Amtsantritt in Chemnitz Neue Direktorin will die Besucher der Kunstsammlungen stärker einbeziehen
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06. November 2023, 16:06 Uhr
Seit 2018 hatte Frédéric Bußmann als Generaldirektor die Geschicke der Kunstsammlungen Chemnitz gelenkt, im Sommer jedoch wechselte er überraschend an die Kunsthalle Karlsruhe. Jetzt hat sich seine Nachfolgerin offiziell in Chemnitz vorgestellt, die aus Luxemburg stammende promovierte Kunsthistorikerin Florence Thurmes. Dabei erläuterte sie auch künftige Pläne und Schwerpunkte für den international renommierten Museumsverbund.
- Die 42-jährige Florence Thurmes wird ab 2024 die neue Direktorin der Kunstsammlungen Chemnitz.
- Sie will das Museum öffnen und mehr Teilhabe für unterschiedliche Menschen ermöglichen.
- Florence Thurmes wird das Museum durch das Kulturhauptstadtjahr 2025 führen.
Die künftige Chefin der Kunstsammlungen Chemnitz, Florence Thurmes, will die Demokratiearbeit stärken und Netzwerke ins Umland enger knüpfen. Die 42-Jährige sagte am Montag in Chemnitz, ihr Ziel sei es, Schwellen zum Museum abzubauen und jüngere Generationen anzusprechen.
Die Kunstwissenschaftlerin soll Anfang 2024 die Stelle als Generaldirektorin antreten. Sie folgt auf Frédéric Bußmann, der an die Staatliche Kunsthalle in Karlsruhe gewechselt ist. Thurmes kehrt damit von Dortmund nach Sachsen zurück – in der Vergangenheit hat sie an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden gearbeitet. Derzeit ist sie Ko-Direktorin am Museum Ostwall im Dortmunder U.
Mehr Teilhabe: Demokratisches Museum für alle
Thurmes sprach von einem demokratischen Museum: das Musuem nicht mehr als elitäre Einrichtung, sondern Teilhabe für alle. Demnach soll es ein Mitsprache- und Mitgestaltungsrecht der Bürgerinnen und Bürger geben – in welcher Form, ließ sie noch offen. Thurmes baut dabei auf auf ihre Erfahrungen aus Dresden und Dortmund. In Dresden gab es einen Kinderbeirat, in Dortmund wurde mit einem Beirat aus acht Bürgerinnen und Bürgern zusammengearbeitet.
In Sachen demokratisches Museum gebe es mit dem "Open Space" im Zentrum schon einen Ausstellungs- und Veranstaltungsort, an dem unterschiedliche Gruppen zusammenkommen könnten, so Thurmes. Sie wirft aber den Blick über die Stadtgrenze hinaus und sprach von einer dichten Museumslandschaft in der Region. In Zusammenarbeit könnten gemeinsame Vermittlungsprogramme zu unterschiedlichen Themen entstehen.
Als einen zweiten Schwerpunkt nannte Thurmes das nachhaltige Museum: Sie verwies auf die Burg Rabenstein, die ebenfalls zum Chemnitzer Museumsverbund gehört. Dort wurde Johan Carl von Carlowitz geboren, der Vater des Nachhaltigkeitsgedankens. An diese Traditionslinien will sie verstärkt anknüpfen und sie ausbauen.
Ein weiteres wichtiges Thema sei für sie das dezentrale Museum: Auch hier knüpft sie an ihre Erfahrungen aus Dresden an, etwa an das Mobile Museum und das Projekt "180 Ideen für Sachsen". Es geht darum, wie man Menschen erreichen kann, die bisher noch nicht ins Museum kommen oder auch nicht mehr kommen können, etwa ältere Menschen.
Analoges und digitales Museum
Thurmes schwebt nach eigenen Worten ein kindgerechtes Museum vor, das mit analogen und digitalen Projekten Kinder und Jugendliche anspricht: "Wie kann man ein Museum nochmal frisch denken für junge Leute, die heute digital-affin aufwachsen, die mit Online-Gaming aufwachsen, die einen ganz anderen Bezug zum Analogen und Digitalen haben als vielleicht ältere Generationen", erläuterte Thurmes ihre Ideen bei MDR KULTUR.
Thurmes soll die Kunstsammlungen Chemnitz ins Kulturhauptstadtjahr führen. Dann sind Ausstellungen etwa zu Edvard Munch sowie zu Autodidakten in der Kunst geplant. "Das Programm ist schon festgelegt", betonte sie. Sie wolle aber schauen, ob darüber hinaus noch weitere Ideen gesetzt werden könnten.
Es geht darum, wie man Menschen erreichen kann, die bisher noch nicht ins Museum kommen oder auch nicht mehr kommen können.
Thurmes lobte die Dichte und den Umfang der Chemnitzer Sammlungen. Damit könne jedes Thema bearbeitet werden. Dabei zeigte sie sich als großer Fan der Arbeiten von Karl Schmidt-Rottluff. Der Expressionist wurde im heutigen Chemnitzer Stadtteil Rottluff geboren. Dort wird derzeit sein Elternhaus saniert. Es soll bis zum Kulturhauptstadtjahr 2025 als Museum wiederbelebt werden.
Thurmes war bereits in Dresden tätig
Florence Thurmes wurde in Luxemburg geboren. Nach ihrem Studium der modernen und zeitgenössischen Kunst und ihrer Promotion in Frankreich arbeitete sie viele Jahre als Kuratorin in Luxemburg und Deutschland. 2011 ging sie nach Düsseldorf und war dort bei der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen erst als Volontärin, anschließend als Kuratorin tätig.
Ab 2016 wechselte sie dann nach Dresden an die Staatlichen Kunstsammlungen, wo sie später die Abteilung Programm leitete. Als Ausstellungsmacherin war sie in Dresden für die Kinderbiennale verantwortlich, außerdem hat sie Ausstellungen zu Susan Philipsz, Annette Messager und zuletzt im Museum Ostwall im Dortmunder U zu Nam June Paik kuratiert.
Auf die Stelle der Generaldirektorin in Chemnitz hatte es etwa 20 Bewerberinnen und Bewerber gegeben. In der Schlussrunde setzte sich Florence Thurmes gegen zwei Kandidaten durch. Ausschlaggebend waren ihr europäischer Background, die damit verbundene vielfältige und langjährige Erfahrung in der Leitung von Sammlungen, beim Kuratieren von Ausstellungen, aber auch in der Konzeption von Teilhabeformaten. Außerdem ist sie durch ihre Zeit in Dresden bestens in Sachsen vernetzt.
Quelle: MDR KULTUR, dpa, redaktionelle Bearbeitung: lig, hki
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 07. November 2023 | 07:10 Uhr