Mensch mit Heuschnupfen
Was viele nicht wissen: Allergischer Schnupfen kann mit der Zeit schweres Asthma auslösen. Bildrechte: colourbox.com

Pollenallergie Was hilft gegen Heuschnupfen? Wann kann daraus Asthma werden?

03. Mai 2023, 14:14 Uhr

Die Natur grünt und blüht. Doch Pollenallergiker können sich darüber nicht freuen. Für sie heißt das: Die Augen brennen, die Nase läuft und manchmal kommen sogar Atemnot oder Asthma dazu. Dr. Katharina Geißler, HNO-Ärztin am Allergiezentrum des Uniklinikums Jena, erklärt im Interview, worauf Allergiker achten sollten und welche neue Behandlungsmöglichkeiten es bei allergischem Asthma gibt.

Wie viele Pollenallergiker entwickeln ein Asthma?

Dr. Katharina Geißler: In Deutschland leidet jeder Vierte bis Fünfte unter einem allergisch bedingten Schnupfen. Ungefähr 40 Prozent davon entwickeln im Laufe ihres Lebens Asthma.

Wie erkenne ich als Pollenallergiker, dass Symptome für Asthma dazugekommen sind?

Dr. Katharina Geißler: Wenn zu den typischen Beschwerden einer Pollenallergie wie laufender Nase und Juckreiz in Nase und Augen neue Symptome dazukommen. Das sind Atemnot, Kurzatmigkeit insbesondere bei Belastung, Husten, Engegefühl in der Brust und Atemgeräusche wie Pfeifen oder Brummen. Dann sollte ein Arzt aufgesucht werden.

 

Dr. Katharina Geißler
Dr. Katharina Geißler ist HNO-Ärztin am Allergiezentrum des Uniklinikums Jena. Bildrechte: Universitätsklinikum Jena

Betroffene klagen vermehrt, dass sie länger im Jahr mit Pollenallergien zu tun haben. Sehen Sie das auch bei sich in der Klinik?

Dr. Katharina Geißler: Ja, das sehen wir auch im Allergiezentrum unserer Klinik. Durch den Klimawandel und die Luftverschmutzung vor allem in Großstädten verlängert sich die Pollenflugzeit. Sie beginnt häufig bereits im Januar oder sogar im Dezember. Durch das Auftreten von neuen, bisher nicht heimischen Pollen wie der Beifuß-Ambrosie oder dem Olivenbaum, verlängert sich die Pollenflugzeit bis September. Dadurch können Pollenflugallergiker mittlerweile neun Monate im Jahr Beschwerden haben.

Durch das Auftreten von neuen, bisher nicht heimischen Pollen wie der Beifuß-Ambrosie oder dem Olivenbaum, verlängert sich die Pollenflugzeit bis September.

Dr. Katharina Geißler, Uniklinikum Jena

Ist der Olivenbaum denn überhaupt ein Thema hierzulande?

Dr. Katharina Geißler: Es ist bekannt, dass diese Allergie auch in Deutschland vermehrt auftritt und bei Patienten mit allergischen Beschwerden im Sommer in Betracht gezogen werden sollte. Auch wir haben unsere Tests seit einigen Monaten darauf umgestellt, hatten aber unter unseren Patienten noch keine Olivenbaum-Allergiker. Die Pharmaindustrie hat sich bereits darauf eingestellt, sodass für diese Allergie eine Immuntherapie angeboten werden kann.

Was hilft bei einer Pollenallergie im Akutfall am besten?

Dr. Katharina Geißler: Im Akutfall hilft eine Kombination aus einer lokalen Therapie mit antiallergischen Nasentropfen, die die Schleimhaut der Nase abschwellen lassen und gegen den Juckreiz wirken, antiallergischen Augentropfen und Asthmasprays sowie einer systemischen Therapie mit einer antiallergischen Tablette, die auf den ganzen Körper wirkt.

Wenn möglich, ist der Kontakt zur Allergie auslösenden Pflanze zu vermeiden, zum Beispiel durch Anpassung der täglichen Aktivitäten an den Pollenflug. Im kritischen Notfall, bei akuter Atemnot beispielsweise, muss ein Adrenalin-Pen in die Außenseite des Oberschenkels gegeben werden, um den Kreislauf zu stabilisieren und die Bronchien zu erweitern.

 

Gegen eine Pollenallergie kann man sich hyposensibilisieren lassen. Welche Möglichkeiten gibt es?

Dr. Katharina Geißler: Seit Langem wird die subkutane allergenspezifische Immuntherapie (SCIT) oder Hyposensibilisierung angewandt, welche über Spritzen in Abständen von einigen Wochen gegeben wird. Zudem gibt es die sublinguale allergenspezifische Immuntherapie (SLIT), wobei das Allergen in Tabletten- oder Tropfen-Form täglich unter die Zunge gelegt wird. Hier gibt es deutlich mehr Präparate als früher.

Diese Therapien erfordern mit einer Dauer von drei bis fünf Jahren einen sehr zuverlässigen Patienten. Um dies zu verkürzen, gibt es neue Therapiekonzepte, wobei die Allergie auslösenden Stoffe für einen kürzeren Zeitraum gegeben werden. Hierbei wird das Immunsystem durch Zusätze stärker anregt, um die Toleranzreaktion des Immunsystems zu beschleunigen, damit das Immunsystem schneller lernt, nicht allergisch zu reagieren. Diese Therapien werden aktuell in Studien geprüft und sind deshalb noch nicht routinemäßig im Einsatz.

Frau mit Pollenallergie schneutzt ihre Nase vor der Blüte der Gemeinen Hainbuche. 1 min
Bildrechte: IMAGO/blickwinkel

Funktioniert eine Hyposensibilisierung bei jedem?

Dr. Katharina Geißler: Durch eine Hyposensibilisierung kann bei 90 Prozent der Patienten für etwa zehn Jahre eine Beschwerdelinderung, verringerter Medikamentengebrauch und Vermeidung oder Besserung des Asthmas erzielt werden. Wer von einer Hyposensibilisierung profitiert und wie stark die Effekte sind, ist individuell von verschiedenen Faktoren abhängig und kann vor Beginn nicht vorausgesagt werden.

Kann eine Hyposensibilisierung verhindern, dass sich Asthma entwickelt?

Dr. Katharina Geißler: Ja, das ist so. Es ist sogar das Ziel, dass Kinder und Erwachsene mit allergischen Schnupfen frühzeitig hyposensibilisiert werden, damit sie kein Asthma entwickeln.

 

Es gibt neue Medikamente zur Behandlung von allergischem Asthma, die sogenannten Biologika. Was sind das für Medikamente?

Dr. Katharina Geißler: Biologika sind Medikamente, die gegen körpereigene Stoffe wirken, die Allergien und Entzündungen verursachen. Bei allergischem Asthma kommen sie bei den schweren Fällen infrage, bei denen Asthmasprays auch in höherer Dosierung nicht ausreichend hilfreich sind. Sie werden abhängig vom Präparat alle zwei bis vier Wochen gegeben, auch vom Patienten selbst. Diese sollen ein Leben lang angewandt werden.

Durch diese Medikamente können Begleiterkrankungen wie chronische Nasennebenhöhlenentzündung mit Nasenpolypen und Hauterkrankungen wie das atopische Ekzem und Urtikaria, also Nesselsucht, mitbehandelt werden.   

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MDR (cbr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Hauptsache Gesund | 04. Mai 2023 | 21:00 Uhr

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