Altenpflege Hohe Rendite für private Investoren höhlt Gesundheitssystem aus
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25. Juli 2023, 12:12 Uhr
Für private Finanzinvestoren sind Pflegeheime besonders lukrativ, weil die Deutschen immer älter und so immer mehr Menschen pflegebedürftig werden. Sie stecken zunehmend Geld in den Pflegebereich. Experten befürchten, dass es ihnen dabei nicht um nachhaltige Entwicklungen im Gesundheitsbereich geht.
- Pflegeheime sind für Finanzinvestoren lukrativ, weil sie eine hohe Rendite versprechen.
- Laut Finanzwende Recherche stellen Finanzinvestoren im Gesundheitsbereich eine Gefahr dar, weil sie nicht an nachhaltigen Entwicklungen im Gesundheitsbereich interessiert seien.
- Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Heike Baehrens, fordert, dass Altenpflegeheime mehr an öffentliche Träger gegeben werden.
Pflegeheime sind für Investoren lukrativ – vor allem für sogenannte "Private Equity" Investoren, also Unternehmen, die Gelder von Dritten bündeln und sie anlegen, mit dem Versprechen auf hohe Rendite.
Finanzinvestoren in der Pflege versprechen Anlegern hohe Rendite
Aurora Li arbeitet bei Finanzwende Recherche, eine Tochtergesellschaft der Bürgerbewegung Finanzwende. Finanzinvestoren versprächen ihren Anlegern oft eine jährliche Rendite von 20 Prozent, sagt sie. Und das sei extrem hoch für den Gesundheitsbereich, der nicht besonders profitabel sei: "Und um so hohe Renditen zu erreichen, wenden sie Methoden, also Werkzeuge an, und das führt dazu, dass nicht nur Leistungen im Pflegebereich verkauft werden, sondern auch Gelder aus dem Pflegebereich herausgezogen werden."
Das führt dazu, dass nicht nur Leistungen im Pflegebereich verkauft werden, sondern auch Gelder aus dem Pflegebereich herausgezogen werden.
Private-Equity-Investoren in der Pflege zahlen oft kaum Steuern
Li nennt eine dieser Methoden: Zum Beispiel kauft ein Investor Pflegeheime auf und verlangt von den Betreibern eine viel höhere Pacht. Heime müssen also Kredite aufnehmen. Investoren brauchen dadurch weniger eigenes Geld reinstecken, machen aber dieselben Gewinne. Dazu sitzen Private Equity Firmen oft in Ländern wie Luxemburg oder auf der britischen Insel Jersey, zahlen also kaum Steuern.
"Private Investoren wollen so viel wie möglich rausziehen"
Aurora Li von Finanzwende Recherche meint dazu: "Unserer Meinung nach stellen Finanzinvestoren im Gesundheitsbereich eine Gefahr für die Gesundheitsversorgung dar, weil sie nicht einfach nur Gelder reininvestieren und sagen: Wir sind interessiert an langfristigen, nachhaltigen Entwicklungen im Gesundheitsbereich, sondern sie so viel wie möglich Geld herausziehen wollen." Was dann übrig bleibe, sei ein fragil aufgestellter Gesundheitssektor.
Immer mehr private Investoren für Pflegeheime
Aktuell sind etwa 40 Prozent der Altenpflegeheime in privater Hand. Heike Baehrens ist dafür, sie mehr an öffentliche Träger zu geben. Baehrens ist gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion: "Es wäre wichtig, dass insbesondere die Bundesländer, aber auch Kommunen und Landkreise wieder Pflegeeinrichtungen finanziell fördern. Damit können die Investitionskostensätze für die Pflegebedürftigen sinken und gleichzeitig könnte die öffentliche Hand dadurch wieder besser steuern, wo tatsächlich Pflegeeinrichtungen, in welcher Größenordnung und wie verankert im Gemeinwesen, geschaffen werden."
Günstigere Einkaufspreise für private Ketten
Aber heißt das, privat ist grundsätzlich schlecht und ein öffentlicher Träger besser? Das ist definitiv nicht der Fall, meint der Gesundheitsökonom Heinz Rothgang von der Uni Bremen: "Die Öffentlichen, die Allgemeinnützigen haben den Vorteil, dass sie keine Rendite erwirtschaften müssen. Das ist ein Vorteil. Auf der anderen Seite: Öffentliche Träger und freie Gemeinnützige waren in der Vergangenheit manchmal ein bisschen träge. Wenn Ketten zusätzliche Gewinne dadurch generieren, dass sie über Größe günstigere Einkaufspreise haben, da ist nichts gegen zu sagen. Wenn es sich dagegen darin äußert, dass weniger Personal vorgehalten wird, dass die Pflege schlecht ist, dann haben wir ein Problem."
Auch der Gesundheitsökonom stellt fest, dass in den vergangenen Jahren immer mehr private Investoren Geld in Pflegeheime stecken – für sie sei es ein super Markt, weil die Nachfrage auf Jahre gesichert sei.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 25. Juli 2023 | 06:00 Uhr
Erichs Rache am 25.07.2023
"Hohe Rendite für private Investoren höhlt Gesundheitssystem aus"
SO ein QUATSCH!! :-)
"• Ein stetig wachsender Teil der staatlichen Ausgaben für die Pflege fließt in die Kassen transnationaler Unternehmen, die damit eine wichtigen Teil der sozialen Infrastruktur in ihren Besitz bringen; die 20 größten Konzerne verwalten bereits mehr als 4681 Heime für mehr als 400.000 Pflegebedürftige.
• Anonyme Finanzinvestoren übernehmen immer größere Anteile am Pflegegeschäft und entziehen ihre mit öffentlichen Geldern erzielten Gewinne der Besteuerung, indem sie ihre Erlöse in Offshore-Zentren verschieben.
• Die zunehmende Privatisierung geht in vielen EU-Ländern einher mit Einsparungen beim Personal und Mängeln bei der Pflegequalität, aber die Regierungen lassen den Prozess laufen und versagen vielerorts bei der Kontrolle."
Vgl. Tagesspiegel, "Das Milliardengeschäft Altenpflege: Heime als Gewinnmaschinen für Konzerne und Investoren"
Untertan am 25.07.2023
Gesundheit gehört zur Daseinsvorsorge und hat nichts aber auch gar nichts in privaten Händen zu suchen. Ich kenne Niemanden der sagt, heute will ich mal diese oder jene Krankheit haben, jetzt lasse ich mich mal von diesem Eigentümer oder der GmbH pflegen, damit die Damen und Herren "Investoren" eine ordentliche Rendite haben. Gesundheit ist das höchste Gut des Menschen, daraus Profit, eine Rendite zu erwirtschaften zeigt wie krank diese Gesellschaft ist!
goffman am 25.07.2023
Interessant ist, sich hin und wieder die Positionen der Parteien zur Privatisierung im Pflege- und Gesundheitswesen anzuschauen.
Aus den Wahlprogrammen 2021:
CDU: „Wir wollen die Trägervielfalt in der Pflege als Ausdruck einer pluralen Gesellschaft stärken. Auch hier erhoffen wir uns vom Wettbewerb bessere Angebote.“
AFD: „Die AfD fordert mit Blick auf die Trägervielfalt und die
Zurverfügungsstellung leistungsfähiger Krankenhausstrukturen eine Begrenzung privater Träger im Krankenhausbereich bei max. 60%.“ (Laut MDR sind aktuell 40% der Pflege in privater Hand.)
FDP: „Eine Ungleichbehandlung von privaten, öffentlichen und konfessionellen Trägern lehnen wir genauso entschieden
ab wie eine Planungshoheit der Krankenkassen für die Versorgungsstrukturen.“
Die Grünen: „Die Gemeinwohlorientierung
im Gesundheitswesen soll gestärkt und der Trend hin zu Privatisierung umgekehrt werden.“