Löwen-Nachwuchs im Zoo Leipzig
Ob die Löwen im Zoo Leipzig etwas vom Personalwechsel und den aktuellen Diskussionen mitbekommen? Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Zoo Leipzig Nach Versetzung von Tierpfleger Jörg Gräser: Was ist mit den Löwen?

28. Mai 2023, 13:00 Uhr

Die Versetzung des Tierpflegers Jörg Gräser im Leipziger Zoo hat großes Aufsehen verursacht. In einer Onlinepetition fordern die Fans die Rückkehr des "Löwenpapas". Der Mann war beliebt - auch bei "Elefant, Tiger & Co." (ETC) war er häufiger zu sehen. Zur Personalentscheidung äußert sich der Zoo nicht. Aber was ist mit den Löwen? Welche Folgen hat ein Pflegerwechsel für die Tiere? Das hat MDR SACHSEN den Löwenexperten Dr. Joachim Scholz vom Senckenberg Forschungsinstitut Frankfurt/Main gefragt.

In einer Online-Petition und in sozialen Medien setzen sich Fans des Tierpflegers Jörg Gräser für dessen Rückkehr zum Löwengehege des Zoos Leipzig ein. Der Mann war nach 36 Jahren von der Hausleitung in einen anderen Bereich versetzt worden. Seitdem fragen Fans auch immer wieder: Was ist mit den Löwen? Leiden die nicht auch unter dem Verlust ihrer Bezugsperson? "Selbstverständlich. Es sind soziale und hochintelligente Lebewesen", sagt der Löwen- und Artenschutz-Experte von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in Frankfurt am Main, Dr. Joachim Scholz.

Ein Mann sitzt an einem Schreibtisch und hält einen Tierschädel in seinen Händen. Es sit der Löwenexperte und Wissenschafter Dr. Joachim Scholz vom Senckenberg-Institut Frankfurt/Main. Der Schädel stammt von einem fossilen nordamerikanischen Löwen (Panthera leo atrox), die größte bislang bekannt gewordene Katzenart. Spitzenexemplare von Atrox wurden wohl an die 400 Kilogramm schwer. Die Art bzw. Unterart ist vor rund 10.000 Jahren ausgestorben. Der Schädel eines Wolfes, der davor liegt, sieht vergleichsweise wie eine Mücke aus.
Der Dozent und Wissenschaftler Joachim Scholz kennt die ausgeprägten Persönlichkeiten von Löwen und anderen Großkatzen. Auf dem Foto hält er einen fossilen Schädel des nordamerikanischen Löwen (Panthera leo atrox) in den Händen. Tiere dieser ausgestorbenen Art konnten bis zu 400 Kilogramm schwer werden. Bildrechte: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung/Sven Tränkner

Löwen merken Fehlen und Spannungen

Die Tiere bemerkten die Versetzung eines langjährigen Tierpfleger, wenn sie "keinen Kontakt mehr zur Bezugsperson" hätten. Auch Spannungen unter den Menschen selbst würden sehr wohl von den Tieren wahrgenommen. "Sie sind weder ohne Gefühle, noch Maschinen, die einfach nur auf Eingaben oder auf 'Futterspender' reagieren, sondern ausgeprägte Persönlichkeiten", sagt Scholz.

Geruchssinn: Löwen unterscheiden Menschen genau

Der Wissenschaftler sagt im Gespräch mit MDR SACHSEN, dass Löwen, Tiger und andere Großkatzen "Menschen individuell sehr genau unterscheiden und sich in sie hineinversetzen. Bei den Bezugspersonen des inneren Kreises geht vieles über den Geruchssinn. Da kann schon der Wechsel des Waschmittels Auswirkungen haben – auf einmal duftet die Jacke des vertrauten Menschen anders. Und dann kann auch schon mal leise geknurrt werden." Dies sei nur ein winziges Beispiel dafür, wie wichtig Gewohnheit und vertraute Umgebung für Löwen in menschlicher Obhut seien.

Sie sind weder ohne Gefühle, noch Maschinen, die einfach nur auf Eingaben oder auf "Futterspender" reagieren, sondern ausgeprägte Persönlichkeiten.

Joachim Scholz Löwen- und Artenschutzexperte am Senckenberginstitut Frankfurt/Main.

Auch wenn es individuelle Unterschiede von Löwe zu Löwe und Tierpfleger zu Tierpfleger gebe, steht für den Experten fest: "Einfach dürfte der Wechsel keinesfalls werden. Es wird bei den Tieren schon ein Weilchen dauern, bis eine neue Choreographie und Chronologie und Ruhe im Tagesablauf eingekehrt sind."

Experte hofft auf versöhnliches Ende in Leipzig

Über die aktuelle Debatte um die Versetzung des aus dem MDR-Fernsehen bekannten "Löwenpapas" und die Kommunikation des Zoos Leipzig, hat sich der Tierexperte auf der von Zoologen unterstützten Plattform zoos.media informiert und ausgetauscht. Dort las Scholz auch im Zusammenhang mit den Fan-Protesten das Wort "Lovestorm" für den langjährigen Tierpfleger. Und dieses Zitat: "Was wären die großen Artenschutzprojekte ohne Tierpfleger, die sich aufopfernd jeden Tag um diese Tiere kümmern? Sie wären nicht mal im Ansatz möglich." Dem ist aus seiner Sicht nur noch hinzuzufügen: "Hoffen wir in diesem Sinne und im Hinblick auf die institutionellen Verantwortung für den Artenschutz in Leipzig auf ein gutes und versöhnliches Ende."

Zoo Leipzig: Sensible Dinge bleiben Betriebsinterna

Der Zoo Leipzig hatte lange Zeit zur überraschenden Versetzung des 54-jährigen "Löwenpapas" geschwiegen. Im Gespräch mit dem MDR erklärte Direktor Jörg Junhold: "Unsere gelebte Praxis ist Transparenz. Es gibt aber auch Entscheidungen, da gehören Personalentscheidungen dazu, die sind Betriebsinterna und deshalb bitte ich um Verständnis, dass wir dazu nichts sagen können." Sensible Dinge würden nicht nach außen gegeben.

Petition: Fans fordern Rückkehr von Gräser

In einer Online-Petition fordern Fans seit gut einer Woche die Rückkehr des Tierpflegers aus dem Streichelgehege in sein angestammtes Löwen-Revier. Knapp 10.000 Menschen haben bislang (Stand: 27. Mai 2023) dafür unterschrieben. Ob das den Zoo zum Umdenken bringt? Bisher gibt es dafür keine Anzeichen. In einer der nächsten Folgen von "Elefant, Tiger & Co." solle der Wechsel Thema sein, sagte der Redakteur Jochen Vinzelberg.

MDR

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 25. Mai 2023 | 06:00 Uhr

13 Kommentare

lk2001 vor 47 Wochen

Keine Ahnung was dahinter steckt. Aber Menschen werden Krank, sie können die Leistung nicht mehr bringen die gefährliche Raubtiere von einem Fordern. Es läuft einem die Frau weg , Eltern sterben. Das Leben ab 50 hat oft Freude aber auch viel Leid und Schmerz. Wer unter Umständen nicht voll Konzentriert ist oder viele andere Sorgen hat ist bei Tieren die einen schneller Töten können bevor man um Hilfe rufen kann schlecht aufgehoben. Ich weiß nicht was da los ist , ich weiß aber wie schnell von einem Tag zum anderen alles was vorher war ohne Bedeutung wird. Nur Herr Gräser kann die Fragen beantworten. Der Zoo als sein Arbeitgeber hat Schweigepflicht.

Hello vor 47 Wochen

Sehr geehrte Damen und Herren der Zoodirektion, Tiere und Menschen haben eine besondere Affinität, auch ich bitte Sie herzlich Herrn Gräser wieder zu seinen geliebten Tieren zu geben! Nach 36 Jahren gehört er einfach dort hin. Ich kenne niemanden der so leidenschaftlich und mit viel Herz seinem Beruf nachgeht. Ich wünsche ihm alles Gute und viel Kraft, vor allem Glück das es klappt.

andr3 vor 47 Wochen

Wenn jemand jahrelange gute arbeitet leistet und dann versetzt wird, weil er ein Schieberegler offen gelassen hat und die Besucher im Zoo endlich mal sehen konnten, was Löwen in der Natur so oder so machen, ist das für mich kein Grund denjenigen von seinem Job zu entbinden.

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