Oberlausitz 30 Jahre Biosphärenreservat: Mit Handarbeit für Artenvielfalt
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24. Mai 2024, 17:53 Uhr
Vor 30 Jahren, am 25. Mai 1994, wurde das Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft gegründet. Hier will man zeigen, wie der Mensch die einzigartige Kulturlandschaft nutzen und erhalten kann, ohne sie zu zerstören. Inzwischen fühlen sich viele seltene Tiere und Pflanzen hier wieder wohl. Manche gibt es sogar nur hier.
- Das Biosphärenreservat hat 8.000 Tier- und Pflanzenarten in seiner Datenbank erfasst.
- Die Natur profitiert von den verschiedenen Schutzmaßnahmen des Reservates.
- Gemeinden arbeiten mit der Reservatsverwaltung zusammen.
Wer nicht richtig hinschaut, der kann den unscheinbaren Schatz leicht übersehen: Auf einer Wiese beim Örtchen Tauer wiegt sich Wollgras leicht im Wind. Sein weißer, ausgefranster Schopf erinnert an kleine Wattebäusche. "Wir stehen hier im Biosphärenreservat auf einer moorigen Feuchtwiese, die in der Oberlausitz leider sehr selten geworden ist", erklärt Umweltpädagogin Susann Müller von der Naturschutzstation Östliche Oberlausitz. Hier wachse nicht nur das Wollgras, auch wilde Orchideen seien hier heimisch. Außerdem würden sich Amphibien und viele seltene Insekten wohlfühlen.
Handarbeit für den Artenschutz
Damit das so bleibt, wird die Wiese von der Naturschutzstation gepflegt. Einmal im Jahr werde gemäht, erklärt Chefin Annett Hertweck: "Alles mit der Hand und der Motorsense." Auch das Zusammenrechen erfolge per Hand, da schwere Maschinen den Boden zerstören würden. "Das ist schwere körperliche Arbeit für den Erhalt der Artenvielfalt." Die Naturschutzstation sorgt mit diesen und anderen Pflegemaßnahmen ganz praktisch dafür, dass es im Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft für die Natur gut läuft.
8.000 Arten erfasst
Annett Hertweck und ihre Kollegen sind häufig im Auftrag der Reservatsverwaltung unterwegs, die sich als Fachbehörde des Sachsenforstes um das 30.000 Hektar große Gebiet kümmert. Das Biosphärenreservat zählt zu den größten Teichgebieten Deutschlands. "Wir haben inzwischen in unseren Datenbanken mehr als 8.000 Arten erfasst", erzählt Reservatsleiter Torsten Roch. Das liege unter anderem auch an neuen Auswertungs- und Untersuchungsmethoden, beispielsweise bei Insekten. Aber manche Arten würden im Reservat mehr als anderswo vorkommen: "Bei uns leben zum Beispiel 29 Seeadler-Paare. In dieser Dichte gibt es das nur bei uns." Beim Kiebitz seien es inzwischen 30 bis 40 Brutpaare. Und das Moorveilchen gebe es sogar nur hier, es sei der einzige Bestand in Deutschland.
Bei uns leben zum Beispiel 29 Seeadler-Paare. In dieser Dichte gibt es das nur bei uns.
Hilfe für den Kiebitz
Dass sich Tiere und Pflanzen im Biosphärenreservat so wohlfühlen liege auch an den Schutzmaßnahmen, die man auf den Weg gebracht habe, ist sich Torsten Roch sicher. "Kiebitz oder Wiedehopf zum Beispiel sind Arten, die wir in den letzten Jahren sehr intensiv gemanaged und denen wir durch aktive Maßnahmen geholfen haben." So werden Kiebitznester mit Eiern im Frühjahr gekennzeichnet, mehrere Nester werden mit einem Elektrozaun vor natürlichen Feinden wie dem Fuchs oder Waschbären geschützt. Hintergrund ist, dass der Kiebitzbestand in den vergangenen Jahren deutschlandweit stark zurückgegangen ist.
Wie profitieren die Menschen?
Doch nicht nur die Natur soll vom Biosphärenreservat profitieren, sondern auch der Mensch. Im Gebiet leben und arbeiten rund 9.000 Leute, es gibt viel Landwirtschaft, wenig Industrie und einige Tourismusbetriebe.
Nicht immer läuft alles konfliktfrei. Zum Beispiel wenn der Biber für überschwemmt Felder sorgt oder Dämme untergräbt, erzählt Matthias Seidel. Er ist Bürgermeister von Malschwitz, eine der elf Gemeinden im Biosphärenreservat. Sie arbeiten im Biosphärenreservats-Rat zusammen, der die Verwaltung berät und nach Lösungen sucht. "Es gibt beim Biber inzwischen eine Neuregelung, dass er auch entnommen werden darf, wenn er für extreme Probleme sorgt", sagt Matthias Seidel. Denn das Tier baue seine Burgen manchmal in Teichdämme hinein, die dann einzubrechen drohen.
Seidel findet, dass die Gemeinde vom Biosphärenreservat profitiert habe, vor allem im Tourismusbereich.
Befürchtungen wegen Einschränkungen
Das manche auch skeptisch sind, zeigen die Reaktionen auf die Erweiterungspläne des Biosphärenreservates. Die Gemeinde Radibor hat erst einmal auf ihrem Gebiet dagegen gestimmt, weil manche Gemeinderäte Einschränkungen bei der Nutzung der Landschaft befürchten. Torsten Roch kennt diese Vorbehalte und betont: "Nur in der Kernzone des Biosphärenreservates ist der Mensch außen vor, dass sind drei bis vier Prozent der Fläche."
Viele Menschen würden Bundes- oder EU-Regelungen wie Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebiete mit dem Biosphärenreservat in Verbindung bringen. Aber diese Einschränkungen hätten mit Vorgaben des Biosphärenreservates nichts zu tun. Diese Unterschiede seien manchmal schwer zu vermitteln.
Artenvielfalt überzeugt
Die Menschen von den Schönheiten der Natur zu überzeugen ist da einfacher. Hier bekommen Umweltpädagogen wie Susann Müller Unterstützung von Seeadler, Moorveilchen & Co. Neben öffentlichen Führungen zu verschiedenen Themen gibt es auch viele Ferienangebote, zum Beispiel bei der Naturschutzstation Östliche Oberlausitz. Aber auch Privatleute lassen sich gerne die Teichlandschaft zeigen, sagt Susann Müller: "Die freuen sich sehr, wenn sie das sehen und sind immer wieder erstaunt, wie artenreich es hier ist."
Besucherinformationszentrum "Haus der Tausend Teiche"
Warthaer Dorfstr. 29 | Malschwitz OT Wartha
Dienstag - Sonntag & feiertags | 9 bis 17 Uhr
Im "Haus der Tausend Teiche" gibt es eine Erlebnisausstellung zum Biosphärenreservat, unter anderem mit einem Riesenaquarium, in dem heimische Fischarten gezeigt werden.
Außerdem werden regelmäßig Führungen, Vorträge und Veranstaltungen angeboten.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen | 24. Mai 2024 | 10:30 Uhr
Anni22 vor 27 Wochen
Ja so stell ich mir Naturschutz vor. Danke an alle die sich um solche Schutzgebiete kümmern!