Terminal des Flughafen Leipzig/Halle, 2017
Klimaneutrale Flughäfen sind das Eine – klimaneutrale Flugzeuge das Andere. Bildrechte: IMAGO / CHROMORANGE

Zukunft der Luftfahrt Mitteldeutsche Flughäfen auf dem Weg zur CO2-Neutralität

02. Dezember 2023, 14:00 Uhr

Flugverkehr steht nicht unbedingt im Verdacht, die Umwelt zu schützen. Ganz im Gegenteil. Der CO2-Fußabdruck einer Flugreise ist im Vergleich zu anderen Arten der Fortbewegung um ein Vielfaches höher. Die Flughäfen in Leipzig und Dresden wollen ihren CO2-Ausstoß verringern. Außerdem könnte Mitteldeutschland zu einem Zentrum für die Entwicklung umweltschonender Kraftstoffe für Flugzeuge werden.

Wer in ein Flugzeug steigt und von Deutschland auf die Malediven reist, verbraucht so viel sogenannter CO2-Äquivalenzen wie für eine 15.000 Kilometer lange Autofahrt. Das hat jüngst das Umweltbundesamt vorgerechnet und kam zu dem Schluss, dass das Fliegen die klimaschädlichste Art ist, sich fortzubewegen. Und da es ohne Flugzeug schwierig ist, schnell mal Inseln im Indischen Ozean zu besuchen, will der Flugverkehr selbst in Zukunft umweltschonender werden.

Vor einem Jahr, im Oktober 2022, konnten sich die Mitglieder der Internationalen Organisation für Luftfahrt (Icao) auf das Ziel einigen, bis 2050 komplett CO2-neutral zu sein. Das Abkommen in Montreal sei historisch, jubelten die Unterzeichner. Auch die Arbeitsgemeinschaft der Verkehrsflughäfen in Deutschland (ADV) knüpft an das Ziel an und verfolgt die Marke von 65 Prozent Kohlenstoff-Einsparungen bis zum Jahr 2030.

Grüne Energie auf dem Flugplatz

Doch wie soll das erreicht werden? Neben Kompensationen durch den Kauf von Zertifikaten setzt die Branche vor allem auf einen umweltschonenderen Treibstoff für Flugzeuge sowie auf die Verringerung der Emissionen beim Betrieb von Flughäfen. Genau dort setzten auch die beiden mitteldeutschen Flugplätze Leipzig/Halle und Dresden an. "Wir wollen bis 2030 unsere Flughäfen Leipzig/Halle und Dresden CO2-neutral betreiben", sagt der Sprecher der Mitteldeutschen Flughäfen, Uwe Schuhart, dem MDR. Er meint damit die Infrastruktur am Boden, die für das Fliegen notwendig ist, nicht das Fliegen selbst.

Mit ihren bisherigen Maßnahmen sind die beiden Standorte eigenen Aussagen zufolge auf einem guten Weg. Auf den Verkehrsflughäfen in Leipzig/Halle und Dresden umfasst der Fuhrpark schon jetzt rund 120 Fahrzeuge mit alternativen Antrieben. Dazu zählen neben Autos auch Gepäckschlepper, Passagiertreppen und sogenannte Pushback-Fahrzeuge, die Flieger auf dem Vorfeld rangieren helfen. Außerdem wurde die Beleuchtung der Parkhäuser und Terminals auf LED umgestellt. Und das Blockheizkraftwerk in Leipzig bezieht sogenanntes Ökogas.

Die Umstellungen sorgen dafür, dass die beiden mitteldeutschen Flughäfen schon 2020 das Branchenziel einer Halbierung der CO2-Emissionen erreicht haben. Wurden 2010 noch insgesamt rund 35.000 Tonnen Kohlenstoffdioxid durch den Betrieb der Flughafenanlagen ausgestoßen, waren es zehn Jahre später nicht einmal mehr 5.000 Tonnen im Jahr. Aktuell liegen die CO2-Emissionen bei rund 3.000 Tonnen. Damit haben die Mitteldeutschen Flughäfen schon jetzt das Ziel der ADV erreicht. Allerdings ist der Flughafen in Hamburg noch einen Schritt weiter und damit Vorreiter auf dem Gebiet der CO2-Neutralität. Als erster deutscher Großflughafen wirtschaften die Hanseaten seit vergangenem Jahr emissionsneutral.

Grüne Energie im Flugzeugtank

Ein viel größeres Thema auf dem Weg zum klimaschonenden Fliegen ist das Flugzeug selbst. Denn die meisten schädlichen Gase entstehen durch den Treibstoff. Dieser soll in Zukunft nachhaltig sein. Im September verabschiedete das EU-Parlament dazu ein Gesetz. Es schreibt vor, dass ab 2025 das Flugbenzin mindestens zwei Prozent nachhaltigen Kraftstoff beinhalten muss. Ab 2030 müssen zusätzlich mindestens 1,2 Prozent synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, beigemischt werden. Beide Quoten steigen bis Mitte des Jahrhunderts auf 70 beziehungsweise 35 Prozent an.

Die Herstellung von nachhaltigem Flugbenzin steckt allerdings noch in den Kinderschuhen. Es ist lediglich in kleinsten Mengen verfügbar. Genau darum wurde im September das sogenannte Zentrum für klimaneutrales Fliegen gegründet. Es ist angesiedelt in Mitteldeutschland und handelt sich bislang um eine Absichtserklärung. Mit dabei sind Airbus, Condor, DHL, HH2E, Sasol und der Flughafen Leipzig/Halle. Die Erklärung soll der Auftakt für die Erzeugung von Sustainable Aviation Fuel (SAF – so werden die Kraftstoffe bezeichnet) im industriellen Maßstab sein.

Ab 2029 soll nachhaltiges Flugbenzin produziert werden

Die Länder Sachsen und Sachsen-Anhalt bieten dafür sehr gute Voraussetzungen. "Die Region rund um den Flughafen Leipzig/Halle verfügt über die Innovationskraft, Technologie und die Kapazitäten, um die erforderliche Produktion von mehreren Hunderttausend Tonnen CO2-neutraler Treibstoffe pro Jahr umzusetzen", sagte Götz Ahmelmann, der Chef der Mitteldeutschen Flughafen AG, zum Start des Zentrums. Es sei ausreichend Fläche vorhanden. Außerdem befänden sich mit den Chemieparks Leuna und Böhlen wichtige Standorte der chemischen Industrie in unmittelbarer Nähe zum Flughafen, ergänzt Sprecher Uwe Schuhart.

Die Kooperation hat sich große Ziele gesetzt: Bis zur Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung im nächsten Jahr soll das Projekt inklusive der Finanzierung detailliert geplant und der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Der Start der Produktion ist für das Jahr 2029 geplant.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 02. Dezember 2023 | 07:10 Uhr

27 Kommentare

steka vor 22 Wochen

Langsam kann ich das Klimagefasel unserer führenden Politiker nicht mehr hören, Flugzeuge sind das Eine, das Andere, da geht hier fast die gesamte Winkraft-Schwermaschinenbrache pleite, weil die Dinger mit stinkenden Schwerölfrachter billiger aus China rangekarrt werden.

geradeaus vor 22 Wochen

Die Regionen auf der Erde die am wenigsten zur Erwärmung beitragen leiden schon jetzt am meisten darunter. Ironie. Jedoch, Realität.

Kenia, Ostafrika. Da fiel zuletzt in eigentlich 5 Regenzeiten kaum ein Regentropfen vom Himmel. Unsagbare Dürre. Und dann vor kurzem... sintflutartige Regenfälle. Ganze Dörfer komplett weggespült. Die Menschen dort, ohnehin sehr arm, haben nichts mehr. Die schlafen unter Planen/Bäumen.

Nur hey, das betrifft ja uns hier nicht. Noch nicht...und ich stelle mich hier nicht außen vor. Auch ich gehöre zur Konsumgesellschaft. Ich bin kein Stück besser.

Die Menschheit entwickelt sich weiter. Jedoch immer erst kurz vorm Untergang. Erst wenn wir in den Abgrund blicken, kommt das Umdenken (als Gesamtheit)

Ralf G vor 22 Wochen

geradeaus - Postkutschen wären noch leiser als die Bahn. Und was ist schon Zeit.
Ein Unternehmen, das Ersatz- oder Zulieferteile kurzfristig braucht macht dann einfach mal ein paar Tage zu. Die MA freuen sich über die Freizeit.

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