Der Leipziger Maler und Grafiker Professor Werner Tübke im Jahr 1991 4 min
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Das Leipziger Tübke-Atelier zeigt zur Museumseröffnung eine Auswahl der Strandbilder des Malers. Und ein Frauenakt gibt der Kunstgeschichte Rätsel auf. Wolfgang Schilling mit einem Bericht.

MDR KULTUR - Das Radio Fr 24.05.2024 12:10Uhr 03:56 min

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Berühmter DDR-Maler Ehemaliges Atelier von Werner Tübke in Leipzig eröffnet als Museum

25. Mai 2024, 04:00 Uhr

Am 27. Mai 2004 starb der Maler Werner Tübke. 20 Jahre nach seinem Tod eröffnet nun ein Museum im ehemaligen Atelier des DDR-Künstlers in der Leipziger Springerstraße. Eine erste Ausstellung zeigt eine Auswahl teils noch nie in Deutschland gezeigter Strandbilder, denn das Motiv des Strandes mit seinen Menschen spielte eine große Rolle im Schaffen Werner Tübkes. Auch ein Bild, das der Kunstgeschichte bis heute Rätsel aufgibt, ist im neuen Museum "Tübke Atelier" zu sehen.

Leipzig bekommt ein neues Museum: das Tübke Atelier. Echte Leipziger Kunstfreunde im Allgemeinen und solchen, die in Werner Tübke ihr malerisches Idol gefunden haben im Besonderen, wird diese Nachricht erfreuen: Im ehemaligen Wohnhaus des Malers in der Leipziger Springerstrasse zieht unter dem Dach wieder museales Leben ein. So wie das schon einmal war, als die Tübke-Stiftung hier im ehemaligen Atelier des Meisters eine Ausstellung unterhielt. Doch die Stiftung und ihre Schätze sind im Jahr 2015 Richtung City abgewandert, wo sie im Museum der Bildenden Künste eine neue Heimat gefunden haben.

Blick in die ehemaligen Atelier- und Wohnräume von Werner Tübke
Blick in die ehemaligen Arbeits- und Wohnräume Werner Tübkes. Die Daueraustellung in der Springerstraße 5 in Leipzig-Gohlis zeigt die Räume, wie sie der 2004 verstorbene Maler und Grafiker hinterlassen hat. Bildrechte: Tübke Atelier e.V.

Das alte Wohnhaus gehört der Frankfurter Galerie Schwind, die hier ihre Leipziger Dependance unterhält und mit Hilfe eines Vereins wieder einen Ort eingerichtet hat, der zur neuen Pilgerstätte für Freunde der Kunst des Altmeisters werden könnte.

Aura des Malers dank Pfeife und Kittel

Allen, die hier früher schon mal waren, wird sofort auffallen, dass einiges aus dem früheren Atelier verschwunden ist – etwa die unglaubliche Sammlung von Feuerzeugen, die der Pfeifenraucher Werner Tübke mit geradezu manischer Lust in aller Welt zusammengetragen hatte. Die Zahl von 3.000 machte einmal die Runde. Wer nachzählen möchte, müsste sich an das Museum der Bildenden Künste wenden.

Ein Gemälde von Werner Tübke zeigt eine Gruppe von Menschen am Strand
Die "Figurengruppe am Strand" aus dem Jahr 1968 gehört zu den Bildern Werner Tübkes, die jetzt erstmals in Deutschland ausgestellt werden. Bildrechte: Galerie Schwind GmbH

Aber auch wenn der große, lichtdurchflutete Atelierraum jetzt etwas aufgeräumter wirkt, hat er doch vieles von der Aura des Malers bewahrt. An einem Haken hängt Tübkes alter Malkittel, man schaut auf Paletten, einen Zeichenkoffer für die Arbeit im Freien und auf seinen Schreibtisch – auch der ein Kunstwerk, freilich von Schreinerhand gefertigt.

Auswahl teils nie in Deutschland gezeigter Strandbilder Tübkes

Zur Wiedereröffnung wird eine feine und selbst Kenner überraschende Auswahl von Strandbildern Tübkes gezeigt. Denn dieser Ort, dieser Mikrokosmos, in dessen teilweiser oder absoluten Nacktheit der ihn bevölkernden Menschen sich gesellschaftliche Schichtungen schnell verschieben und der Mensch einfach Mensch und dem Künstler ein immer wieder wunderbares Motiv ist, hatte es dem Maler zeitlebens angetan.

Weitere Ausstellungen zum 20. Todestag Werner Tübkes (bitte aufklappen)

"Anfang und Ende"
13. Juli bis 3. November 2024
Panorama Museum Bad Frankenhausen
Am Schlachtberg 9 | 06567 Bad Frankenhausen

"Tübke und Italien"
noch bis 16. Juni 2024
Museum der bildenden Künste Leipzig
Katharinenstraße 10 | 04109 Leipzig

"Letzte Wahrnehmungen? Werner Tübke – Grafik"
noch bis 28. Juli 2024
Städtische Galerie Meiningen
Bernhardstraße 3 | 98617 Meiningen

"Welttheater Wolfsschlucht"
13. Juni bis zum 15. September 2024
Theatermuseum Meiningen
Schlossplatz 1 | 98617 Meiningen

Hier übte er schon als junger Mann. Hierhin zog es ihn später als Professor mit seinen Studenten und selbst in seinen letzten Lebensjahren wurde er noch am Strand von Warnemünde beim Skizzieren und Aquarellieren beobachtet. Kunstwerke aus all diesen künstlerischen und Lebensepochen sind in der Ausstellung zu sehen. Darunter auch solche, die noch nie in Deutschland gezeigt wurden. Wie zum Beispiel die beeindruckende "Figurengruppe am Strand" aus dem Jahr 1968, die Tübke Anfang der 1970er-Jahre in Italien zeigen und dort an einen Privatsammler verkaufen konnte.

Blick in die ehemaligen Wohn- und Arbeitsräume des Malers Werner Tübke
Die Dauerausstellung im Leipziger Museum Tübke Atelier gibt Einblicke in private Gewohnheiten und Arbeitsvorgänge des berühmten DDR-Künstlers. Bildrechte: Tübke Atelier e.V.

Altmeisterliche Wut? Ein Frauenakt gibt Rätsel auf

Und noch ein zweites prächtiges Bild aus dieser Zeit ist zu sehen – eins, das der Kunstgeschichte bis heute Rätsel aufgibt: Ein großer, stehender Frauenakt, flankiert von zwei an Renaissance-Vorhänge erinnernde Tücher, die sich beim zweiten Blick als Markisen von Strandkörben entpuppen. Doch das wirklich Mysteriöse an diesem Bild ist, dass Tübke den Kopf der Frau nachträglich übermalt und dabei, muss man sagen, verunstaltet hat.

Warum? "Das ist eine bis heute unaufgelöste Frage", erklärt Stefanie Michels, Kunstwissenschaftlerin bei der Galerie im Erdgeschoss und Frau mit Schlüsselgewalt im Atelier unter dem Dach. "Er hat das Bild damals auch in Italien gezeigt, es wurde aber nicht verkauft. Vielleicht hat ihn das so wütend gemacht. Wir wissen es nicht."

Gemälde einer nackten Frau am Strand, die den Kopf leicht zur Seite neigt
Mit dem Bild "Großer stehender weiblicher Akt" aus dem Jahr 1968 gibt der Maler Werner Tübke der Kunstgeschichte bis heute Rätsel auf. Bildrechte: Galerie Schwind GmbH

Auf jeden Fall hat er das Bild bis zu seinem Tod selbst behalten und hier im Atelier aufbewahrt. Erst nach seinem Tod im Jahr 2004 hat es seine Witwe Brigitte Tübke-Schellenberger an einen Sammler verkauft, der es von einem Restaurator wieder in seinen Urzustand zurückversetzen ließ. Nun ist es mit seiner kuriosen Geschichte Teil des Museums Tübke Atelier. Was würde der Meister wohl dazu sagen?

Weitere Informationen zum Museum Tübke Atelier

Tübke Atelier e. V.
Springerstraße 5 | 04105 Leipzig

Öffnungszeiten ab 25. Mai 2024:
Di bis Fr 10 - 18 Uhr, Sa 10 - 14 Uhr
Eintritt frei

Quelle: MDR KULTUR (Wolfgang Schilling), dpa
Redaktionelle Bearbeitung: jb, tmk

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 25. Mai 2024 | 19:00 Uhr

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