Humanitäre Hilfe aus Dresden Mission Wasser: Dresdner Ingenieurin seit 30 Jahren bei Arche Nova

09. Oktober 2022, 21:38 Uhr

In 16 Ländern auf drei Kontinenten ist Arche Nova aktiv. Die Mission: die Dresdner Hilfsorganisation versorgt Menschen in Not mit Wasser, Sanitär- und Hygienemöglichkeiten. Auch Bildung steht auf der Agenda, um Selbsthilfe zu ermöglichen. Andrea Bindel kam über die Bunte Republik Neustadt zum Projekt und verbringt seitdem viel Zeit direkt vor Ort, wo Hilfe gebraucht wird.

  • Im Kosovo-Krieg begann Arche Nova mit der Arbeit an Brunnen.
  • Das Kernthema der Hilforganisation ist WASH, also Wasser, Sanitär und Hygiene.
  • Manche Bauten in Pakistan helfen dort auch beim derzeitigen Hochwasser.

Wasser ist Leben. Das war Andrea Binder schon immer klar – also widmete sie dem Element schon früh ihr Leben. Ende der 80er-Jahre nahm sie in Dresden ein Studium der Wasserwirtschaft auf, welches sie 1992 beendete. Eine wilde Zeit, wie sie sich erinnert. "Die ganze Zeit war bewegt. Man hatte das Gefühl, viel erreichen zu können, Menschen zu helfen", sagt sie.

Die ganze Zeit war bewegt. Man hatte das Gefühl, viel erreichen zu können. Menschen zu helfen.

Andrea Bindel Wasseringenieurin und Mitarbeiterin von Arche Nova

Wie viele Menschen in Dresden steckte auch ihr die Wendezeit noch in den Knochen. "Es war die totale Aufbruchstimmung. Wir hatten den Wunsch, neue Kulturen und Gegenden kennenzulernen", sagt sie. Und dann sah Andrea Bindel während der Bunten Republik Neustadt Sven Seifert und einige Freunde mit einem Lastwagen, wie er Spenden sammelte, um diese in den vom Golfkrieg verwüsteten Irak zu schaffen. Sven Seifert war der Gründer der Hilfsorganisation Arche Nova, die am Sonntag ihr 30. Jubiläum im Deutschen Hygienemuseum in Dresden feierte.

Was ist Arche Nova? arche noVa – Initiative für Menschen in Not e.V ist eine humanitäre Organisation aus Dresden, die langfristige Entwicklungszusammenarbeit leistet und Bildungsprojekte realisiert. Gegründet 1992 von Sven Seifert und einer Gruppe engagierter Menschen, die einen Hilfsgütertransport nach Irakisch-Kurdistan organisierten, widmet sich Arche Nova heute schwerpunktmäßig WASH-Projekten, die die drei Komponenten Wasser, Sanitär und Hygiene in unterschiedlichen Kontexten miteinander verbinden. Deutschlandweit beschäftigt die Organsiation derzeit 38 Mitarbeitende im Hauptsitz Dresden sowie der Geschäftsstelle Berlin, 40 freie Mitarbeitende im Bildungsteam und mehr als 200 Mitarbeitende im Ausland. arche noVa e.V

In der Gründungsphase des Projekts begeisterte Sven Seifert Andrea Binder mit seinem Tatendrang. Schon der zweiten Tour in den Irak schloss sich die damals frischgebackene Wasser-Ingenieurin an. "Damals habe ich noch schnell den Lkw-Führerschein gemacht und schon am nächsten Tag ging es los in den Irak", erzählt Andrea Binder. "Wir kauften dann vor Ort noch einige Ziegen und gaben sie den Kurden, die in die Berge flüchteten", erinnert sie sich.


Kurz darauf begann der Bosnienkrieg und wieder zog das Team aus Dresden los. Diesmal hatten sie unter anderem Gulaschkanonen und Lebensmittel dabei, versorgten Menschen in eingeschlossenen Städten.

"Ich war damals gerade mit meinem Studium fertig, arbeitete in einem Ingenieurbüro in Radebeul", erinnert sich Andrea Bindel. Doch ihre wahre Berufung lebte sie damals noch im Ehrenamt in den Krisengebieten der Welt. Auf Bosnien folgte der Krieg im Kosovo.

"Dort haben wir Brunnen gereinigt, ich war ein ganzes Jahr vor Ort", erzählt Andrea Binder. Wie sie sich erinnert, haben sie und ihr Team damals noch selbstgebaute Brunnenkameras in die Brunnen gelassen. Sie wollten sicherstellen, dass sich darin keine Waffen oder Leichen verbergen. Insgesamt sei auch die Technik immer weiter gewachsen, Arche Nova hatte damals zum Beispiel einen Werkstatt- und einen Labor-Lkw, später kamen weitere Fahrzeuge hinzu, etwa für Sanitätsdienste.

Wie es zum Namen Arche Nova kam Die Idee, ihre Organisation arche noVa zu nennen, kam dem Team um Sven Seifert und Andrea Bindel, als sie am Berg Ararat im kurdischen Gebiet in der Türkei vorbeikamen. "Wir sprachen damals über die Arche, die dort liegen könnte und die Idee behielten wir bei. Wir sehen uns aber nicht als religiös, sondern sind offen für alle", erklärt Andrea Bindel. Wichtig sei die Idee der Arche, als sicherer Hort und nicht die Religion. Andrea Bindel

Mit dem Kosovo-Einsatz begann die Professionalisierung der Hilfsorganisation, die damals erste Förderungen erhielt. Es folgten mehrjährige Hilfsprojekte in Sri Lanka, welches von einem Tsunami heimgesucht wurde, danach Krisengebiete in Afrika. "Mittlerweile gehören wir zu den ausgewiesenen Organisationen, die sich mit WASH – also Wasser, Sanitär und Hygiene befassen. Auch in der Katastrophenvorsorge sind wir tätig", sagt Andrea Binder. Zu den Vorsorgemaßnahmen gehört es, Menschen in Gebieten, die immer wieder von Katastrophen heimgesucht werden, zu trainieren und zu bilden, damit sie besser mit den Gegebenheiten umgehen können.

Mittlerweile gehören wir zu den ausgewiesenen Organisationen, die sich mit WASH – also Wasser, Sanitär und Hygiene befassen. Auch in der Katastrophenvorsorge sind wir tätig.

Andrea Bindel Beraterin für globale Nothilfe und WASH

In Pakistan etwa baute Arche Nova in den vergangenen Jahren sogenannte Safe Points. Das sind, wie Andrea Binder erklärt, Erdaufschüttungen, auf denen Gebäude errichtet werden. "Die können die Menschen vor Ort dann als Schulen, Lager oder auch Gemeindehäuser nutzen – im Katastrophenfall, etwa bei Hochwasser, können sie und ihre Tiere dort unterkommen", sagt sie.

21 solcher Safe Points hat die Dresdner Hilfsorganisation gemeinsam mit den Menschen in Pakistan errichtet, manche trotzen in diesem Augenblick dem Hochwasser, das dort gerade das Land plagt.

Zu Pakistan hat Andrea Binder übrigens eine besondere Beziehung. Nach einem Erdbeben im Jahr 2005 reiste sie mit einem Hilfsteam in das Land und lernte dort ihren heutigen Mann Nasir Ahmed kennen. Der Sozialwissenschaftler lernte damals auch den 2018 verstorbenen Arche Nova-Gründer Sven Seifert kennen und begann mit ihm zu arbeiten. Dann lernte er Andrea Bindel kennen, aus Kollegen wurden Liebende. Und sie sind es noch heute.

Gemeinsam arbeiten sie und viele weitere Helferinnen und Helfer nicht nur aus Dresden daran, Menschen in Not mit Wasser, Sanitär- und Hygienemöglichkeiten, aber auch Bildung zu versorgen. Sie sind aktiv in sämtlichen Krisenherden, auch in der Ukraine, Syrien und dem Libanon. Weltweit. Gestützt wird ihre Arbeit mit Förderungen, zu einem großen Teil aber auch durch Spenden.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 09. Oktober 2022 | 19:00 Uhr

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