Erzgebirgsbahn am Bahnhof Johanngeorgenstadt
Ab Sommer 2024 werden die Züge der Erzgebirgsbahn aus Sachsen verschwinden. Zu den Gründen des Rückzugs aus der Region wollte sich die Deutsche Bahn nicht äußern. (Archivbild) Bildrechte: imago/Hanke

Kleinere Züge Erzgebirgsbahn will nicht mehr: Vogtlandbahn und City-Bahn sollen übernehmen

26. April 2023, 13:00 Uhr

Das Regionalnetz Erzgebirgsbahn gilt seit Gründung 2002 als Vorzeigeunternehmen der Mittelstandsoffensive der Deutschen Bahn und ist in der Region fest verankert. Damit ist ab Sommer 2024 Schluss. Die Erzgebirgsbahn wird keine Personenzüge mehr fahren. Zu den Gründen sagte die Deutsche Bahn nichts. Laut Verkehrsverbund Mittelsachsen sollen die City-Bahn Chemnitz und die Vogtlandbahn übernehmen. Der Fahrgastverband Pro Bahn verweist darauf, dass künftig Züge mit weniger Plätzen und ohne 1. Klasse fahren.

Im Juni 2024 ist Schluss: Dann wird die Erzgebirgsbahn - ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn - keine Personenzüge mehr fahren. Eine Vertragsverlängerung für die Strecken Chemnitz - Cranzahl, Flöha - Olbernhau und Zwickau - Johanngeorgenstadt hat die Erzgebirgsbahn abgelehnt, wie der Verkehrsverbund Mittelsachsen (VMS) mitteilte. Zugleich hat der Zweckverband im digitalen Amtsblatt der Europäischen Union inzwischen mitgeteilt, dass seine eigene Bahntochter City-Bahn Chemnitz künftig nach Olbernhau und Cranzahl fahren soll. Für die Strecke Zwickau - Johanngeorgenstadt soll der Personenverkehr an die Vogtlandbahn übergehen und ab 2027 auch direkt dem Vogtlandnetz angegliedert werden. Das macht insofern Sinn, dass die Züge der City-Bahn nach Chemnitz zur Wartung müssen und die der Vogtlandbahn nach Neumark.

Fahrgastverband Pro Bahn warnt vor zu kleinen Zügen

Der Fahrgastverband Pro Bahn teilte auf Anfrage von MDR SACHSEN mit, wichtig sei, "dass die Strecken auch künftig zuverlässig, mit ausreichend Personal und mit ausreichender Fahrzeugkapazität betrieben werden". Größere Änderungen im Fahrplan seien nicht zu erwarten, sofern der VMS das Zugangebot wie bisher bestellt. Ein Problem sieht der Fahrgastverband aber im Wechsel der Fahrzeuge. Die Erzgebirgsbahn setzt sogenannte Desiro-Triebwagen ein, künftig fahren kleinere Regioshuttles. "Mit circa 70 Plätzen stehen künftig nahezu nur noch halb so viele pro Fahrzeug zur Verfügung wie bisher", erklärte der Fahrgastverband. In Spitzenzeiten sei das Kuppeln zweier Triebwagen erforderlich. Die kleineren Triebwagen verfügen auch nur noch über die 2. Klasse. Bei der Erzgebirgsbahn gibt es auch ein Abteil der 1. Klasse in den Zügen.

Hier wird es in den Hauptverkehrszeiten sowie im touristischen Verkehr an den Wochenenden und insbesondere in der Weihnachtszeit ganz sicher erforderlich sein, in Doppeltraktion zu fahren.

Markus Haubold Fahrgastverband Pro Bahn

Ob genügend Fahrzeuge zum Zusammenkuppeln zur Verfügung stehen, wird sich aber noch zeigen müssen.

City-Bahn bildet bereits Lokpersonal aus

Der VMS ist zuversichtlich, dass der Übergang reibungslos klappt. Ein Sprecher bestätigte entsprechende Vorbereitungen. Eine EU-weite Ausschreibung sei zeitlich nicht möglich gewesen, weil die Erzgebirgsbahn die Vertragsverlängerung erst vergangenes Jahr abgelehnt hatte. Zur Einordnung: Die Tschechische Staatsbahn fährt beispielsweise von Karlovy Vary bis Johanngeorgenstadt und könnte auch in Deutschland auf Bestellung Zugverkehr nach Zwickau anbieten. Der VMS-Sprecher erklärte, für diese als RB95 bezeichnete Strecke würden insgesamt drei Züge benötigt.

Weiter sagte er, dass bei der City-Bahn Chemnitz die Ausbildung von Eisenbahnern laufe - neun Mitarbeitende seien bereits in einer Lokführerausbildung, 17 sollen demnächst beginnen. Für die Strecken nach Olbernhau und Cranzahl würden auf dem Gebrauchtmarkt aktuell geeignete Triebwagen besorgt.

Deutsche Bahn verweigert Auskunft zu Gründen des Rückzugs

Zu den Gründen des Rückzugs der Erzgebirgsbahn macht die Deutsche Bahn (DB) keine Angaben und lässt nahezu alle Fragen unbeantwortet. In der Bahnbranche wird vermutet, dass die bisherigen Triebwagen der Erzgebirgsbahn nach einer gewonnenen Ausschreibung auf ein anderes Netz in Deutschland wechseln werden. Eine Bahnsprecherin kommentierte das nicht und bleibt schmallippig: "Die Erzgebirgsbahn wird den laufenden Verkehrsvertrag in gewohnter Qualität bis Juni 2024 fortführen." Danach bleibe die Verantwortung für die Infrastruktur und deren Betrieb - also für Gleise und Signale - bei der DB. "Die Erzgebirgsbahn bleibt eine wichtige Partnerin für die Region und die Eisenbahnbranche insbesondere im Bereich der Forschung und Erprobung neuer Technologien im Testfeld 'Erzgebirge'", so die Sprecherin. Gemeint ist das autonome Fahren auf der Strecke Annaberg-Buchholz - Schwarzenberg. Mitarbeitende, die künftig nicht mehr für den Zugverkehr der Erzgebirgsbahn gebraucht würden, könnten innerhalb des DB-Konzerns wechseln.

Erzgebirgsbahn im Bahnhof Johanngeorgenstadt
Die Erzgebirgsbahn hat sich in den vergangenen gut 20 Jahren zu einer festen Größe in der Region gemausert. Stammfahrgäste und Eisenbahnpersonal kennen sich. (Archivbild) Bildrechte: imago/Hanke

Vogtlandbahn will sich nach Ende der Einspruchsfrist äußern

Die Vogtlandbahn unter dem Dach der Länderbahn teilte auf Anfrage mit: "Vor dem Ablauf der Einspruchsfrist nach Bekanntgabe der Vergabeentscheidung wird sich die Länderbahn zum laufenden Verfahren nicht öffentlich äußern."

Der Verkehrsverbund Vogtland erklärte, konkrete Aussagen, ob und wie genau die Linie Zwickau - Johanngeorgenstadt künftig in das Vogtlandnetz integriert werden kann, könnten zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht gemacht werden.

MDR

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 26. April 2023 | 12:30 Uhr

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