Acht Männer in schwarz-weißen Fußball-Trikots liegen sich in den Armen
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Profis aus der Ukraine Fußball verbindet: Wie ein altmärkischer Verein Integration sportlich löst

26. Oktober 2023, 11:23 Uhr

In Bismark in der Altmark spielt Igor Tyshchenko im Ortsverein Fußball. In der Ukraine spielte er als Profi in der ersten Liga. Für Tyshchenko ist der TuS Bismark aber auch eine Chance zur Integration. Er kann beim Fußball Deutsch lernen und sich einbringen, ebenso wie sein Teamkollege Oleksandr Cherchenko. Der Tierarzt braucht ein höheres Deutsch-Sprachniveau, um seinen Beruf auch in Deutschland auszuüben.

Eine blonde Frau mit Brille
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Ein Tag ohne Fußball – für die Bismarker Profi-Kicker Igor und Sascha aus der Ukraine ist das undenkbar. Das wegen schlechten Wetters ausgefallene Altmark-Derby nutzen sie für eine lockere Trainingseinheit im Stendaler Stadtpark. Beide sind aus ihrer Heimat, der Ukraine an viel Training gewöhnt – für beide ging es fünf Mal die Woche auf den Fußballrasen.

Jetzt in Deutschland trainieren sie maximal drei Mal. Igor Tyshchenko hat vor dem Krieg in der ersten ukrainischen Liga bei FC Mariupol gespielt, Sascha bei FK Saporischschja – jetzt geben sie alles für TuS Schwarz-Weiß Bismark und kriegen vom altmärkischen Verein dafür viel zurück.

Tierarzt aus der Ukraine arbeitet im Autohaus

Oleksandr Cherchenko sagt: "Der Verein ist wie eine Riesenfamilie und unterstützt mich in allen Lebenslagen. Durch den Fußball habe ich schnell Freunde gefunden, sie helfen mir bei der Sprache, mental, kümmern sich um meine Familie." Igor und Sascha drücken beide täglich die Schulbank, um Deutsch zu lernen.

Oleksandr Cherchenko, den alle nur Sascha nennen, ist Tierarzt. Dafür braucht er Sprachkenntnisse auf dem europäisch anerkannten C1-Level. Alle vorhergehenden Sprachkurse hat er bereits mit Bravour bestanden. Um noch schneller die deutsche Sprache zu lernen, arbeitet Sascha in einem Stendaler Autohaus. Auch an diesen Job kam er über Vereinskollegen.

Drei Männer in schwarzer Sportkleidung mit einem Fußball
Sascha (li.), der eigentlich Oleksandr Cherchenko heißt, spielt als Stürmer. Artem Sikulskyi ist Trainer und der Profi Igor Tyshchenko Verteidiger (re.). Bildrechte: MDR/Carina Emig

Profi-Fußballer aus der Ukraine: "Für mich zählt nur, dass ich weiter Fußball spielen kann"

Der Autohaus-Geschäftsführer Frank Motejat ist von seinem ukrainischen Mitarbeiter begeistert: "Sascha haben wir kennengelernt durch den Sport. Er ist uns da als sehr motivierter Typ aufgefallen. Wir suchen gezielt im Sport Leute, weil die ausdauernd sind und Energie haben. Sascha ist für uns sehr wertvoll." Ein Drittel der Auszubildenen im Autohaus sind Geflüchtete und auch viele von Saschas Kollegen.

Sascha wollte einfach arbeiten, hatte Lust auf etwas Neues: "Ich hatte Bock mit Menschen zu arbeiten, mag Autos, kenne die Branche." Und Bock auf Fußball hat er natürlich auch immer. Genau wie sein Vereinskollege Igor, der statt erster Liga in der Ukraine nun Landesliga Nord kickt. "Klar ist das ein anderes Niveau, aber für mich zählt nur, dass ich weiter Fußball spielen kann", sagt Igor Tyshchenko.

Integration als Herzensangelegenheit

Zudem integriert sich der Fußballprofi auch anderweitig im Verein. Zum Beispiel bei Arbeitseinsätzen. Durch sein ehrenamtliches Engagement hat er schnell Freunde und Anschluss gefunden. "Wir haben einige ausländische Spieler und auch Sascha übernimmt ganz selbstverständlich die Rolle des Übersetzers. Außerdem fährt er zum Training und zu den Spielen und nimmt andere mit. Igor und Sascha sind beide wichtige Bausteine der Mannschaft", wertschätzt Artem Sikulskyi seine Spieler. Er hat die ukrainischen Profis in den Verein geholt.

Der Fußballtrainer selbst stammt ebenfalls aus der Ukraine, lebt seit acht Jahren in der Altmark. Artem Sikulskyi hat inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft – Integration ist ihm eine Herzensangelegenheit. Deswegen rät er anderen Vereinen: "Wir reden Deutsch in der Kabine und beim Training. Das kann man von den Jungs schon erwarten, aber man muss auch geduldig sein, denn sie haben zuvor Schreckliches erlebt, mussten aus ihrer Heimat fliehen." Sprache sei der Schlüssel, aber eben auch Geduld. So funktioniere Integration beim TuS Bismark.

Der ukrainische Botschafter Oleksii Makejew (im hellen Jackett) im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern. Links von ihm befindet sich der Buindestagsabgeordnete Marcus Faber (FDP) und rechts davon der Bundestagsabgeordnete Herbert Wollmann (SPD).
Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev (im hellen Jackett) im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern. Links von ihm befindet sich der Buindestagsabgeordnete Marcus Faber (FDP) und rechts davon der Bundestagsabgeordnete Herbert Wollmann (SPD). Bildrechte: Bernd-Volker Brahms

Wer die Profis von TuS Schwarz-Weiß Bismark Bismark einmal live erleben möchte: Das wegen schlechten Wetters verschobene Altmark-Derby vom vergangenen Wochenende wird am 18. November im Waldstadion Bismark nachgeholt.

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MDR (Carina Emig, Julia Heundorf)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 23. Oktober 2023 | 19:00 Uhr

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