Ein Tankbehälter steht auf dem Gelände des Gasturbinenkraftwerks des Energiekonzerns LEAG.
Der Bau wasserstofffähiger Gaskraftwerke soll gefördert werden. Bildrechte: picture alliance/dpa | Patrick Pleul

Energie Bundesregierung einigt sich auf Kraftwerksstrategie

05. Februar 2024, 18:04 Uhr

Bei der Kraftwerksstrategie zur künftigen Energieversorgung hat die Bundesregierung eine Einigung erzielt. Mit der Strategie soll demnach der Rahmen für Investitionen "in moderne, hochflexible und klimafreundliche Kraftwerke" geschaffen werden, die künftig auf Wasserstoff umgerüstet werden können.

Die Bundesregierung hat sich auf eine Strategie zum Bau neuer wasserstofffähiger Gaskraftwerke in Deutschland geeinigt. Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner hätten die wesentlichen Elemente einer Kraftwerksstrategie sowie Festlegungen zu weiteren Vorhaben vereinbart, teilte die Bundesregierung mit. Mit der Strategie soll demnach der Rahmen für Investitionen in moderne, hochflexible und klimafreundliche Kraftwerke geschaffen werden, die künftig auf Wasserstoff umgerüstet werden können.

Absicherung für klimafreundlichen Strom

Neben dem "konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze erfordert die Dekarbonisierung und Versorgungssicherheit unseres Stromsystems moderne, hochflexible und klimafreundliche Kraftwerke", erklärte die Bundesregierung. Insbesondere sollen die Kraftwerke die Versorgung mit klimafreundlichem Strom auch in Zeiten mit wenig Sonne und Wind gewährleisten.

Wie das Wirtschaftsministerium mitteilte, soll zunächst eine Kraftwerksleistung von bis zu zehn Gigawatt ausgeschrieben werden. Das entspricht in etwa der Leistung von sieben Kernkraftwerken. 2032 soll festgelegt werden, wann zwischen 2035 und 2038 die Anlagen vollständig auf Wasserstoff umgestellt werden. Damit ist absehbar, dass ein vor allem von den Grünen bis 2035 angepeilter vollständig CO2-freier Energiesektor kaum zu erreichen sein dürfte. Planung und Genehmigung der Anlagen sollen beschleunigt und die Pläne mit der EU-Kommission abgestimmt werden. Die Einigungen im Detail sollen im Sommer folgen.

Auf Drängen der FDP und Finanzminister Lindner wurde vereinbart, dass bis 2028 ein sogenannter Kapazitätsmechanismus greifen soll. Dabei wird nicht nach Kilowattstunde abgerechnet, sondern auch eine bereitgestellte Leistung vergütet, selbst wenn sie nicht gebraucht wird.

Die Fraktionen im Bundestag sollen zudem in die Debatte um das Strommarktdesign einbezogen werden. Vorgesehen sind Ausschreibungen für die Anlagen. Wer die geringsten Subventionen verlangt, erhält den Zuschlag. Ein Betrieb ohne Förderung gilt als unwirtschaftlich, da die Anlagen über die Jahre voraussichtlich nur wenig laufen werden. Der überwiegende Anteil des Stroms wird aus Wind- und Solarenergie kommen. Die Kostenschätzungen aus der Branche beliefen sich zuletzt auf bis zu 40 Milliarden Euro bis Mitte der 30er Jahre, wobei rund 30 Gigawatt an Leistung –etwa 60 Kraftwerke – angenommen wurde.

Gelände Gaskraftwerk von Trianel in Hamm
Das Gelände des Gaskraftwerks von Trianel in Hamm. Bildrechte: IMAGO / Cord

Forschungsförderung soll verstärkt werden

Die Regierung teilte ferner mit, dass die Erforschung moderner Kraftwerkstechnologie verstärkt gefördert werden solle. Dies soll auch die Kernfusion einschließen. Hemmnisse beim Bau von Elektrolyse-Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff sollen beseitigt werden.

Reaktionen auf gefundenen Kompromiss

FDP-Energiepolitiker haben die Einigung innerhalb der Bundesregierung begrüßt. FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: "Mit der Kraftwerksstrategie als Übergang in einen Kapazitätsmechanismus stellt die Koalition die Weichen für ein sicheres, sauberes und kostengünstiges Stromsystem der Zukunft." Damit sei sichergestellt, dass zügig neue Gaskraftwerke finanziert werden könnten, ohne dass die Kosten dafür durch die Decke schössen.

Bei den Grünen trifft die Strategie der Bundesregierung dagegen auf Widerstand. Sie lehnen die Option zur Speicherung von CO2 in den neuen Anlagen ab. Die Klima-Politikerin Lisa Badum sagte, die Energieerzeugung würde dadurch teurer und ineffizienter. Die Grünen-Fraktion habe dazu bereits im Dezember einen Beschluss gefasst.

Die Union sieht noch viele offene Fragen. Der energiepolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Andreas Jung, sagte, es bleibe bei Ankündigungen, es gebe mehr Fragen als Antworten und damit noch immer keine Klarheit für die Investoren. Die Hängepartie der Ampel gefährde Klimaziele, Versorgungssicherheit und den Wirtschaftsstandort Deutschland. Zum Ausbau der erneuerbaren Energien brauche man parallel neue Gaskraftwerke, die dann baldmöglichst klimaneutral betrieben werden könnten. Zudem bleibe die Finanzierung der neuen Kapazitäten unklar.

Der verstaatlichte Energiekonzern Uniper hat die Einigung der Bundesregierung auf die Grundzüge einer Kraftwerksstrategie begrüßt. Man sei sehr erleichtert, dass die Bundesregierung sich auf ein gemeinsames Vorgehen bei der Kraftwerksstrategie geeinigt habe und sich zugleich für die Einführung eines Kapazitätsmechanismus in Deutschland ab 2028 ausspreche, sagte Vorstandschef Michael Lewis auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters. Ein schnelles Handeln sei dringend notwendig, weil der Prozess der Genehmigung und der eigentliche Bau von Kraftwerken und Speicheranlagen einige Jahre beanspruchen werde. Der Konzern gehe davon aus, dass er einen Teil der neuen Kapazitäten für Deutschland bauen werde.

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Neues Heizkraftwerk Süd der Stadtwerke Leipzig. 11 min
Bildrechte: MDR / Ralf Geißler

Strategie für mehr Klimafreundlichkeit

Die Regierung hatte über Monate um eine Verständigung gerungen. Im Kern geht es bei der geplanten Strategie um den Bau von Gaskraftwerken, die die schwankende Einspeisung von Wind- und Solarstrom ausgleichen sollen. Zug um Zug sollen die Anlagen auf klimafreundlichen Wasserstoff umgestellt werden, der aber für lange Zeit deutlich teurer als Erdgas sein dürfte. An der Umsetzung der Strategie hängt auch, ob Deutschland – wie vor allem von den Grünen gefordert – bis 2030 das letzte Kohlekraftwerk abschalten kann.

dpa/reuters/AFP(das)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 05. Februar 2024 | 12:05 Uhr

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