Auf einer Abfahrtsanzeigetafel der Bahn werden Verspätungen der Züge angezeigt.
Verspätungen im Fernverkehr treten in Halle besonders häufig auf. Bildrechte: IMAGO / Steffen Schellhorn

Verspätungen ICE- und IC-Züge in Halle besonders häufig unpünktlich

22. August 2022, 10:54 Uhr

Der Hauptbahnhof Halle ist ein wichtiger Umsteige-Knoten im Eisenbahnnetz Sachsen-Anhalts. Doch viele Verspätungen und Ausfälle machen das Umsteigen zum Problem. Laut MDR-Statistik sind die Pünktlichkeitswerte bei den ICE- und IC-Zügen in Halle noch geringer als im ohnehin niedrigen Bundesschnitt.

Am Hauptbahnhof Halle ist nur etwa jeder zweite gefahrene ICE- oder IC-Zug pünktlich. Das zeigen Verspätungsdaten von Mitte Juli bis Mitte August, die MDR SACHSEN-ANHALT ausgewertet hat. Die Quote von Halle liegt demnach unter dem offiziellen Pünktlichkeits-Bundesschnitt von etwa 60 Prozent, den die DB selbst herausgibt. In der MDR-Erhebung wurden auch ausgefallene Züge als unpünktlich gewertet. Eine Bahnsprecherin kommentierte, die Zuverlässigkeits- und Pünktlichkeitsprobleme des Unternehmens seien "inakzeptabel".

Wie werden die Daten erhoben?

Die Bahn erfasst alle Ankunfts- und Abfahrtszeiten ihrer Züge automatisch. Diese Protokoll-Daten wurden für die MDR-Auswertung abgegriffen. Für ihre eigene Pünktlichkeitserhebung werden nach Bahn-Angaben die Daten für alle Halte der über 20.000 monatlichen Fahrten im Fernverkehr ausgewertet. Hinzu kommen demnach rund 780.000 monatliche Fahrten im S-Bahn- und Regionalverkehr.

Ab wann zählt ein Zug als verspätet?

Züge gelten erst dann als unpünktlich, wenn sie mindestens sechs Minuten Verspätung aufweisen. Ausgefallene Züge fallen auch aus der offiziellen Verspätungsstatistik.

Wie pünktlich ist die Bahn im Allgemeinen?

Im Jahresverlauf 2022 sind die Pünktlichkeitswerte im Fernverkehr der Bahn regelrecht abgesackt. Waren zum Jahresbeginn noch gut 80 Prozent der ICE- und IC-Züge pünktlich, was über dem Jahresdurchschnitt 2021 lag, ging der Wert in Juni und Juli auf unter 60 Prozent zurück. Im Regionalverkehr lag die Pünktlichkeitsquote im Juli laut Bahnstatistik bei rund 90 Prozent.

Viele Baustellen und andere Probleme

Warum ausgerechnet in Halle der Fernverkehr so unpünktlich rollt, sagte die Bahn-Sprecherin nicht. Generell gebe es einen Boom bei Güterverkehrskunden. Die Schienen-Infrastruktur könne mit dem Verkehrszuwachs nicht mithalten. Die Zahl der Baustellen sei zudem auf Rekordniveau, hieß es.

Auch mit Blick auf den Personenverkehr nimmt Halle im Eisenbahnnetz Sachsen-Anhalts eine Sonderstellung ein. Hier kreuzen sich stündlich die Fernverkehrslinien Magdeburg-Leipzig sowie Berlin-München – teilweise mit nur wenigen Minuten Umsteigezeit.

Knappe Umstiege werden nicht mehr angeboten

Hauptbahnhof Halle Halle/Saale
Umsteigen in Halle: Das kann knapp werden. Bildrechte: IMAGO / Frank Sorge

Wegen der generellen Pünktlichkeitsprobleme im Eisenbahnnetz hat die Deutsche Bahn zuletzt sogar in den Fahrplan eingegriffen. Viele Fahrten mit knappen Umsteigezeiten werden seit Mitte August bei Auskunft und Buchung nicht mehr angezeigt. Die Bahn spricht von 800 Verbindungen mit Übergängen von unter zehn Minuten. Den Knoten Halle scheint dies nicht zu betreffen. Stichproben zeigen, dass etwa Verbindungen Magdeburg-Halle-München oder Berlin-Halle-Flughafen weiterhin mit nur fünf Minuten Übergang zur Buchung angeboten werden.

Knappe Umsteigeverbindungen sind bei hohen Verspätungswerten ein zusätzliches wirtschaftliches Problem für die Bahn: Verpassen Reisende wegen Verspätungen oder Ausfall einen Anschlusszug und kommen dadurch mindestens 60 Minuten später an ihrem Ziel an, steht ihnen eine Entschädigung von 25 Prozent des Fahrpreises zu. Außerdem haben sie das Recht, ihre Reise abzubrechen oder gar nicht erst anzutreten. Bei Verspätungen ab 120 Minuten können 50 Prozent des Reisepreises auf Antrag erstattet werden. Berichten zufolge musste die Bahn 2021 Entschädigungen im Umfang von über 38 Millionen Euro auszahlen.

Bahn will Reisen trotz Verspätungen planbarer machen

Der Wegfall vieler knapper Umsteigeverbindungen habe nicht zum Ziel, Entschädigungsgelder zu sparen, so eine Bahnsprecherin auf MDR-Nachfrage. Vielmehr wolle man eine bessere Planbarkeit erreichen. Der Bundesrechnungshof hatte das Bundesverkehrsministerium zuletzt aufgefordert, stärker auf eine Verbesserung der Pünktlichkeit im Bahn-Fernverkehr hinzuwirken. Dies entspreche auch dem Gewährleistungsauftrag des Bundes. Laut Grundgesetz soll das Fernzugangebot den Verkehrsbedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger gerecht werden.

MDR (Marc Weyrich, André Plaul)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 22. August 2022 | 07:00 Uhr

3 Kommentare

Shantuma am 22.08.2022

Grundsätzlich sollte man genau schauen wie Strecke des Fernverkehrs läuft.

Ist der gewünschte Einstiegs- oder Ausstiegsbahnhof einer der ersten oder letzten 3 dann sollte man mit Verspätungen oder Ausfällen rechnen.
Begründung:
Ein Zug sammelt beim Abfahren der Strecke Verspätungsminuten/-sekunden, welche dann immer weiter aufaddiert werden.
Ab einem Punkt X entscheidet man dann den Zug für die kommenden Haltestellen ausfallen zu lassen umso den Zug pünktlich die Strecke zurückfahren zu lassen.

Dieser Effekt wurde statistisch gründlich untersucht und war Thema eines Datenanalysten (David Kriesel) beim CCC-Congress 2019.

Karl-W am 22.08.2022

Den einen gehören die Gleise, den anderen die Signalanlagen und den dritten die Züge. Und da spricht man noch von der Bahn? Ein zusammengewürfelter Haufen ist das. Übrigends die Transsibirische Eisenbahn schafft trotz Klimatischer Unterschiede von Moskau bis ans Ende der Welt pünktlich auf die Minute zu sein.

steka am 22.08.2022

Da stimmt sicher auch die Fahrplankalkulation nicht. Getrimmt auf schnell schnell , bei großem Andrang reichen oft die Aufenthaltszeiten an den Zwischenstationen nicht, zu wenig und zu kleine Türen in den ICEs, keine Geschwindigkeitsreserven um Verspätungen wieder rauszufahren.

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