Mario Voigt beim MDR THÜRINGEN-Sommerinterview, 2021
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Sommerinterview Mario Voigt von der CDU im Portrait

Seit fast zweieinhalb Jahren ist Mario Voigt Fraktionschef der CDU im Thüringer Landtag. Als designierter Parteivorsitzender könnte er auch Herausforderer von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) bei der nächsten Wahl 2024 werden. Doch bis dahin steht der 45-Jährige noch vor einer Mammutaufgabe bei der Kursfindung. Voigt muss Wähler zurückgewinnen und einen Koalitionspartner neben der CDU groß werden lassen. Am 9. August um 11 Uhr steht Mario Voigt Rede und Antwort.

Als Mario Voigt Anfang März 2020 aus der zweiten Reihe trat und sich zum Fraktionschef seiner Partei im Landtag wählen ließ, war die CDU Thüringen an ihrem historischen Tiefpunkt angelangt. Die einst so stolz alleinregierenden Christdemokraten waren in den Umfragen nur noch knapp zweistellig und die Fraktion gespalten in zwei Lager.

Auf der einen Seite diejenigen, die sich gern als konservative Bewahrer verstehen und einen Öffnung in Richtung AfD zumindest nicht vollends abgeneigt sind. Auf der der anderen Seite jene Abgeordnete, die sich durchaus, zumindest punktuell, eine neue politische Farbenlehre vorstellen können; auch entgegen aller Vorgaben und Beschlüsse der Bundespartei in Richtung linkes Lager. Voigt war angetreten, die Lager zu einen und Aufbruchsstimmung zu erzeugen. Heute ist der 45-Jährige nicht nur Fraktionschef. Er ist ebenfalls designierter Parteivorsitzender und damit, der innerparteilichen Logik folgend, auch: Herausforderer von Ministerpräsident Bodo Ramelow bei der nächsten Landtagwahl 2024. Wie geeint die Thüringer CDU dabei hinter ihm steht, werden erst die nächsten Monate endgültig zeigen.

Volles Risiko für 2024

Für Mario Voigt hat mit der Bekanntgabe seiner Kandidatur für den Parteivorsitz jedoch endgültig ein politisch riskantes Pokerspiel begonnen. Der Einsatz ist denkbar hoch. Es geht um nicht mehr oder weniger als das politische Überleben des Jenaers. Denn klar ist: Durch die Bündelung der Funktionen sind alle Macht und Ausrichtung auf den 45-Jährigen übergegangen und auf ihn ausgerichtet.

Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch: Verpasst die CDU 2024 die Rückkehr auf die Regierungsbank, wird Voigt auch allein die Verantwortung dafür übernehmen müssen. Und dann, das gilt als offenes Geheimnis, steht sein potenzieller Nachfolger in Person eines alten Bekannten schon in den Startlöchern: Mike Mohring.

Mit Mohring hat sich Voigt bis dahin, vor allem des innerparteilichen Friedens wegen, vorerst auf einen Pakt geeinigt. Mohring, der von sich aus zurück an die Spitze drängt und entsprechende Ansprüche angemeldete hatte, bekommt einen Sitz im Parteivorstand und eine gewichtigere Rolle in der Landtagsfraktion. Im Gegenzug hält der Ex-Landes- und Fraktionsvorsitzende die Füße still und unterstützt Voigt, zumindest offiziell und nach außen hin.

Mühen bei der Richtungsfindung

Zwei Jahre vor der Landtagswahl ist die Thüringer CDU bemüht, den richtigen Kurs zu finden. Doch dazu wird es innerparteilich noch einiger Diskussionen bedürfen. Vor allem bezüglich der Frage: Welche Machtoptionen hat die Partei eigentlich? Denn Fakt ist: Die Beantwortung dieser Frage reguliert idealerweise auch die eigenen Erwartungen und Ansprüche. Nach links und rechts haben sich die Christdemokraten - zum Teil freiwillig, zum Teil verordnet qua Beschluss der Bundespartei - abgegrenzt.

Eine Koalition mit AfD schließt Spitzenmann Voigt prinzipiell aus. Aber wo ist die Grenze, wenn es beispielsweise um Stimmen der AfD zu CDU-Vorhaben geht? Dazu erklärt Voigt, das Ergebnis dürfe nicht sein, dass seine Partei keine eigenen Initiativen mehr starte. Und weiter: "Wenn ein Extremist die Position eines Demokraten übernimmt, wird aus ihm kein Demokrat. Aber umgekehrt wird aus dem Demokraten deswegen auch kein Extremist." Eine Position, die mit Blick auf die Spitze der Bundespartei bewusst beschwichtigend formuliert ist. Immerhin droht der frisch gekürte Parteichef Friedrich Merz jedem in der CDU, "der die Hand zur Zusammenarbeit mit der AfD hebt", mit einem Parteiausschlussverfahren.

Und am anderen Ende des politischen Spektrums? Ein verbrieftes Bündnis mit den Linken erlaubt die Bundespartei ebenfalls nicht. Nach wie vor gilt der Unvereinbarkeitsbeschluss, wonach die Christdemokraten die Linken als Koalitionspartner ausschließen.

Zwickmühle für die Christdemokraten

Das allerdings bringt speziell die Thüringer CDU in eine entscheidende Zwickmühle: Alle verbleibenden, potentiellen Partner im Land sind derart schwach, dass die CDU im schlechtesten Fall sogar ein Vierer-Bündnis eingehen müsste, um wieder an die Macht zu kommen. Ein Szenario, das deutschlandweit einmalig wäre. Ganz zu schweigen davon, dass sich darauf vermutlich weder die SPD, noch Grüne und FDP einließen.

Auf Mario Voigt wartet also eine Mammutaufgabe: Er muss Wähler zurückgewinnen und zeitgleich an der Seite der einst selbst ernannten "Thüringenpartei" einen Koalitionspartner groß werden lassen. Zwei Jahre sind dafür eine vergleichsweise kurze Zeit.

Bisher vor allem im Profilierungskurs

Auch, weil der führende Christdemokrat im Land vor allem eine Profilierungs-Strategie fährt. Mario Voigt versucht sich abzugrenzen, wo es nur geht. Windkraft im Wald? "Nicht mit der CDU!" Energie-Härtefallfonds für Geringverdiener? "Energie-Sozialismus!" Corona-Management der Regierung? "Katastrophal!" Kürzungen bei der Bildung? "Zukunftsbremse!" Aufnahmeprogramm für Asylbewerber? "Ideologische Scheuklappen-Politik!" Und so weiter und so fort.

Voigt kommentiert stets eingängig-boulevardesk, was vielleicht auch auf die personelle Neuaufstellung der Pressestelle zurückzuführen ist. Auf den gedienten, erfahrenen Dr. Karl-Eckard Hahn folgten junge, online-affine, ehemalige Journalisten. Das Ziel: Voigt soll auffallen und omnipräsent sein. Kein Tag vergeht ohne Share-Pic bei Facebook und Instagram. Die CDU-Fraktion produziert inzwischen ihr eigenes News-Format im Stile einer Nachrichten-Sendung.

Quelle: MDR THÜRINGEN

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 29. Juli 2022 | 19:00 Uhr

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