Verkehr Deutsche Bahn baut Knoten Gößnitz um

28. Juni 2022, 11:17 Uhr

Von den alten Abstellgleisen ist schon nichts mehr zu sehen. Wo früher Güterwagen rangiert wurden, haben jetzt die Bagger das Sagen. Dienstag fiel symbolisch eine der alten Bahnhofslaternen auf dem Bahnhof Gößnitz. Die Oberleitungen sind schon einige Zeit abgebaut. Wo jetzt noch riesige Schotterhalden liegen, sollen in spätestens vier Jahren wieder Züge rollen.

Porträt-Collage MDR THÜRINGEN-Regionalreporter Andreas Dreißel
Bildrechte: MDR/Daniela Dufft

Die alte Bahnhofslaterne hat ausgedient, die Gäste verfolgen aufmerksam das Schauspiel. Doch wer die Bauarbeiten an der Sachsen-Franken-Magistrale der Deutschen Bahn aufmerksam verfolgt, weiß: schon vor Wochen rückten auf dem Gößnitzer Bahnhof die Bagger an. Die alten Rangiergleise mussten verschwinden, denn der neue Bahnhof braucht mehr Platz. Nicht nur, weil laut Bahn die Zahl der Fahrgäste steigen wird und mehr Personenzüge über den Knoten Gößnitz fahren sollen. Auch mehr Güter sollen über den Knoten im Altenburger Land rollen.

Das bringt die alte Technik auf dem Bahnhof Gößnitz an ihre Grenzen. Sie wird noch vom Stellwerk vor Ort gesteuert und ist mit den digitalen Signalnetzen der Bahn nicht kompatibel. Deshalb werden in den nächsten vier Jahren nicht nur Gleise, Weichen und Oberleitungen getauscht, sondern auch die gesamte Signaltechnik. Ein neues elektronisches Stellwerk wird später direkt aus der Zentrale in Leipzig gesteuert. Dann können Züge in kürzeren Abständen fahren. 2026 soll es soweit sein.

330 Millionen Euro für neuen Bahnhof in Gößnitz

In Gößnitz kreuzen sich Sachsen-Franken-Magistrale und Mitte-Deutschland-Verbindung. Der zentrale Punkt ist wichtig für die Bahn, denn von hier aus gelangen Reisende in alle Himmelsrichtungen quer durch Europa. Damit die Pläne der Bahn aufgehen, wurde seit 2019 auch auf der freien Strecke gebaut. Insgesamt fließen 330 Millionen Euro in den Abschnitt zwischen Lehndorf in Thüringen und dem sächsischen Crimmitschau. Neue Gleise, Oberleitungen und einige neue Brücken entstanden in dieser Zeit. Hier können die Züge seit Kurzem mit Tempo 160 fahren.

Südlich von Gößnitz sollen die Bauarbeiten 2024 beginnen. Die sieben Kilometer Gleis vor und nach der sächsischen Landesgrenze bilden den Abschluss des Projektes. Bis dahin konzentrieren sich die Bauarbeiter ganz auf den Bahnhof Gößnitz.

Hier soll der einst längste Bahnsteig Deutschlands im Zuge der Bauarbeiten verschwinden. Bisher konnten hier zwei Züge hintereinander halten, komplizierte Doppelweichen sorgten für den Gleiswechsel. Jetzt entstehen auf dem Gelände zwei neue Bahnsteige, die barrierefrei erreichbar sind. Dann gelangen die Fahrgäste vom Busbahnhof, der auf die andere Seite des Bahnhofs wechselt, über eine Rampe und die neue Bahnhofsunterführung zu ihren Zügen.

Bahnhof bleibt trotz Bauarbeiten in Betrieb

Vom alten Bahnsteig schauen Reisende interessiert hinüber zu den Bauarbeitern auf dem Bahngelände. Sie warten auf die S-Bahn von Halle nach Zwickau. Kurze Fahrzeiten und enge Taktung der Züge sind schon jetzt ein Argument im Altenburger Land, entlang der Strecke auf die Bahn umzusteigen. In Gößnitz halten stündlich zwischen vier und fünf Zügen, die Leipzig, Erfurt, Hof und Zwickau miteinander verbinden. Und das soll auch während der Bauzeit so bleiben.
„Wir bauen unter rollendem Rad“, sagt Projektleiter Harald Dix. „Der Bahnhof wird während der gesamten Bauzeit in Betrieb bleiben.“ Die Fahrgäste müssen sich trotzdem auf kürzere Sperrungen einstellen. Schon im nächsten Sommer geht es hier drei Monate lang nur im Schienenersatzverkehr, dann geht das neue Stellwerk in Betrieb.

Autozüge sollen hier künftig rollen

Doch nicht nur die Reisenden beobachten gespannt, wie es mit den Bauarbeiten vorangehen wird. Auch nördlich des Bahnhofs ist man auf einen reibungslosen Ablauf angewiesen. Hier steht der Umschlagplatz eines großen Automobiltransportunternehmens. Drei Gleise führen zum Gelände, am Ende stehen Rampen, über die Pkws und Transporter von den Zügen rollen können. Schon im Oktober baut die Bahn neben der Strecke ein Provisorium für die Autozüge. Für Planer und Bauarbeiter ist das Projekt eine Mammutaufgabe. Das wird auch daran deutlich, dass das gesamte Bahnhofsgelände in Zukunft sechzig Zentimeter höher liegen soll. Als Grund gibt die Bahn den Hochwasserschutz an, das Gelände soll für ein hundertjähriges Hochwasser fit gemacht werden.

Bis es soweit ist, müssen die Bagger noch viel Material auf dem Gelände bewegen. Neben dem alten Bahnsteig fährt inzwischen eine riesige Ramme in Position. Sie soll in den nächsten Tagen Spundwände in den Boden bringen. Dann können die Arbeiten am ersten der beiden neuen Bahnsteige beginnen.

(ifl)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 28. Juni 2022 | 19:00 Uhr

5 Kommentare

GEWY am 29.06.2022

@ Harka, sie haben es auf den Punkt gebracht, "bessere Nebenbahn", aber das erst nach 1990. Denn diese Strecke gehörte als Hauptstrecke (Karlex, Sachsenring) zum Sachsendreieck (DD-C-Z-L-DD). Danach vergessen, wie eben auch die Tradition, ist sie nun ein "Ast". Und die Mitte-Deutschland-Linie, die ja auch geopfert wurde und die eigentlich in Glauchau auf die Sachsen-Franken-Magistrale trifft, kreuzt eben heute diese in Gößnitz und nicht das Sachsendreieck. Wir müssen damit leben, denn es wird festgelegt, dass es sinnvoll ist.

Harka2 am 28.06.2022

Ok, man kommt auf der Trasse von Sachsen nach Franken, aber mit der historischen Strecke hat diese bessere Nebenbahn nicht viel zu tun. Hochwertigen Fernverkehr gibt es auch nicht. Die erwähnten Autozüge sind keine im klassischen Sinn, also keine Personenzüge mit Autoverladung. Soetwas bietet die DB schon gar lange gar nicht mehr an. Hier geht es nur um einen Umschlagplatz für die Industrie

GEWY am 28.06.2022

Nachdem Sie meine Antwort auf Ihre Erklärung nicht veröffentlicht haben, vielleicht noch mal eine andere Version in Kurzform.
Die DB hat seit 1990 beim Ausbau der Sachsen-Franken-Magistrale nicht nur total versagt, sondern den bestehenden Fernverkehr komplett eingestellt. Um den Menschen suggerieren zu können, wir bauen ja jetzt, integriert man einfach eine Nebenstrecke, die damit überhaupt nichts zu tun hat namentlich, und kann somit die Leute belügen in dem man ihnen vorgaukelt, dass man jetzt auf der Sachsen-Franken-Magistrale baut. Der MDR findet das sinnvoll.

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