Ein Schienenbus erhält 1995 in der Montagehalle der Waggonbau Dessau GmbH den letzten Schliff
Aus den Hallen in Dessau fahren keine Waggons mehr. Bildrechte: picture-alliance/ZB/Ralf Hirschberger

Insolvenz Waggonbauer Molinari in Dessau endgültig Geschichte

30. Juni 2023, 15:40 Uhr

Der Betrieb beim insolventen Dessauer Schienenfahrzeughersteller Molinari Rail ist stillgelegt. Am 30. Juni sind die letzten Arbeitsverträge ausgelaufen. Damit endet die lange Geschichte des Waggonbaus in Dessau.

Molinari in Dessau ist Geschichte. Das traditionsreiche Waggonbau-Unternehmen ist abgewickelt, die wenigen Verbliebenen der ehemals 100 Mitarbeiter sind am Freitag zum letzten Mal ins Werk zur Arbeit gefahren.

Inventar und Maschinen sind bereits vor geraumer Zeit versteigert worden. Die Erlöse dürften Beobachtern zufolge im siebenstelligen Bereich liegen. Das riesige Areal im Dessauer Norden mit den fünf großen Hallen soll nun verkauft werden. Nach Informationen von MDR SACHSEN-ANHALT gibt es dafür mehrere Interessenten. Das Geld daraus fließt in die Masse, aus der die Gläubiger nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ihr Geld erhalten sollen.

Gründe für das Aus in Dessau

Grund für das endgültige Aus des Waggonbauers ist nach Angaben der Insolvenzverwalterin unter anderem die Größe des Betriebsgeländes. Potenzielle Investoren hätten keine Möglichkeit gesehen, die mehr als 100.000 Quadratmeter das Betriebsgrundstücks entsprechend auszulasten.

Hinzu kämen die hohen Energiekosten, die rund 50 Prozent der erzielten Umsätze entsprächen. Eine Einigung mit den Stadtwerken Dessau habe man – trotz der politisch umgesetzten Strom- und Gaspreisbreme – nicht erreichen können.

In der Produktionshalle der Fahrzeugtechnik Dessau GmbH stehen zwei der sogenannten Metropolitan-Züge
Metropolitan-Züge aus Dessau waren bis Ende 2021 noch im ICE-Fernverkehr der Deutschen Bahn im Einsatz. (Archivbild) Bildrechte: picture-alliance / dpa | Wolfgang Kluge

Tradition geht zu Ende

Mit der Abwicklung von Molinari endet die lange Tradition der Waggonbauer in Dessau, die bereits im späten 19. Jahrhundert begann. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde stark expandiert – bis die Nationalsozialisten den Betrieb übernahmen und der Zweite Weltkrieg begann. Nach Kriegsende wurde das Unternehmen zunächst unter sowjetische Verwalltung gestellt, 1956 entstand der Volkseigene Betrieb (VEB) Waggonbau Dessau. Nach der Wende gab es immer wieder Besitzerwechsel. Zuletzt hatte im Jahr 2016 die Schweizer Gruppe Molinari den Standort übernommen.

Neben Waggons wurden in Dessau auch Busse, Straßenbahnen und Lieferwagen gefertigt. So waren im Werk unter anderem U-Bahn-Wagen aus Berlin gewartet worden.

MDR (Martin Krause, Max Schörm)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 30. Juni 2023 | 09:30 Uhr

8 Kommentare

astrodon vor 45 Wochen

@DanielSBK: Mehr mit den Hintergründen beschäftigen und weniger populistischen Blödsinn ablassen. Mit "innovativer Unternehmerschaft" war es in Dessau offensichtlich nicht weit her.
Aber natürlich ist die Gewerkschaft oder die Steuerlast schuld.

astrodon vor 45 Wochen

@´seka: Naja, was heißt hier "gute Firma" - in 15 Jahren VIER mal Insolvenz. (2008, 2012, 2016, 2022). Offensichtlich war das Geschäftsmodell nicht tragfähig - auch nicht während der Zeit, in der die Firma den Mitarbeitern und der Geschäftsleitung gehörte.

DanielSBK vor 45 Wochen

Hat nichts mit "doof" zu tun, sondern mit der Profitgier der Manager/Eiegentümer. Es wird nur gierig nach dem eigenen maximalen Gewinn geschaut, wenn interessiert noch eine hundertjährige Geschichte oder die Leute aus Dessau dabei. Dazu die maximal Steuerabgaben/Lohnkosten/Sozialabgaben für die Unternehmer! Immer mehr Esser müssen mitversorgt werden. Und wenn dann noch eine IG-Metall anklopft und mal eben 13% mehr und 3.000€ fordert, ist für die meisten der Ofen aus.... Arbeit und kreative innovative Unternehmerschaft lohnt sich nicht mehr in Deutschland!

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