Ein arbeitet an einem Schreibtisch in einem Büro.
Seit 2012 war Thomas Fügmann Landrat im Saale-Orla-Kreis. Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel

Landratswahlen Zwölf Jahre als Landrat des Saale-Orla-Kreises: Thomas Fügmann geht in den Ruhestand

12. Dezember 2023, 20:00 Uhr

Der Saale-Orla-Kreis eröffnet das Superwahljahr 2024 schon im Januar. Dann wird hier ein neuer Landrat gewählt und Amtsinhaber Thomas Fügmann darf nicht mehr antreten.

Der Schreibtisch sieht schon ein wenig aufgeräumt aus, doch Landrat Thomas Fügmann lässt keinen Platz für Spekulationen. Bis zum 8. Februar will er sein Amt gewissenhaft ausführen, sagt er. So wie in den vergangenen zwölf Jahren.

Eines seiner ersten Projekte war die Sanierung des Pößnecker Gymnasiums. Acht Millionen Euro flossen in das denkmalgeschützte Gebäude. Insgesamt waren es über 50 Millionen Euro, die der Landkreis in die Schulen steckte. Eine Herzensangelegenheit für den Landrat und früheren Mathelehrer, der lange auch das Schulamt in Ostthüringen leitete.

"Wir haben alle vier Gymnasien saniert", sagt Fügmann. "Außerdem konnten wir das Schulzentrum in Bad Lobenstein errichten, die Gemeinschaftsschule Triptis und die Regelschule Oppurg sanieren." Nicht überall ist die Infrastruktur in guter Verfassung. Aktuell gibt es Streit um den schlechten Zustand einiger Turnhallen wie der in Pößneck-Ost.

Trotzdem ist der Landrat stolz auf das bisher Erreichte. "Noch eine Legislaturperiode, dann ist das Schulsanierungsprogramm abgeschlossen", so Thomas Fügmann.

Ein arbeitet an einem Schreibtisch in einem Büro.
Thomas Fügmann hofft auf einen Nachfolger, der den Landkreis gestaltet und nicht nur verwaltet. Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel

Investitionen in Brand- und Katastrophenschutz

Außerdem sieht der scheidende Landrat die regelmäßigen Investitionen in den Brand- und Katastrophenschutz als Erfolg. Und als notwendig, denn 2019 zeigte der Waldbrand am Heinrichstein am Bleilochstausee, wie wichtig eine gute Ausrüstung der Feuerwehrleute ist.

Damals kämpften nicht nur Feuerwehren aus der Region, sondern auch aus dem benachbarten Unterfranken tagelang gegen die Flammen. Auch ein Löschhubschrauber kam zum Einsatz. "Das war eine schwierige Entscheidung, den Katastrophenfall auszurufen", sagt Fügmann. "Wäre meine Entscheidung falsch gewesen, hätten wir zum Beispiel den Hubschraubereinsatz selbst bezahlen müssen."

Große Herausforderung die Unterbringung von Flüchtlingen

Wenn es um die großen Herausforderungen seiner Amtszeit geht, fallen Thomas Fügmann auch 2015 und 2022 ein, als auch in den Saale-Orla-Kreis viele Geflüchtete kamen. Sie mussten zum Teil in Turnhallen leben. Eine Entscheidung, die auch für Kritik und Unverständnis im Landkreis sorgte.

Inzwischen läuft die Unterbringung der Geflüchteten laut Landrat in geordneten Bahnen. Sorgen bereitet ihm dagegen der immer noch schleppende Deutsch-Unterricht für die "Neuen". Es gäbe immer noch zu wenig Lehrer, um allen schnell Deutsch-Kenntnisse zu vermitteln. Das hindere viele auch daran, schnell einen Arbeitsplatz zu finden.

Viele Unternehmen im Landkreis suchen händeringend Arbeitskräfte, vor allem in der Produktion. Doch diese Plätze werden nicht sehr gut bezahlt. Ein Grund, warum der Saale-Orla-Kreis in der Lohnstatistik immer noch hinterherhinkt. "Viele Unternehmen zahlen inzwischen mehr, aber wir sind immer noch Niedriglohngebiet", sagt Fügmann, der nach eigenen Worten in den letzten zwölf Jahren das Thema auch immer bei Unternehmensbesuchen angesprochen hat.

"Uns fehlen hier leider viele besser bezahlte Arbeitsstellen, auch von Bundes- und Landesbehörden. Der Freistaat Bayern macht es uns vor, wie man solche Arbeitsplätze in die Fläche bringt und damit auch Kaufkraft generiert."

Erster Corona-Patient in Thüringen im Saale-Orla-Kreis registriert

Nicht nur die beiden Flüchtlingskrisen, auch die Corona-Pandemie stellte die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landratsamt vor große Herausforderungen. Nachdem der erste Corona-Patient Thüringens im Saale-Orla-Kreis registriert wurde, nahm das Infektionsgeschehen schnell Fahrt auf.

Zeitweise kamen die Mitarbeiter nicht mehr mit der Information positiv Getesteter hinterher. Im Krisenstab jagte eine Sitzung die andere. Eine Zeit, die sich Thomas Fügmann nicht zurückwünscht. Auch wenn er über das Engagement seiner Mitarbeiter froh ist.

Auch Schleizer Krankenhaus war Erfolg

Auch den Kampf um das Schleizer Krankenhaus dürfte Fügmann wohl als Erfolg verbuchen. Nachdem dort mehrere Stationen geschlossen wurden, stand sogar die Schließung des Hauses im Raum.

In Schleiz demonstrierten die Einwohner gegen den Verlust einer Klinik in der Wisentastadt. Mit dem Kauf des Krankenhauses durch die Sternbach-Kliniken im Jahr 2021 nahm die Hängepartie ein Ende. Inzwischen ist das Haus wieder als Grundversorger für medizinische Behandlungen etabliert.

Nicht alle Projekte seiner Amtszeiten waren Erfolg

Doch nicht alle Projekte konnte der Landrat in seinen beiden Amtszeiten umsetzen. In Sachen Tourismus hätte sich Thomas Fügmann mehr erhofft, sagt er. Und nennt den gemeinsamen Tourismus-Zweckverband mit dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt als Beispiel.

Immerhin: zwölf Projekte seien inzwischen umgesetzt. Doch manches steckt noch in den Kinderschuhen, auch weil die vielen Akteure in den beiden Landkreisen nur schwer unter einen Hut zu bringen sind. Außerdem habe sich die Förderkulisse verändert, sagt Fügmann. Inzwischen müssten Kommunen um die vierzig Prozent Eigenmittel aufbringen. Das sei für viele vor dem Hintergrund knapper Kassen nicht mehr zu stemmen. Projekte bleiben liegen.

Menschen im Saale-Orla-Kreis bewerten Fügmanns Amtszeit unterschiedlich

Im Rückblick würde Thomas Fügmann sich für seine beiden Amtszeiten eine gute Schulnote "Zwei" geben. Das Urteil im Landkreis fällt allerdings etwas differenzierter aus. Bei unserer Umfrage gaben ihm die Bewohner aus verschiedenen Landkreisregionen im Schnitt die Note "Drei". Von "Eins" bis "Sechs" war allerdings alles dabei.

Viele Befragte meinten, dass Thomas Fügmann und seine Verwaltung vor allem in der Coronapandemie und in der Flüchtlingskrise keine gute Figur gemacht hätten. Auch sei generell in den zwölf Jahren im Landkreis nicht viel passiert. Andere sprechen von guten Fortschritten und positiven Erfahrungen mit dem Landrat.

Thomas Fügmann will sich im Ruhestand nun mehr seiner Familie und den vier Enkeln widmen. Und seiner Leidenschaft für Zweiräder nachgehen, die in den letzten Jahren zu kurz kam, wie er sagt. "Man muss wissen, wann Schluss ist", sagt Fügmann, der auch nicht wieder zur Wahl angetreten wäre, wenn es die Möglichkeit gegeben hätte.

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Drei Männer und eine Frau bewerben sich um den Chefsessel im Landratsamt des Saale-Orla-Kreises. Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel

Landratswahlen in Thüringen Generationswechsel für CDU

Für die CDU stellen die Landratswahlen in Thüringen einen Generationswechsel dar. Von neun CDU-Landräten dürfen sieben nicht mehr antreten. Der Ausgang der Wahlen ist offen. Im Saale-Orla-Kreis treten vier Bewerberinnen und Bewerber gegeneinander an. Thomas Fügmann rechnet mit einer Stichwahl Ende Januar. Eine Prognose möchte er nicht abgeben, wünscht sich aber von den Kandidaten, Landkreis-Themen auf die Tagesordnung zu setzen und den Saale-Orla-Kreis nicht nur zu verwalten, sondern auch zu gestalten.

Der scheidende Landrat sieht den Kreis gut aufgestellt. In den zwölf Jahren seien die Schulden um rund vierzig Prozent gesunken, sagt Fügmann. Außerdem fielen in den nächsten Jahren weitere Belastungen weg, der Saale-Orla-Kreis sei handlungs- und lebensfähig. Auch deshalb ist Fügmann froh, dass die geplante Gebietsreform Geschichte ist. Damals sollte der Saale-Orla-Kreis mit den Landkreisen Saale-Holzland und Saalfeld-Rudolstadt fusionieren.

Den Bürgermeistern im Landkreis macht Thomas Fügmann allerdings wenig Hoffnung, dass die Kreisumlage in den nächsten Jahren sinken wird. "Wir haben eine große Fläche mit vielen Schulen, Kreisstraßen und weiterer Infrastruktur", sagt er. "Und das alles bei relativ wenigen Einwohnern." Auch beim neuen Chef oder der neuen Chefin im Landratsamt dürften die Bäume damit nicht in den Himmel wachsen.

Das Landratsamt des Saale-Orla-Kreises.
Der Saale-Orla-Kreis ist flächenmäßig der drittgrößte Landkreis in Thüringen. Bildrechte: MDR/Andreas Dreißel

Bis Juni 2024 endet aus Altersgründen die Amtszeit für eine ganze Reihe sehr erfahrener Kommunalpolitiker in Thüringen, die ihre Region geprägt haben. Wir stellen die Männer und Frauen und was sie geleistet haben in einer Serie vor.

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MDR (jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 02. Dezember 2023 | 19:00 Uhr

2 Kommentare

Grooveman vor 21 Wochen

Für mich ist und bleibt der Saale- Orla- Kreis ein seltsames Gebilde. Auch in den vielen Jahren nach der Wende, ist es nicht gelungen, Ober- und Unterland zusammenzufügen. Pößneck als größte Stadt im Landkreis und das Umfeld von Pößneck bis Neustadt hatte und hat deutlich mehr Verbindung nach Saalfeld, seien es die Krankenversorgung, die Verkehrsbetriebe incl. der Bus und Bahnverbindungen. Nach Schleiz gibt es weder eine Busverbindung, noch geschweige denn eine mit der Bahn. Die Straßen ins sogenannte Oberland sind durchweg eine Katastrophe, wobei Ziegenrück seit nunmehr 34 Jahren eine Art Grenzgebiet bildet. Übrigens mit der Folge, das die einstige Urlauberstadt immer mehr verwaist und zerbröselt.
Was mir auch auffällt, im Oberland wurden zumindest die Radwege halbwegs auf bundesdeutsches Durchschnitt- Niveau gebracht. Im Unterland tut sich dagegen nichts.
Vergessen wurde in dem Beitrag auch das denkwürdige Trauerspiel in Sachen der Fahrerlaubnis- Behörde! mfg

Atze71 vor 21 Wochen

@klaus.kleiner .... Gewisse Themen müssen immer unterschwellig im Kopf bleiben. Nicht das der Bürger vergisst was "wichtig" im Land ist. Zum Artikel: Leider kommen wenig Informationen zur Wahl. Mal sehen was bei dieser Wahl rauskommt ?

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