Ein Mann und zwei Frauen stehen im Hof eines Fachwerkhauses
Mitinitiator Yulian Ide erklärt zwei interessierten Frauen das neue Museum. Bildrechte: Carina Emig/MDR

Neues Museum "Wunderkammer" zeigt Kurioses und Raritäten im Bürgermeisterhof Salzwedel

von Carina Emig, MDR SACHSEN-ANHALT

05. November 2023, 11:30 Uhr

Im Bürgermeisterhof Salzwedel ist eine Kuriositäten- und Wunderkammer eröffnet worden. Zu sehen gibt es allerlei Raritäten, aber auch Kunst wird ausgestellt. Alle Einnahmen des neuen Museums fließen in den Erhalt des historischen Gebäudekomplexes.

Eine blonde Frau mit Brille
Bildrechte: Carina Emig

  • Der Verein "Bürgermeisterhof" will mit der Wunderkammer viele Besucher und Touristen anlocken.
  • Gezeigt werden Exponate aus verschiedenen Epochen seit 1543.
  • Alle Einnahmen fließen in den Erhalt des Bürgermeisterhofes.

Wunderkammern und Kuriositätensammlungen erfreuten sich in der Zeit der Spätrenaissance vor etwa 500 Jahren großer Beliebtheit. Die Faszination für Raritäten und Kurioses ist aber bis heute geblieben. Der Verein "Bürgermeisterhof" in Salzwedel macht sich die Begeisterung für Kram und Krempel zu Nutze und hat eine "Bürgermeisterliche Kuriositäten- und Wunderkammer" eröffnet. Das neue Museum soll Besucher und Touristen anzulocken.

Yulian Ide liebt wertvolle und wertlose, große und kleine, unscheinbare und besondere Dinge. Begeistert richten er und seine Mitstreiter die zwei winzigen Räume im Rosettenhaus des Bürgermeisterhofes Salzwedel ein. Klein, aber voller Kram und Krempel, der aus verschiedenen Epochen seit 1543 stammt. Zusammen zählen die beiden Ausstellungsstätten gerade mal 15 Quadratmeter. Die Rückseite selbst ist dabei schon Exponat, denn es handelt sich um die ehemalige Salzwedeler Stadtmauer aus dem 13. Jahrhundert, die die Neu- und die Altstadt im Mittelalter voneinander trennte.

Exponate zeigen auch DDR-Geschichte des Bürgermeisterhofs

Der Blick geht in einen Kellerraum. An der rechten Wand hängt ein blaues Schild. Links eine Vitrine mi Gläsern.
Ein Blick in die Wunderkammer. Bildrechte: Carina Emig/MDR

In einer Ecke der Ausstellung können Besucher in die bewegte Einzelhandelsgeschichte Salzwedels eintauchen. So hatten zu DDR-Zeiten die PGH-Modewerkstätten, ein textilverarbeitender Betrieb, auf dem Gelände des Bürgermeisterhofes ihren Sitz. "Eine Zeitzeugin hat uns Dokumente zur Verfügung gestellt. Darunter einen Arbeitsvertrag von 1978 und auch den Abwicklungsvertrag von 1990, was sehr emotional ist", erklärt Yulian Ide. Dazu kommen Kassenzettel, Kittelschützenstoff, der hier produziert wurde, oder ein Plakat mit PGH-Models, die allesamt aus Salzwedel stammen.

Auch die Geschichte des Bürgermeisterhofvereins selbst wird präsentiert. Eine alte Leuchtreklame, Tonscherben und historische Flaschen, die die Vereinsmitglieder bei den Aufräum- und Baumaßnahmen fanden, sind zu sehen. Auch historische Graffitis aus dem 19. Jahrhundert befinden sich in der Wunderkammer. "Vielleicht hat sie ein Salzwedeler Bürgermeister höchstselbst an die Wand gekritzelt", mutmaßt Yulian Ide.

Geschichte des Bürgermeisterhof Salzwedel Der Bürgermeisterhof ist ein denkmalgeschütztes Ensemble aus historischen Fachwerkhäusern und zählt zu den ältesten Gebäuden Salzwedels. Zwischen Mitte des 16. und Mitte des 19. Jahrhunderts bewohnten mindestens vier Bürgermeister der Stadt die Häuser. Daher stammt auch der Name. Ende 2019 wurde der Bürgermeisterhof in baufälligem Zustand für 80.000 Euro an den neu gegründeten Verein "Bürgermeisterhof" verkauft. Dieser will die historischen Gebäude denkmalgerecht und mit ökologischen Ansprüchen restaurieren und für Kultur, Handwerk, Bildung, Soziales und Kunst zur Verfügung zu stellen.

Fotografien wie im 19. Jahrhundert

Besonders wertvolle Exponate, die nur alt aussehen, es aber nicht sind, stellt Künstler Jan Vogtschmidt zur Verfügung. Seine Spezialität: Fotografien, die mittels Kollodium-Nassplatte entstehen – wie im 19. Jahrhundert. Der Künstler ist vor ein paar Jahren nach Salzwedel gezogen, hat schon Größen wie Vivienne Westwood, Helena Christensen oder Stella Tennant vor der Linse gehabt. Von ihm zu sehen ist ein Foto, das den heutigen Bürgermeisterhof zeigt.

Ein Mann sitzt vor einem Fachwerkhaus auf einem Stuhl. Er zeigt ein gerahmtes Foto in die Kamera.
Jan Vogtschmidt zeigt eines seiner Ausstellungsstücke Bildrechte: Carina Emig/MDR

Auf die Idee für die "Bürgermeisterliche Kuriositäten- und Wunderkammer" ist Yulian Ide gekommen, weil viele Touristen in den Bürgermeisterhof strömten, aber dort bislang nur die Häuser von außen bestaunen konnten. In der "Hansenbande" vor dem Gebäudeensemble kann sich jeder den Schlüssel für die Ausstellung holen und sie dann auf eigene Faust erkunden. "Wir werden noch Erklär-Schilder aufstellen und planen langfristig einen Audiowalk über QR-Codes, der die Besucher durch die Ausstellung führt", erklärt Yulian Ide.

Einnahmen fließen in Erhalt des Bürgermeisterhofs

Die Einrichtung der "Bürgermeisterlichen Kuriositäten- und Wunderkammer" wurde aus dem Sonderfonds Mikrokultur des Landesheimatbundes Sachsen-Anhalt gefördert. Zur Eröffnung am Samstag hat Bau- und Denkmalpflegerin Ines Kahrens einen Vortrag zur Geschichte des Bürgermeisterhofs gehalten. Der Eintritt zum Museum in der Burgstraße kostet 2 Euro pro Person und wird für die Instandsetzung und Wiederbelebung des Bürgermeisterhofs verwendet.

Wer selbst noch Erinnerungsstücke hat, kann sich persönlich oder unter info@buergermeisterhof.de an den Verein wenden.

MDR (Carina Emig, Sebastian Gall, Sarah-Maria Köpf)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 04. November 2023 | 09:30 Uhr

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