Hochwasser Die Stadt ein Schwamm: Wie in Thüringen Überschwemmungen verhindert werden sollen
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05. Oktober 2024, 13:54 Uhr
Im September haben Regenfälle in Sachsen, Österreich, Polen und Tschechien zu verheerendem Hochwasser geführt. Überschwemmungen können teilweise verhindert werden, indem das Regenwasser nicht in die Bäche und Flüsse fließt, sondern im Boden versickert oder zurückgehalten wird. Die Fachhochschule Erfurt und die Stadt Mühlhausen zeigen mit Projekten, wie das funktioniert.
Der Rasen im Innenhof der Fachhochschule Erfurt hat mehrere Mulden, die das Regenwasser auffangen sollen. Sie sehen aus wie kleine Teiche ohne Wasser: flache Löcher oder Senken, etwa 30 Zentimeter tief. Der Boden wirkt sandig und ist aus besonders wasserdurchlässigen Substrat. Ein paar Pflanzen wachsen in den Mulden: große Staudensonneblumen oder kleine Astern.
Sie sollen Regenwasser aufnehmen wie Schwämme - und das klappt auch, erklärt Landschaftsbau-Professor Axel Klapka von der Fachhochschule Erfurt: "Wir haben das mit einem dicken Feuerwehrschlauch, einem C-Rohr, ausprobiert."
Das Ergebnis war: Es hat sehr, sehr lange gedauert, bis die Mulde vollgelaufen ist, und der Ablauf war sehr schnell. Das Regenwasser fließt so nicht in die Kanalisation, wo es Überschwemmungen verursachen kann. Im Gegenteil: Es gelangt ins Grundwasser und nützt dann den Pflanzen.
Wo gibt es weitere Schwamm-Projekte?
In Thüringen sieht sich Mühlhausen im Unstrut-Hainich-Kreis als Schwammstadt und hat vor zwei Jahren den Parkplatz am Schwanenteich so angelegt. Zuerst sah die Fläche zwischen den Parkflächen eher aus wie unfertige Baustellen. Mittlerweile sind sie bewachsen und fallen nicht mehr so auf. Mühlhausen plant weitere Mulden - und das machen auch andere Städte.
Nach Angaben von Professor Axel Klapka machen Landschaftsplaner mittlerweile bei jedem neuen kommunalen Projekt Konzepte für Mulden oder Rückhaltebecken: "In Berlin gibt es beispielweise eine Regelung, dass man da nicht mehr an die Kanalisation anschließen darf." Alles Regenwasser müsse aufgefangen werden und versickern können.
Nicht einfach ein Loch: Richtige Pflanzen und richtiges Material
Doch wie legt man eine Mulde an, die als Schwamm wirkt? Dafür muss zuerst ein Loch gegraben und ein durchlässiges Substrat hineingegeben werden. Lehmige Erde oder Ton sind nicht geeignet, Sand dagegen schon. Jonas Reif, Professor für Pflanzenverwendung und Vegetationstechnik an der Fachhochschule Erfurt, hat geeignete Pflanzen getestet. Denn die müssen einerseits mit Trockenheit gut klarkommen und andererseits auch einige Tage im Wasser stehen können.
Schutz vor Überschwemmung sieht auch noch gut aus
"Hohe Staudensonnenblumen haben diese Bedingungen gut vertragen und wir haben verschiedene Astern, die solche Situationen gut aushalten", berichtet Reif. Außerdem Minze, Seggen (Gräser), Sumpfwolfsmilch und der Kerzenknöterich "Rosea".
In der Fachhochschule Erfurt und am Parkplatz Mühlhausen sieht man: Diese Mulden halten nicht nur das Regenwasser auf, sie sehen auch gut aus.
MDR (jn)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 05. Oktober 2024 | 19:00 Uhr
Deutscher_Patriot vor 3 Wochen
Wieso denn das?
Wenn wir in Erfurt und flußabwärts die Gera begradigen und ausbaggern, so kann doch das Regenwasser aus Erfurt viel besser abfließen.
Und dann gibt es kein Hochwasser bei uns.
So hat man das doch früher immer schon so gemacht.
augu vor 3 Wochen
OK, Speicher unter Straßen, Parkplätzen... sind tatsächlich nur mit hohem Aufwand und Kosten herzustellen. Bei den einfachen Mulden, die Starkregenwasser speichern und langsam in den Untergrund abgeben, müsste es aber zumindest einen Sammeleffekt geben, d.h. Oberflächenwasser der höheren Umgebung fließt in die Mulde, wenn diese Mulde in einer Talsenke angelegt wurde. Davon war im Artikel aber nicht die Rede und dies beschränkt die Anwendung wesentlich, da dann nicht an jeder beliebigen Stelle in der Stadt solch eine Sammelmulde angelegt werden kann.
nilux vor 4 Wochen
Der Beitrag klingt wie ein Bericht über ein Kitaprojekt. Selbstverständlich muss Regenwasser möglichst an Ort und Stelle im Boden versickern und in den meisten Gegenden (wie z.B. bei uns in der Region Magdeburg) ist das für Neubauten auch vorgeschrieben.
Ich habe für mein Eigenheim 2m² handelsübliche Sickertunnel unter die Erde gebrachte, darüber ist Rasen und sie leisten seit 12 Jahren ihren Dienst.
Laut Herstellerangaben sind die Dinger sogar befahrbar.
Was ich alleine für mein Grundstück geschafft habe wird eine Stadt ja wohl auch hinbekommen, oder?