Festtagsessen 2022 Teurer Gänsebraten: Vorkasse, Gutscheine oder Ente statt Gans?

Teurer Gänsebraten: Wie viel kostet das Festtagsessen in diesem Jahr?

09. Oktober 2022, 08:45 Uhr

Ein Gastwirt in Dresden tischt Weihnachtsgans nur noch nach Vorbestellung und Vorkasse auf. Darüber berichteten Medien bundesweit. Anzahlungen bei Bestellungen von Frischfleisch in Geschäften sind durchaus üblich. Aber erst bezahlen, dann essen nun auch in Restaurants? Das sagen Anbieter und Gastronomen in Sachsen.

Ein Gastwirt in Dresden hat in diesem Herbst Martinsgans und Weihnachtsgans von der Karte genommen. "Der Einkaufspreis hat sich mehr als verdoppelt, sodass ich für eine Portion über 35 Euro nehmen müsste", sagte er im Interview mit der BILD. Wer dennoch bei ihm Gans essen wolle, müsse eine Woche vorher bestellen und Vorkasse leisten. Denn in den vergangenen Jahren hätten größere Gruppen Gans-Essen bei ihm bestellt, seien dann aber nur zu zweit oder gar nicht gekommen. Mit diesem Weg wolle er sich vor Ausfall schützen.

Ob das der richtige Weg ist, bezweifelt der geschäftsführende Gesellschafter des Ratskellers in Leipzig, Ingo Winkler. Auf ihn wirkt das "ein wenig ungastlich. Beim Friseur oder bei der Massage bezahle ich doch auch nicht Tage vorher für die Dienstleistung", meinte der Gastronom. Vorkasse verlangt sein 70-Mann-Betrieb gelegentlich von Reiseunternehmen, die er nicht kennt, die aber große Gruppen anmelden. Für Brunch-Veranstaltungen im Advent und zu Weihnachten verkauft der Ratskeller Genusstickets für Plätze. Komplett fertige Weihnachtsbraten-Menüs für zwei oder vier Personen können online bestellt, bezahlt und am Festtag persönlich abgeholt werden. "Aber Vorkasse für ein Abendessen zu zweit haben wir noch nie gemacht", sagte Winkler.

Gänse-Essen könnte deutlich teurer werden

Das Risiko, ob Gäste den bestellten Tisch nehmen oder nicht, trage der Gastronom immer, wenn er Bestellungen annimmt, meinte der Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Sachsen (DEHOGA), Axel Kein. Anzahlungen auf Speisen oder Menüs gebe es in Sachsen gelegentlich, "aber Vorkasse ist die Ausnahme". Laut Klein müsse jeder Gastronom für sich entscheiden, wie er mit gestiegenen Preisen für Geflügel umgehe.

Er erwartet, dass sich die zubereiteten Festessen mit Gans und Beilagen in diesem Winter verdoppeln werden. "Die Einkaufspreise der Rohware haben sich ja schon verdoppelt auf nunmehr elf bis 20 Euro pro Kilo Gans. Hinzu kommen gestiegene Preise für alle Zutaten, höhere Personalkosten und Energiepreise."

Ich denke nicht, dass wir bei der vegetarischen Ente landen werden.

Axel Klein Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Sachsen (DEHOGA)

Unklar, wie viele Mehrkosten beim Verbraucher landen

Wieviel genau eine Gänsekeule mit Rotkohl und Klößen dann kosten wird, werde sich Klein zufolge ab November zeigen. Das hänge von der Kalkulation der Gastwirte ab. Größere Firmen seien im Sommer schon auf Ente umgestiegen und böten Alternativen zur Weihnachtsgans an, weiß Klein. Preisanstiege hin oder her: Dass die Sachsen nun ganz auf ihren Festtagsbraten verzichten werden, erwartet der DEHOGA-Chef auch nicht: "Ich denke nicht, dass wir bei der vegetarischen Ente landen werden."

Gänseteller für 35 Euro?

"Unser Küchenchef stöhnt, weil er gerade die Preise berechnen soll", so Ingo Winkler vom Ratskeller in Leipzig. Im vorigen Jahr habe ein Gänse-Teller 23 bis 24 Euro gekostet. "Um die 30 Euro werden es sein. Das ist viel Geld." Von Kollegen in der Messestadt weiß er, dass sie 35 Euro veranschlagen. Zwar sei der Gänseeinkauf doppelt so teuer geworden im Vergleich zu 2021. Aber: "Das Ende der Fahnenstange bei den Gästen ist erreicht." Winkler setzt auf Mischkalkulation bei den Vorspeisen und Getränken. Enten seien nicht ganz so teuer geworden. Laut Winkler betrug dort der Anstieg im Einkauf 60 Prozent.

Unser Küchenchef stöhnt schon, weil er gerade die Preise berechnet.

Ingo Winkler Geschäftsführender Gesellschafter Ratskeller Leipzig

Der Gänsezüchter Lorenz Eskildsen, der bei Wermsdorf im Landkreis Nordsachsen Gänse aufzieht und im Advent auch als Gänsemenü zubereitet servieren lässt, sagte MDR SACHSEN: Wegen verschiedener Preisanpassungen seien Gänse auch bei ihm rund 15 Prozent teurer als noch 2021.

Das sind die Gründe für die Preissteigerungen:

  • Europaweit sind wegen massiver Vogelgrippe-Ausbrüche weniger Gänse auf dem Markt, die Tierbestände (Bio-Zucht ebenso wie konventionelle Zucht) müssen erst wieder aufgebaut werden. Nach Angaben der EU-Gesundheitsbehörde ECDC wurden während der Vogelgrippesaison 2021/2022 fast 2.500 Ausbrüche in Geflügelhaltungen festgestellt. 48 Millionen Tiere seien in den Haltungen gekeult worden. 37 Länder in Europa sind betroffen.
  • In Deutschland wurde der Mindestlohn zum 1. Oktober erhöht. Dadurch steigen die Personalkosten.
  • Wegen des Kriegs Russlands gegen die Ukraine wurde Futtergetreide knapper und damit teurer.
  • Gestiegene Energie- und Transportkosten wirken sich ebenfalls aus.

Anzahlungen für Frischfleisch ab Hof?

Wer eine Gans beim Erzeuger oder Händler ab Hof kaufen will, muss in diesem Jahr mit einem Preisanstieg von 15 bis 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr pro Gans rechnen. Auch im Gut Pesterwitz in Freital. Dort diskutiere man noch über den genauen Preis für die Gänse, die aus Meerane stammen, sagte Mitarbeiterin Carola Folde MDR SACHSEN. Um die 200 Gänse sollen im Advent verkauft werden. Seit Jahren verlangen die Foldes bei der Bestellung der Tiere auch eine Anzahlung. Bislang waren das zehn Euro. "Wir überlegen noch, ob wir die Anzahlung auf 20 Euro erhöhen."

Wir überlegen noch, ob wir die Anzahlung auf 20 Euro erhöhen.

Carola Folde Mitarbeiterin des Gutes Pesterwitz

"Ja, viele arbeiten mit Anzahlungen, aber wir machen das nicht", heißt es vom Bio-Gans-Gut in Schrebitz bei Döbeln. Der Familienbetrieb züchtet Bio-Gänse und beliefert bundesweit Bio-Höfe mit Tieren. Zwischen 600 bis 800 Gänse sollen vor Weihnachten auch für die Festtagsküchen verkauft werden. 2022 sind sie 15 Prozent teurer als im vorigen Jahr. Um die 100 Euro werde eine fünf Kilogramm schwere Bio-Gans kosten.

Wer seine Bestellung zum Termin nicht abholt, werde einmal von den Schrebitzern angerufen. "Meldet sich derjenige nicht, bekommt der nächste Kunde auf der Warteliste die Gans. Der freut sich." Eine Anzahlung würde wenig nützen. Das Geschäft mit Gänsen im Advent ähnele dem Weihnachtsbaumverkauf: "Auch wir müssen sehen, dass wir die Gans vor Weihnachten verkaufen."

Weihnachtsgans Auguste mit einer Weihnachtsmannmütze im Schnabel
Auch wenn es Weihnachtsgans Auguste besser erging, die meisten Gänse bei Händlern und Vermarktern müssen vor Weihnachten verkauft werden. (Archivfoto). Bildrechte: imago images / Sabine Gudath

MDR (kk)

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