit Ex-Ausweich- und Abstellgleisen, die ungenutzt vor sich hin rotten.
Die Bahn hat ihre Trassen so runtergespart, dass schon ein verspäteter Regionalzug den Verkehr im ganzen Land aufhält. Dafür noch viel Geld nehmen ist fast unredlich.

steka am 27.12.2022

Sehen sie sich mal den fachlichen Werdegang der vorstandsmitglieder an. Nicht eine*r hat einen bahntypischen Beruf gelernt, auch mal in die praxis draussen reingeschnuppert, Beriebswirte, Psychlogin,
u.s.w. in verschienen Firmenvorständen und von der Bahn gleich in Leitungsfunktionen übernommen. wenn man das Gesamtgefüge Bahn mit allem was dazugehört nicht kennt, kann man eben keine vernünftigen Entscheidungen treffen.

steka am 27.12.2022

Nur mal die Infrastruktur ansehen. Stillgelegte Überholungsgleise, Verbindungskurfen und Ausweichstrecken, die meisten Bahnhofsgebäude auf der Fläche wie nach einem Bombenangriff,
Fahrplankonstruktionen, bei denen Verspätungen unde Anschlußprobleme vorprogrammert sind. Dilletantisch gelöste Technikprobleme. Warum wird den Reisenden in einem auf freier Strecke liegengebliebenen ICE zugemutet mit hilfe der feuerwehr in einen anderen Zug umzusteigen, warum nicht einfach den Zug mit einer Vorspannlok in den nächsten Bahnhof ziehen ? Warum müssen Züge ausfallen, nur weil Stellwerke nicht besetzt sind ? Es gibt auch die Möglichkeit trotzdem die Züge zwischen den letzen beiden besetzten Stellwerken fahren zu lassen. Nur dazu gehört eben Fachwissen um sowas zu organisieren und anzuordnen, ist doch vor der Bahnreform auch gegangen.

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