Eine Kläranlage mit großer Wasserfläche.
Kläranlagen produzieren Schlamm, der Schadstoffe enthält. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Absage Klärschlamm-Verwertung in Zeitz vom Tisch

24. März 2024, 09:41 Uhr

In Zeitz im Burgenlandkreis wird vorerst keine Anlage zur Verwertung von Kläschlamm entstehen. Damit entgehen der Region Arbeitsplätze – allerdings hatte es zuvor auch Diskussionen über mögliche Schadstoffe gegeben.

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Mehr als zwei Jahre wurde geplant und gestritten, nun steht das Ergebnis fest: Im Chemie- und Industriepark Zeitz wird es vorerst keine neue Anlage zur Verwertung von Klärschlamm geben. Nach Angaben des Landkreises hat der potentielle Investor, die Wiese Umwelt Service GmbH, seine Pläne zurückgezogen.

Gesundheitliche Bedenken

Beim Verbrennen des Klärschlamms können unter Umständen per- und polyfluorierte Verbindungen, sogenannte PFAS-Verbindungen, in die Luft freigesetzt werden, die sich dann im näheren Umfeld in Boden und Wasser wiederfinden. Bei diesen Stoffen gibt es Bedenken, ob sie sich negativ auf Umwelt und Gesundheit auswirken.

Ohne Testergebnisse, die klar erkennen lassen, dass Gesundheitsbeeinträchtigungen ausgeschlossen sind, hätte es keine Zustimmung zum Verkauf der Grundstücke geben können.

Götz Ulrich (CDU), Landrat Burgenlandkreis

Nach Angaben des Landkreises sollte das Unternehmen deswegen in einer vergleichbaren Anlage in Bayern einen Test durchführen und prüfen, ob PFAS-Verbindungen im Rauchgas nach der Verbrennung vorhanden bleiben oder nicht. Die Testversuche stehen demnach aber bis heute aus.

So entsteht Klärschlamm

Abwasser, das zum Beispiel beim Abziehen einer Toilette oder beim Kippen von Flüssigkeiten in den Ausguss entsteht, muss aufwendig in Kläranlagen gesäubert werden. Dabei fällt Klärschlamm an. Darin befinden sich zum einen Stoffe, wie Phosphor, die als Dünger genutzt werden können. Zum anderen können sich je nach Abwasser auch giftige Stoffe im Klärschlamm befinden, der deshalb nicht mehr auf Felder als Dünger genutzt werden darf. Er wird dann in einer speziellen Verbrennungsanlage für Klärschlamm verbrannt.

Landrat Götz Ulrich (CDU) erklärte dazu: "Ohne Testergebnisse, die klar erkennen lassen, dass Gesundheitsbeeinträchtigungen ausgeschlossen sind, hätte es keine Zustimmung zum Verkauf der Grundstücke geben können. Die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger steht an erster Stelle. Eine Hängepartie bis zum Jahresende oder länger wäre nicht akzeptabel gewesen, insofern sei der Rückzug des potentiellen Investors konsequent."

Bedauern bei Infra Zeitz

Christoph Hansel ist Geschäftsführer der Infra Zeitz, die den Chemie- und Industriepark Zeitz betreibt. Er sagte, der Chemiepark befinde sich in einem Veränderungsprozess. Die klare Entscheidung des Investors nach so langer Zeit der Verhandlungen sei hierfür wichtig – aber dennoch bedauerlich.

Sorgen und Ängste ernst nehmen

Andreas Buchheim, Bürgermeister der Gemeinde Elsteraue, erklärte: "Eine solche Ansiedlung hätte weitere neue Arbeitsplätze in unserer Gemeinde geschaffen und somit wieder einen Beitrag geleistet, um wegfallende Arbeitsplätze durch den Strukturwandel zu kompensieren."

Es sei ihm allerdings von Anfang an wichtig gewesen, sich der Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger anzunehmen. Genau deshalb sei der zusätzliche Test mit dem Investor vereinbart worden, um mögliche Gefahren für die Umwelt im Voraus auszuschließen.

Wird die Verbrennungsanlage in Zeitz benötigt?

Durch die Verbrennungsanlage im Chemie- und Industriepark Zeitz entgehen der Region nach Angaben des Investors 30 bis 50 neue Arbeitsplätze.

Die geplante Anlage hätte rund 100.000 Tonnen Klärschlamm im Jahr verarbeiten können. Allerdings fallen bislang im gesamten Land nur gut 50.000 Tonnen jährlich an. Diese mögliche Überversorgung wurde bereits zuvor vom Landesamt für Umweltschutz in einem Gutachten bemängelt.

MDR (Ingvar Jensen, Max Schörm)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 23. März 2024 | 14:00 Uhr

4 Kommentare

hinter-dem-Regenbogen vor 4 Wochen

@wuff __"wieder Klärschlamm durch ganz Europa zu karren. . . ."

Erst der Handel über die Grenzen hinweg , bringt im allgeinen den gewünschten Gewinn.
Höchste Gewinne werfen gefährliche Abfälle dann ab , wenn man dessen Herkunft nicht mehr bestimmen kann. Das erreicht man wiederum durch den Zwischenhandel und im Zuge der Konditionierung, wo verschiedene Abfallarten in intelligenter Vorgehensweise, untereinander vermischt werden.

Übrigens muß bei der Verbrennung von Klärschlamm, umfängliche Energie hinzugeführt werden und hier liegt nicht selten dann der "Hase im Pfeffer begraben".
Im Genehmigungsverfahren, wie auch in diesem Artikel , wird dieser Punkt , wenn überhaupt, nur äusserst diffus behandelt.

hinter-dem-Regenbogen vor 4 Wochen

#___"Die Testversuche stehen demnach aber bis heute aus. . . ."

Die Klärschlämme innerhalb Deutschlands, unterscheiden sich genauso , wie Äpfel von Birnen. Das hängt im allgemeinen auch vom Trocknungsgrad und einer vielfältigen Industrieverteilung innerhalb der Herkunftsregionen ab. Noch "krimmineller" wird es, wenn diese Abfälle zuvor einer Konditionierung unterzogen wurden.

Wenn man aber nicht weiss , was man in der geplanten "Müllverbrennungsanlage" verbrennen will ( Was der Handel mit Abfällen hergibt ?) , kann man auch keine lokal verwertbare Testergebnisse bringen.

PS:
Testergebnisse sind im allgemeinen wohlbehütete Betriebsgeheimnisse von Müllverbrennungsanlagen , Klärschlammtrocknungsprozesse oder auch Mülldeponien , die sich mit Giftmüll das Portemonnaie vollschlagen.

Entscheident für die Standort-Planung solcher Einrichtungen ist nich der Umweltschutz, sondern vielmehr die Widerstandsbereitschaft einer Region.

pwsksk vor 4 Wochen

Auf der einen Seite steht eine "Überversorgung", auf der anderen Seite gesundheitliche Bedenken.
Wenn Tests vereinbart sind und dann nicht geliefert wurden, braucht die Firma nichts bedauern. Da bleibt nun mal ein fader "Beigeschmack".
Für Startups und neue Technologien der Zukunkt wäre eine Überkapazität wirklich so falsch?
Wo liegt bei diesem Projekt jetzt wirklich der Hase im Pfeffer?

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