6 Monate kein Lohn Heimaufsicht: Pflegeheim in Riesa ist geräumt

30. November 2023, 15:51 Uhr

Die Stimmung bei den Beschäftigten im Pflegeheim Primavita in Riesa ist am Tiefpunkt. Seit mehr als einem halben Jahr arbeiteten sie, ohne dafür bezahlt zu werden. Der Geschäftsführer hat sie immer wieder hingehalten. Zuletzt hatten sie damit gedroht, die Arbeit niederzulegen, wenn kein Geld auf ihren Konten eingeht. Am Mittwoch ist auch eine letzte Frist verstrichen. Heimaufsicht und Heimleitung haben die Einrichtung deshalb am Donnerstag geräumt.

Das Primavita Pflegeheim in Riesa ist am Donnerstag von der Heimaufsicht geräumt worden. Fachdienstleiter Thomas Leibiger sagte MDR SACHSEN, alle 27 Bewohnerinnen und Bewohner seien in andere Pflegeeinrichtungen im Landkreis Meißen verlegt worden. Leibiger sprach von einer emotionalen Ausnahmesituation für alle Beteiligten. "Die Bewohner wollten nicht weg, sie mussten weg." Sie hätten auch nicht die Möglichkeit gehabt, sich darauf einstellen zu können.

Die Bewohner wollten nicht weg, sie mussten weg.

Thomas Leibiger Fachdienstleiter der Heimaufsicht beim Kommunalen Sozialverband Sachsen

Die Räumung sei dennoch gut gelaufen, die verbliebenen Pflegerinnen und Pfleger und auch der sozialpsychatrische Dienst hätten mitgeholfen, zu deeskalieren. "Das ist uns in den meisten Fällen gut gelungen." Auch die Heimaufsicht selbst habe einzelne Bewohner in andere Einrichtungen transportiert. In den neuen Einrichtungen sei das Entgegenkommen groß gewesen.

Mehr als 6 Monate kein Lohn

Die mehr als 20 Beschäftigten des Pflegeheimes in Riesa hatten zum Donnerstag (30.11.) den Dienst quittiert, weil ihnen ihre Löhne und Gehälter für fast sieben Monate nicht gezahlt wurden. Mehrere von ihnen hatten dagegen bereits erfolgreich vor dem Arbeitsgericht Dresden geklagt.

Landesarbeitsagentur schaltet sich in Dilemma ein

Am Donnerstag hat sich auch der Chef der Landesarbeitsagentur eingeschaltet. Klaus-Peter Hansen sagte MDR SACHSEN, er lasse jetzt klären, wie die Arbeitsagentur den betroffenen Beschäftigten helfen könne, an das ausstehende Geld und neue Arbeit zu kommen. Laut Heimaufsicht war auch die in Aussicht gestellte Teil-Zahlung an die Beschäftigten bis Mittwoch nicht erfolgt.

Öffentliche Hand kann nicht helfen

Die Räumung des Heimes sei die ultima ratio, also das letzte Mittel gewesen, weil die Beschäftigten des Pflegeheims die Arbeit niederlegten und die Versorgung daher nicht mehr gesichert sei, sagte die Sprecherin des Kommunalen Sozialverbandes Sachsen, Gabriele Reichel, MDR SACHSEN.

Die öffentliche Hand habe in diesem Fall keine Möglichkeit einzuspringen, um zu helfen. "Das hängt damit zusammen, dass es sich um einen privaten Anbieter einer Pflegeeinrichtung handelt", erklärte Reichel. Die Sicherstellung des Versorgungsauftrages liege grundsätzlich bei der Pflegeversicherung. Ansprechpartner seien jedoch auch die Angehörigen oder die gesetzlichen Betreuer.

"Die dürfen sich auch mit in die Pflicht genommen fühlen. Aber da haben wir aktuell wenig Kontakt beziehungsweise Rückmeldungen", sagte die Sprecherin. Mit Blick auf das Primavita in Riesa habe sie Informationen, dass sich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet habe. Es werde wegen versuchter Insolvenzverschleppung ermittelt.

Mitarbeiter des Pflegeheims: Stimmung am Tiefpunkt

Ein Mitarbeiter des Heims, der namentlich nicht genannt werden will, hatte MDR SACHSEN am Dienstag gesagt: "Die Stimmung der Mitarbeiter ist am Tiefpunkt". Emotional sei das für alle Beschäftigten sehr belastend. Um seine Zukunft sorge er sich dagegen weniger: "Kommt es zur Räumung des Heims, kann ich bereits am 1. Dezember in einer anderen Pflegeeinrichtung mit der Arbeit beginnen."

MDR (kbe/sth)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 29. November 2023 | 19:00 Uhr

30 Kommentare

Wessi am 30.11.2023

Nein @ ralf meier...Ihr Hauptanliegen ist, mit welchem Mittel auch immer, Migration zu diskreditieren.Mag sein, daß Ihnen die Alten nicht egal sind (so sie keinen Migrationshintergrund haben)...hier wenigstens spotteten Sie zynisch über eine eventuelle Weiterverwendung des Gebäudes und gingen auf die Senioren mit keinem Wort ein.

Anni22 am 30.11.2023

@ Reuter Nun eigentlich müsste das ja der Pflegebedürftige selber kaufen können, aber leider sind ja die Pflegekosten so hoch, dass bei sehr vielen die Rente nicht reicht. Dann bekommt der Heiminsasse sagenhafte 135 Euro Taschengeld, obwohl fast alle ein Leben lang gearbeitet haben.... Es ist ja eher einen Schande, dass die Angehörigen letztlich die Zahnpaste bezahlen müssen für die Heiminsassen, weil der Heiminsasse selber nichts mehr hat!

ralf meier am 30.11.2023

Es geht mir sehr wohl um das Wohl der Alten, wenn ich kritisiere, das der Staat diesen Alten nicht so schnell und unbürokratisch hilft, wie das in anderen Fällen der Fall ist

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