Ein Mann hält sich sein Knie.
Knieschmerzen schränken Betroffene jeden Tag ein, weshalb eine Behandlung oft nötig ist. Am Uniklinikum in Leipzig werden jedes Jahr 80 bis 100 Knorpeltherapien durchgeführt. Bildrechte: IMAGO / Panthermedia

Knieschmerzen Wie ein kaputter Knorpel wieder aufgebaut werden kann

08. August 2023, 05:00 Uhr

Einen gesunden Knorpel für das Kniegelenk – das wünschen sich wohl viele Schmerzgeplagte. Doch von allein kann ein beschädigter Knorpel nicht heilen. Meist heißt es: Was weg ist, ist weg! Aber unter bestimmten Umständen kann kaputter Knorpel doch wieder aufgebaut werden.

Schmerzen im Knie belasten Betroffene nicht nur beim Sport, sondern auch im Alltag. Ein Knorpelschaden kann dafür die Ursache sein. In der Medizin sind verschiedene Möglichkeiten zur Heilung bekannt. Dabei gibt es nicht die eine beste Therapie. Denn sie muss zum Defekt und zum Betroffenen passen. So liegt die Altersgrenze bei Knorpeltransplantationen meist bei etwa 50 bis 60 Jahren. Je älter die Patienten sind, desto schlechter wächst ein Knorpeltransplantat an. Beinachsenkorrekturen werden bei Betroffenen bis zu einem Alter von etwa 65 Jahren durchgeführt.

"Unter bestimmten Voraussetzungen helfen gelenkerhaltende Operationen. Es gibt mehrere Verfahren, die bei Knorpeldefekten angewandt werden. Dabei kommt es auf das Alter und die Aktivität des Patienten an, die Größe und Lage des Defekts“, sagt Professor Pierre Hepp, Leiter der Gelenkchirurgie am Uniklinikum Leipzig. Entscheidend sei, dass der Defekt eine bestimmte Größe nicht überschreitet und der restliche Knorpel sowie die anderen Strukturen des Kniegelenks überwiegend intakt sind.

Knorpel – was ist das eigentlich? Jedes Gelenk wird von einer elastischen Schicht überzogen. Sie dämpft Stöße und ermöglicht eine reibungsfreie Bewegung: die Knorpelschicht.
Durch Unfälle oder Stürze sowie Fehlstellungen der Beine kann sie Schaden nehmen. Die Fähigkeit zur Selbstheilung ist gering, da Knorpel nicht von Blutgefäßen oder Nerven durchzogen ist. Die letzte Option bei fortgeschrittenen Knorpelschäden ist das Einsetzen eines künstlichen Kniegelenks.

1.) Anbohren des Knorpels

Ein mögliches Verfahren zum Knorpelaufbau ist die sogenannte "Mikrofrakturierung". Dabei wird der Knochen unter dem Knorpel angebohrt. Als Folge gelangt Blut mit Stammzellen in den Defekt. Daraus bildet sich Knorpelersatzgewebe, das den Defekt ausfüllt. Der Nachteil dieser Methode: Das neue Gewebe ist im Vergleich zum ursprünglichen deutlich minderwertiger.

2.) Körpereigene Knorpelschnipsel

Das "Minced Cartilage"-Verfahren ist eine moderne Behandlungsmethode, bei der körpereigene Knorpelschnipsel implantiert werden. Dafür ist nur eine OP nötig. Zunächst wird gesunder Knorpel entnommen und während der Operation zerkleinert – englisch: "minced". Parallel kann dem Patienten Blut abgenommen werden. Daraus wird ein biologisch hochwirksames Plasmakonzentrat gewonnen. Die Knorpelschnipsel werden mit dem Plasma vermischt und dann in den gesäuberten Knorpeldefekt gefüllt.

Da kein körperfremdes Material eingesetzt wird, sind gute Voraussetzungen gegeben, dass das Material auch anheilt. Allerdings gibt es bisher keine Langzeitdaten.

3.) Knorpel aus dem Labor

Die "Knorpelzelltransplantation" (M-ACT) ist die Methode mit den besten Langzeitergebnissen. Allerdings sind bei diesem Verfahren zwei Operationen nötig. In einer ersten Operation wird dem Patienten gesundes Knorpelgewebe entnommen. Dieses kommt ins Labor und wird dort in einer Nährlösung vermehrt.

Nach sechs Wochen werden in einer zweiten OP die gezüchteten Knorpelzellen über ein Trägergewebe an der defekten Stelle eingesetzt. Das Verfahren ist für junge, aktive Patienten bis etwa 45 Jahre vorgesehen. Es wird auch für größere Defekte empfohlen.

Zu der Knorpelzelltransplantation gibt es derzeit die meisten Studien. Die erste Operation dieser Art wurde bereits 1987 durchgeführt. Wie bei fast jeder Knorpeltransplantation müssen die Patienten das Knie sechs Wochen entlasten. Bis das Transplantat komplett belastbar ist, vergehen bis zu neun Monate.

4.) Korrektur von X- und O-Beinen

Manchmal hilft sogar eine Operation, bei der das Knie ganz intakt und unberührt bleibt. Das ist zum Beispiel bei Fehlstellungen wie X- oder O-Beinen der Fall. Sie können zu einer dauerhaften Fehlbelastung und Abnutzung der Knorpelschicht führen. Aber wenn das rechtzeitig erkannt wird, lässt sich das Bein begradigen.

Bei der "Umstellungs-Osteotomie" wird der Knochen des Schienbeins getrennt, das Bein begradigt und fixiert. In der entstandenen "Lücke" wächst festes Knochengewebe nach. Der Knorpel im Knie wird durch die Achskorrektur nicht mehr falsch belastet und kann sich erholen. Nach etwa vier Monaten ist das Bein wieder voll belastbar.

MDR (jvo)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Hauptsache Gesund | 04. Mai 2023 | 21:00 Uhr

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