Soldaten der Bundeswehr laufen über einen Appellplatz
Bildrechte: picture alliance/dpa/Sina Schuldt

Neuer Standort Große Hoffnungen: Bernsdorfer und die Bundeswehr

23. Dezember 2023, 08:00 Uhr

In Bernsdorf im Landkreis Bautzen soll ein neuer Bundeswehrstandort entstehen. Von 800 Dienstposten ist die Rede, davon 700 Soldaten. Der Bürgermeister und viele Einwohner verbinden mit der Stationierung Hoffnungen für die Stadt und die Region: für die Geschäfte, die Gastronomie oder die Infrastruktur. Doch manche Bernsdorfer äußern auch Sorgen.

Am Rande des Bernsdorfer Ortsteils Straßgräbchen führt eine Straße aus Betonplatten in den Wald. Früher führte sie zu einem Flugabwehrraketenregiment der DDR. Heute erinnern nur noch wenige Überreste an die Vergangenheit des Ortes: einige Betonplatten, eine Mauer und irgendwo hier soll es noch Bunker geben. Fast alle Gebäude wurden abgerissen, der Wald holt sich das Gebiet nach und nach zurück. Nun - mehr als 30 Jahre später - sollen hier Bundeswehrsoldaten stationiert werden.

Ein Weg
Eine Mauer erinnert noch an den NVA-Standort, der zu DDR-Zeiten im Wald bei Bernsdorf war. Bildrechte: MDR/Jörg WInterbauer

Neue Kaserne, Übungsplatz und Schießanlage

Wie Staatskanzlei und Bundesverteidigungsministerium (BMVg) am Donnerstagabend mitteilten, soll das Logistikbataillon 471 mit etwa 800 Dienstposten hier stationiert werden. Nach Angaben des BMVg sollen eine neue Kaserne, ein Übungsplatz und eine Schießanlage für Ausbildung und Training der Soldatinnen und Soldaten in der 6.000-Einwohner-Stadt gebaut werden. Wie denken die Menschen zu dem Vorhaben?

Uwe Schädel geht trotz seiner fast 80 Jahre zügig die Straße entlang. "Ich habe keine Zeit", erklärt er, nimmt sich dann aber doch eben jene. Zu DDR-Zeiten war der Rentner Berufssoldat, erzählt er. Dass nun wieder das Militär an den Ort kommt, findet er gut. "Für mich war es nicht schlecht, dass ich gedient habe. Ich konnte hier ein Haus bauen."

Mann mit dunkler Brille
Da, wo der neue Bundeswehrstandort entstehen soll, arbeitete Uwe Schädlich als Berufssoldat bei der NVA. Bildrechte: MDR/Jörg WInterbauer

Der Immobilienmakler Frank Rostowski hofft, dass auch viele der Soldaten, die nach Bernsdorf kommen werden, ein Haus kaufen oder bauen. In seinem Büro liegt ein riesiger Stofftiger. "Für mich als Immobilienmakler ist es natürlich auch eine wichtige Sache, denn dann kommt neue Kundschaft ins Haus."

Aber nicht nur für ihn sei die geplante Stationierung gut, sie werte die ganze Stadt auf. "Die Geschäfte werden sich besser entwickeln können, weil die Leute, die hier stationiert sind, hier einkaufen gehen werden.

Eine Person in einem Büro
Makler Rostowski hofft auf gute Geschäfte durch die Bundeswehr. Bildrechte: MDR/Jörg WInterbauer

Ähnlich sieht es auch der CDU-Bürgermeister Harry Habel. "Es wird einen Riesenschub geben für die Region", sagte er dem MDR. Die Soldaten und ihre Familien würden das Lausitzer Seenland beleben. Man werde in den nächsten Monaten auch mit den umliegenden Gemeinden gemeinsam prüfen, wo Wohnhäuser entstehen könnten.

Hoffnung auf bessere Infrastruktur

Er hoffe, dass mit der Ansiedlung der Bundeswehr auch die Verkehrsinfrastruktur in der Region verbessert werde. Um eine S-Bahnverbindung nach Kamenz zum Beispiel kämpfe man schon lange, sagte Habel.

Wann genau es aber soweit ist und das Logistikbataillon 471 in Bernsdorf seine Arbeit aufnimmt, ist noch nicht bekannt, offenbar selbst dem Bürgermeister nicht. Die Gespräche darüber würden im nächsten Jahr stattfinden. Auch die Bundeswehr wurde noch nicht konkret. Offen bleiben die Fragen danach, wann die ersten Soldaten nach Bernsdorf kommen und wie lange die Bauarbeiten für die Bundeswehr-Liegenschaften dauern werden.

Angesprochen auf das Vorhaben des BMVg äußern sich viele Bernsdorfer an diesem Tag positiv, andere wissen noch nicht so richtig, was sie davon halten sollen oder wollen sich nicht äußern. Gar nicht gut zu sprechen auf den neuen Bundeswehrstandort ist ein Handwerker in Arbeitskleidung. "Bernsdorf macht sich dadurch angreifbar", sagt er. Von der Politik und ihren Entscheidungen hält er allgemein nicht viel: "Mich interessiert die Regierung nicht, ich brauche keine."

Renterin: "Wo sollen die Fachkräfte herkommen?"

Ein Lkw-Fahrer, der mit seinem Sohn wartend auf einem Parkplatz steht, sagt nur kurz: "Es ist gut, da kommt Geld in die Stadt". So ähnlich sieht es auch eine Rentnerin, die gerade ihre Brötchen beim Bäcker kaufen will. Zum Beispiel für die Handwerker oder die Gastronomie sei es gut, wenn die Soldaten mit ihren Familien nach Bernsdorf kommen. Eines mache ihr allerdings Sorgen: "Es fehlen ja überall Fachkräfte. Wo sollen die Arbeitskräfte herkommen?"

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Bautzen | 22. Dezember 2023 | 16:30 Uhr

Mehr aus Bautzen, Hoyerswerda und Kamenz

Sachsen

Staatsminister Thomas Schmidt (dritter von links) und der Vorstandsvorsitzende der ewag Torsten Pfuhl (zweiter von rechts) beim ersten Spatenstich für die neue Trinkwasserleitung zwischen Kamenz-Jesau und Milstrich. mit Audio
Staatsminister Thomas Schmidt (dritter von links) und der Vorstandsvorsitzende der ewag Torsten Pfuhl (zweiter von rechts) beim ersten Spatenstich für die neue Trinkwasserleitung zwischen Kamenz-Jesau und Milstrich. Bildrechte: MDR/Lydia Matschie

Mehr aus Sachsen