Prozessakten liegen vor der Entscheidungsverkündung im Prozess um Beteiligungen an den Einnahmen der Filme «Keinohrhasen» und «Zweiohrküken» von Schauspieler und Regisseur Schweiger im Saal.
In einer Verhandlung sind ein ehemaliger Mitarbeiter des Solar-Unternehmens Enpal und das Unternehmen vorerst zu keiner Übereinkunft gekommen. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

Arbeitsgericht Leipzig Güteverhandlung zwischen Solar-Startup Enpal und Ex-Mitarbeiter in Leipzig gescheitert

11. März 2024, 18:51 Uhr

Das Solar-Startup Enpal hat sich ehrgeizige Ziele gesteckt. Nach eigenen Angaben will das Unternehmen nichts Geringeres, als die Energiewende für alle zu ermöglichen und erschwinglich zu machen. Das geschehe auf Kosten der Mitarbeitenden, werfen ehemalige Angestellte der Solarfirma vor. Einer fordert nun vom Unternehmen Nachzahlungen. Eine Güteverhandlung scheiterte am Montag.

Die Verhandlungen um Gehaltsansprüche zwischen einem ehemaligen Mitarbeiter des Solar-Startups Enpal und dem Unternehmen sind vorerst gescheitert. Wie der ehemalige Mitarbeiter Aaron Konopatzki am Ende der Verhandlung MDR SACHSEN sagte, konnten sich die Konfliktparteien in einer sogenannten Güteverhandlung am Montag nicht einigen. Konopatzki lässt sich durch die Gewerkschaft Freie Arbeiter*innen Union (FAU) vertreten. Die FAU fordert nach eigenen Angaben von dem Unternehmen ausstehende Gehaltsansprüche für ihr Mitglied Aaron Konopatzki. Die FAU wird vom sächsischen Verfassungsschutz als anarchistische Gruppe eingestuft.

Der ehemalige Enpal-Angestellte wirft dem Unternehmen vor, Urlaubsgeld, Lohn und Provisionen nicht vollständig gezahlt zu haben. Es gehe um einen Streitwert von 12.000 Euro. Das Unternehmen zeigte sich laut Konopatzki am Montag bereit, die Hälfte zu zahlen. Die Klägerseite besteht auf den Gesamtwert. Wenn sich Enpal und der Ex-Mitarbeiter Konopatzki bis September nicht einigen, kommt es zum Prozess. Der erste Gerichtstag ist für den 19. September angesetzt.

Klägerseite nach Verhandlung zufrieden

Nach dem Verhandlungstag zeigt sich Aaron Konopatzki dennoch zufrieden. Das Unternehmen habe zugegeben, dass die Ausgleichszahlungen von Provisionen im Urlaubs- und Krankheitsfall nicht erfolgten. Solche Zahlungen sind gesetzlich vorgeschrieben, bei Enpal offenbar aber nicht gezahlt worden.

"Das ist für alle Beschäftigten im Vertrieb von Enpal relevant", so Konopatzki. Denn die fehlenden Ausgleichszahlungen hätten dazu geführt, dass Enpal-Mitarbeitende auch an Kranken- oder Urlaubstagen gearbeitet hätten. Nach Angaben von Konopatzki erhalten Mitarbeitende ein relativ geringes Grundgehalt, sodass man auf die Provisionszahlungen angewiesen sei. "Dass das falsch ist und das nachgezahlt werden muss, ist hier heute quasi eingestanden worden", meint Konopatzki. Es gehe jetzt nur um "Detailfragen", etwa um die Höhe des Streitwertes.

Ein Mann schaut in die Kamera.
Aaron Konopatzki ist mit dem Verhandlungstag in Leipzig zufrieden. Nach seiner Aussage habe sein ehemaliger Arbeitgeber Enpal Fehler zugegeben. Bildrechte: MDR/Roland Kühnke

Dass das falsch ist und das nachgezahlt werden muss, ist hier heute quasi eingestanden worden.

Aaron Konopatzki ehemaliger Mitarbeiter von Enpal.

Ex-Mitarbeiter spricht von "toxischem Arbeitsverhältnis"

Nach Erfahrung von Aaron Konopatzki sei es nicht möglich gewesen, wegen des Leistungsdrucks ohne Überstunden bei Enpal zu arbeiten. Wer nicht genügend Verkaufsabschlüsse erzielte, sei zur Mehrarbeit aufgefordert worden. "Zumindest im Vertrieb ist es nicht möglich, ohne Überstunden zu arbeiten. Diese werden grundsätzlich nicht bezahlt", schildert der 23-Jährige. Konopatzki bezeichnet es als "toxisches Arbeitsverhältnis", in denen sich viele der sehr jungen Mitarbeitenden wiederfänden. Er habe psychischen Druck erlebt, für Wochenendarbeit habe es keinen Ausgleich gegeben. "Es war ein Klima des Drucks und der Überwachung", sagt Konopatzki.

Vorwürfe von weiterer Mitarbeiterin

Eine weitere Mitarbeiterin, die anonym bleiben will, erhob im Gespräch mit MDR Investigativ ebenfalls Vorwürfe gegen Enpal. Sie habe teilweise 60 Stunden in der Woche gearbeitet, auch am Wochenende. Ausgleichstage habe sie sich nicht getraut zu nehmen. "Der enorme Druck wurde damit gerechtfertigt, dass man ja keine Zeit habe – die Klimakatastrophe naht, und wir müssen, müssen, müssen verkaufen", sagte die Ex-Mitarbeiterin. Auch ihr seien Provisionszahlungen vorenthalten worden. Deswegen habe sie schließlich gekündigt.

Startup mit ehrgeizigen Zielen

Auf Anfrage des MDR möchte sich ENPAL zu den von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erhobenen Vorwürfen nicht öffentlich äußern. Das Unternehmen teilt jedoch mit: "Unser Erfolg ist das Ergebnis der täglichen Arbeit unserer Beschäftigten. Schon daher liegt uns die Mitarbeiterzufriedenheit sehr am Herzen. In einem großen Unternehmen kommt es leider gelegentlich auch zu menschlichen Fehlern, die wir aber nach Kräften vermeiden und umgehend korrigieren."

Das Solar-Unternehmen Enpal wurde 2017 gegründet. Das Berliner Startup hat sich nach eigenen Angaben zum Ziel gesetzt, die Energiewende für alle zu ermöglichen. Das Unternehmen produziert in China Solarmodule und kümmert sich vor allem in Deutschland um die Installation von PV-Anlagen. Nach eigenen Angaben ermöglichte Enpal im vergangenen Jahr 30.000 Kundinnen und Kunden selbst Strom zu produzieren.

Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Fassung des Artikels fehlte die Stellungnahme des beklagten Unternehmens Enpal. Diese haben wir ergänzt.

MDR (phb/rkü)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Leipzig | 11. März 2024 | 14:30 Uhr

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