Collage:  Uli Wittstock und Stempel auf einem Schreibtisch 2 min
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Wenn in Sachsen-Anhalt gebaut werden soll, vergessen die Behörden bei ihren Planungen mitunter die Menschen vor Ort. Ein Kommentar.

Fr 26.07.2024 09:07Uhr 01:46 min

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Kommentar Stimmungskiller – Wenn die Verwaltung bürgerfern durchregiert

29. Juli 2024, 15:46 Uhr

Wir dürfen uns glücklich schätzen: Bevor in Sachsen-Anhalt Brücken einstürzen, werden sie im Zweifelsfall gesperrt. In diesem Jahr gibt Sachsen-Anhalt 260 Millionen Euro für die Sanierung von Straßen und Brücken aus. Das ist die gute Meldung. Die schlechte ist, dass die Behörden bei ihren Planungen die Menschen und vor allem die kleinen Unternehmen vor Ort vergessen. Das muss sich dringend ändern, kommentiert MDR-Redakteur Uli Wittstock.

Portrait-Bild von Uli Wittstock
Bildrechte: Uli Wittstock/Matthias Piekacz

Eigentlich sollten die Abrissarbeiten an der Saalebrücke in Weißenfels bereits im August beginnen. Und wie eine moderne und bürgernahe Verwaltung es üblicherweise macht, werden die Betroffenen, also in diesem Fall die Bürger, informiert. Was die zahlreichen interessierten Menschen am Dienstag allerdings im Kulturhaus zu hören bekamen, war dann doch ziemlich überraschend: Diesmal waren es nicht zwei brütende Tauben-Paare, die den Abriss behinderten, sondern die zuständige Behörde. Sie ist plötzlich von Selbstzweifeln geplagt.

Die Pläne seien wohl nicht sonderlich gut gewesen. Deswegen müsse man von vorn beginnen und der Brückenbau verzögere sich nun um ein halbes Jahrzehnt, voraussichtlich.

Stempel auf einem Schreibtisch
Beim Planen von Bauarbeiten achten die Behörden zu wenig auf die Lebensumstände vor Ort, denkt MDR-Redakteur Uli Wittstock. Bildrechte: picture alliance/dpa | Patrick Pleul

Alle Ämter beteiligt, nur die Menschen vor Ort nicht

Einige Kilometer Saale-abwärts erlebte die lokale Touristik-Branche in der Woche zuvor eine gegenteilige Entwicklung. Dort wurden zehn Kilometer an der Saale mal kurzerhand für den Schiffsverkehr gesperrt, weil die Bahn ihre Brücken saniert und das mitten in der touristischen Hochsaison. Alle möglichen Ämter und Behörden waren in die umfangreichen Planungen involviert, nur die Menschen vor Ort hatte man leider vergessen.

Für die Kleinunternehmer an der Saale hat das nun erhebliche Einbußen zur Folge, weil sie tausende Buchungen stornieren müssen. Wären sie rechtzeitig informiert worden, hätten sie ihre Angebote anpassen können. Jetzt wollen die Betroffenen klagen. Wenn es gut läuft, zahlt der Steuerzahler die entgangenen Einnahmen.

Motorschiff MS Bad Kösen,
Die Saale ist zwischen Großheringen in Thüringen und Bad Kösen im Burgenlandkreis bis Ende Mai 2025 gesperrt. Es gibt nur für wenige Boote Ausnahmen.  Bildrechte: IMAGO / Schöning

Verwaltung sorgt für schlechte Stimmung

In Weißenfels hatten sich die lokalen Unternehmer jedoch auf die Brücken-Sperrung eingestellt, die nun aber erstmal wieder abgesagt wurde. Weißenfels' Bürgermeister Martin Papke (CDU) sagte dem MDR, man brauche sich nicht zu wundern im Land, wenn die Menschen frustriert seien.

Es sind also nicht immer Populisten, die für schlechte Stimmung sorgen. Das schafft die Verwaltung auch selbst. Eine wesentliche Erkenntnis der Coronapandemie sollte sein, dass behördliche Willkür, Selbstherrlichkeit und leider eben auch Überforderung im Amt dazu führen, dass die Menschen sich von der Demokratie abwenden.

Bei Intel läuft es anders

Wenn allerdings ein Großkonzern wie Intel in Sachsen-Anhalt an die Tore klopft, dann steht die Verwaltung stramm wie im alten Preußen. Während man bei einer Saalebrücke fünf Jahre Planungs-Zeit kalkuliert, rutscht ein Intel-Bauantrag in Rekordzeit durch den Behörden-Dschungel. Aber Intel ist eben Chefsache, Sachsen-Anhalts Mittelstand jedoch offenbar nicht. Dies aber ist keine gefühlte, sondern eine tatsächlich erlebte Ungleichbehandlung.    

Mehr zu den Bauarbeiten an der Saale und bei Intel

MDR (Uli Wittstock, Kalina Bunk) | Erstmals veröffentlicht am 27. Juli 2024

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 27. Juli 2024 | 17:00 Uhr

24 Kommentare

baehring vor 15 Wochen

Zitat: "Es sind also nicht immer Populisten, die für schlechte Stimmung sorgen".
Welche Populisten?
Schlechte Stimmung wird IMMER durch schlechte, also menschenfremde Politik erzeugt! Wer sich von der Politik vertreten fühlt, der ist immun gegen Stimmungsmache von Populisten.
Die Populisten nutzen schlechte Regierungspolitik höchstens aus, um Aufmerksamkeit zu generieren.
Das ist die Dramatik schlechter Politik: Sie ist gleich zweifach nachteilig:
Sie erzeugt erstens "schlechte Stimmung" und sie nutzt zweitens dem Erstarken des politischen Gegners. Das können wir in Deutschland gerade life mitverfolgen.

steka vor 15 Wochen

Dazu sollten ja auch die die Ämter einladen. Und es ist schon viel wenn die Journalisten überhaupt in magdeburg oder Halle sind. "Einige Kilometer saaleabwärts erlebte... .... wurden zehn Kilometer Saale mal kurzerhand für den Schiffsverkehr gesperrt, weil die Bahn ihre Brücken saniert und das mitten in der touristischen Hochsaison." Bad Kösen liegt also jetzt kurz vor Merseburg.

nilux vor 15 Wochen

Das trifft es auf den Punkt! Und während Unternehmen stets bestrebt sind mit weniger Personal auszukommen, bläht sich der öffentliche Dienst personell immer weiter auf, nicht nur quantitativ: In Zeiten von Fachkräftemangel und "Work-Life-Balance" wird zudem bei Eingruppierungen insbesondere bei Neueinstellungen immer weiter "eine Schippe drauf gelegt". Wer soll das am Ende alles bezahlen?

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