Kultur

Thermometermuseum Geraberg 4 min
Bildrechte: MDR/Lisa Wudy
4 min

Das Thermometermuseum verdankt seine Existenz dem Aus des Thermometerwerkes Geraberg nach der Wende. Doch genau dieser Teil der Geschichte wird bisher im Museum nur am Rande erzählt. Das soll sich jetzt ändern.

MDR KULTUR - Das Radio Mo 04.03.2024 07:40Uhr 04:03 min

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Thermometerwerk Thermometermuseum Geraberg will auch DDR-Geschichte vermitteln

04. März 2024, 16:18 Uhr

Die Region um Geraberg hat eine lange Tradition der Thermometerherstellung. Sogar ein Thermometermuseum gibt es hier. Darin gibt es viel Wissenswertes über die Temperaturmessung im Lauf der Jahrhunderte zu erfahren. Jedoch ist die Geschichte des Thermometerwerkes Geraberg, das nach der Wende geschlossen wurde, bislang unterrepräsentiert. Doch das soll sich jetzt ändern.

Über 1.000 Exponate erzählen im Deutsche Thermometermuseum die Geschichte der Temperaturmessung. In dem kleinen Museum in Geraberg gibt es allerhand zu entdecken: vom Nachbau eines Luftthermoskops von Galileo Galilei, über vergoldete Messinstrumente zur Wettervorhersage für Seefahrer, bis hin zu einer Experimentierstation für Schüler.

Eindrucksvolle Standortgeschichte

Untergebracht ist es in einem kleinen Fachwerkhaus in Geraberg, am Rande des Thüringer Waldes. Was im Museum natürlich nicht fehlen darf, ist die Thermometerherstellung im Thüringer Wald. Denn die hat hier eine lange Tradition. In der Region rund um Ilmenau lag um 1900 das Weltmonopol der Thermometerfertigung.

Thermometermuseum Geraberg, ein zweietagiges altes Haus mit Walmdach.
In diesem alten Haus befindet sich das Thermometermuseum Geraberg. Bildrechte: MDR/Lisa Wudy

Geraberg spielt dabei eine besondere Rolle. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden viele kleine Familienbetriebe in der Region zusammengelegt und es entstand das Geraberger Thermometerwerk.

Eines der größten Werke in Europa

Museumsleiterin Carmen Rux erklärt MDR KULTUR die damaligen Standortvorteile: "Der Thüringer Wald war hier am geeignetsten, man hatte das Glas, den Sand, um das Glas zu erzeugen. Es wurden Fachschulen gebaut, es wurde ein Eichamt gebaut, denn viele Thermometer mussten geeicht werden. Daraus hat sich das hier alles entwickelt."

Foto eines langgezogenen fünfetagigen Gebäudes, davor stehen Autos.
Das Thermometerwerk Geraberg um 1965-1970. Bildrechte: ehemalige Fotostelle Thermometerwerk Geraberg

Zu DDR-Zeiten war das Thermometerwerk mit bis zu 2.000 Beschäftigten eines der größten Werke in Europa – bis zur Wende, als die Herstellung geschlossen wurde. Das Werk selbst existiert heute nicht mehr, das Gebäude wurde Ende 90er-Jahre abgerissen.

Gründung des Thermometermuseums

Nach der Schließung des Werkes folgte mit viel Engagement die Gründung des Thermometermuseums. Schritt für Schritt hat Rux mit ihrem Team in den letzten Jahrzehnten das Museum aufgebaut. "Um die Geschichte der Thermometrie nicht zu vergessen", wie sie sagt.

Die Geschichte des DDR-Thermometerwerkes wird jedoch bisher nur am Rande erwähnt. Mit neuen Ausstellungselementen soll künftig auch diese dargestellt werden. Dabei setzt man besonders auf die Erinnerung der Menschen vor Ort.

Zeitzeugen vermitteln Geschichte

In Zusammenarbeit mit Schulen sollen in den kommenden drei Jahren Zeitzeugengespräche geführt werden. Neben den Audioaufzeichnungen ist auch eine neue Bildergalerie in Planung, um den Besucherinnen und Besuchern Alltag, Arbeit sowie die Umbruchszeit nach der Wende besser zu vermitteln.

Eine Frau mit kurzen Haaren und Schal steht vor Ausstellungsvitrinen im Thermometermuseum Geraberg.
Carmen Rux leitet das Thermometermuseum. Bildrechte: MDR/Lisa Wudy

Über die Dringlichkeit der Aktualisierung sagt Museumschefin Rux: "Es ist ja schon über 30 Jahre her, dass das Werk in dieser Form nicht mehr existiert. Und es ist höchste Zeit, Zeitzeugenbefragungen vorzunehmen. Denn bevor die letzten dann nicht mehr da sind oder das zeigen können oder man nicht mehr weiß, wie Thermometer gefertigt wurden, ist es jetzt höchste Eisenbahn."

Bis heute Thermometer-Standort

Die Thermometer-Tradition lebt in der Region noch fort. Einige Arbeiter haben nach der Werkschließung zur Wende den Sprung ins kalte Wasser gewagt und sich selbstständig gemacht. So auch Frank Rieck mit seiner Geraberger Firma für Messtechnik. Er hatte von 1984 bis zur Schließung als Entwicklungsingenieur im Thermometerwerk gearbeitet.

Eine Vitrine mit Ausstellungsobjekten.
Die Ausstellungsobjekte sind teilweise sehr alt und belegen die historischen Fertigkeiten der Herstellung von Hochpräzisionsinstrumenten. Bildrechte: MDR/Lisa Wudy

Warum er die Chance für einen Neubeginn ergriffen hat, beschreibt er so: "Die Nachfrage war ja nach der Wende genauso. Und daraus haben sich die Firmen entwickelt. Und Stück für Stück wurden die Firmen immer größer. So hat sich der Thermometer-Standort hier in Geraberg erhalten."

Aus dem VEB-Betrieb ging nach der Wende das heutige Unternehmen Geratherm hervor. Im benachbarten Ort Geschwenda werden dort von ca. 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch immer Thermometer gefertigt, die in die ganze Welt geliefert werden. Seit 2000 ist die Firma börsennotiert und wurde während der Corona-Pandemie 2020 offiziell als systemrelevant eingestuft.

Ein menschengroßes Thermometer vor einem regenbogenfarbenen Hintergrund.
Auch dieses große Thermometer kann in Geraberg bestaunt werden. Bildrechte: MDR/Lisa Wudy

Quelle: MDR KULTUR (Lisa Wudy), MDR THÜRINGEN, Deutsches Thermometermuseum; Redaktionelle Bearbeitung: op

Das Museum Deutsches Thermometermuseum
Dorfplan 9, 99331 Geratal OT Geraberg

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Samstag: 10 bis 16 Uhr

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 04. März 2024 | 07:40 Uhr

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