Erwartungen von Forschenden Jetzt erst recht!? Die Weltklimakonferenz startet
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15. November 2024, 17:04 Uhr
Heute beginnt im aserbaidschanischen Baku die Weltklimakonferenz COP29. Welche Erwartungen haben Wissenschaftler nach der Wahl von Donald Trump an die Veranstaltung?
Friederike Otto war Mitautorin des Weltklimaberichts und ist Miterfinderin der Attributionsforschung. Bei der Klima-Podiumsdiskussion GRAD°WANDERUNG der ARD in Leipzig schätzte sie kurz nach dem Wahlsieg Donald Trumps den Einfluss seiner kommenden Präsidentschaft auf die COP29 als gering ein. "Was die Weltklimakonferenz betrifft, dort haben die USA nie eine Vorreiterrolle gespielt." Vielmehr stünden die anderen Nationalstaaten in der Verantwortung, die Klimaziele von Paris umzusetzen. "Es wird sicher in einigen Ländern im globalen Norden dazu führen, dass sie sagen: wenn Trump nichts macht, dann machen wir auch nichts. Aber ich denke, dass die USA auf der COP nie besonders wichtig waren. Und wenn man es ganz optimistisch sehen möchte, könnte man denken, dass viele der Menschen auf der Konferenz aus dem erstarkenden globalen Süden ihre Interessen durchsetzen. Das könnte einen Jetzt-erst-recht-Effekt haben."
Gemeinschaftliche Lösungen finden
Ana Bastos, Geophysikerin an der Uni Leipzig, unterstrich an gleicher Stelle, dass die wissenschaftlichen Grundlagen für das Verständnis des Klimawandels bereits vorhanden seien. "Das Problem sind jetzt die gesellschaftlichen Lösungen und wie wir zusammen als eine ganze Welt, die in Krisen steckt, gemeinsam eine Lösung finden." Es komme darauf an, Kompromisse zu finden, die auch den globalen Süden und ärmere Staaten einbinden. Alle müssen zusammenarbeiten. "Wenn wir das als ein menschenweites Problem vorstellen, können wir eine Lösung finden."
Mit Hinblick auf die Lösungsfindung nimmt Wolkenforscher Johannes Quaas (Uni Leipzig) die Industrienationen besonders in die Pflicht. Quaas sieht die Länder in Europa und Nordamerika als Verursacher des Klimawandels in der Verantwortung, die Folgen, unter denen vor allem die Tropen und Subtropen schon jetzt leiden müssen, zu bekämpfen und vor Ort zu unterstützen. Etwa durch "Ausgleichszahlungen" und "Hilfstransfersleistungen, damit Länder sich einstellen können, auf CO2-neutrales Wirtschaften".
"Wir müssen darüber reden, wie die Welt aussieht, in der wir leben wollen"
Friederike Otto erhofft sich auch von der COP29 einen Paradigmenwechsel in der Sicht auf Klimapolitik. "Wir müssen darüber reden, wie die Welt aussieht, in der wir leben wollen." Bisher ginge es in den Debatten zu oft darum, dass den Menschen etwas weggenommen würde. Stattdessen will die Physikerin und Philosophin eine Zukunft malen, in der Radfahrer nicht Angst um ihr Leben in Städten haben müssen oder Hitzewellen nicht unerträglich sind. "Doch darüber reden wir nicht, sondern sagen: 'Du nimmst mir mein Auto weg und Auto ist Freiheit'. Und das wird nirgendwo angezweifelt." So könne sich nur schwerlich etwas verändern. "Es ist nicht so, dass es uns an Technologie oder Wissen fehlt. Es fehlt am Willen, das auch umzusetzen."
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Dieses Thema im Programm: Das Erste | Mittagsmagazin | 11. November 2024 | 12:10 Uhr