Filmkritik "Auf der Couch in Tunis" – Psychotherapie auf arabisch
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Eine Psychotherapiepraxis in Tunis? Die Psychoanalytikerin Selma macht genau das, auch wenn es manchmal nicht einfach ist. Die Menschen, die bei ihr auf die Couch kommen, liefern einen lebendigen Einblick in die Situation der Gesellschaft. So ist dieser Film nachdenklich und amüsant zugleich.

Der Arabische Frühling hat – anders als in vielen umliegenden Ländern – in Tunesien tatsächlich zu einem insgesamt positiven Wandel geführt. Ermutigt kehrt die junge Psychoanalytikerin Selma nach der Revolution aus Paris in ihre Heimat, nach Tunis, zurück, um eine Praxis zu eröffnen. Gesprächsbedarf gibt es inmitten des Umbruchs reichlich, auch wenn die Freudsche psychoanalytische Tradition den Patienten nicht recht vertraut ist. Manche glauben gar: Eine Französin und eine Couch – das kann nur ein Bordell sein.
Regisseurin Manele Labidi nutzt die Patienten in den Therapiestunden, um einen Querschnitt durch die tunesische Gesellschaft zu präsentieren, mit zum Teil sehr komischen Miniaturen, die aber nie den ernsthaften Hintergrund eines großen gesellschaftlichen Wandels vergessen lassen. Als Selma ist Goldshifteh Farahani ("Paterson") in dieser nachdenklichen, sehenswerten Komödie eine so genaue, sympathische und einfühlsame Beobachterin, dass man sie sofort ins eigene Unterbewusstsein lassen würde.
Genre: | Komödie, Drama |
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Regie: | Manele Labidi |
Darsteller: | Golshifteh Farahani, Majd Mastoura, Aïcha Ben Miled |
Im deutschen Kino ab: | 30.07.2020 |
Produktionsland: | Frankreich |
Bewertung: | ★★★★☆ (4 von 5 Sternen) |
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Filmstarts der Woche mit Knut Elstermann | 30. Juli 2020 | 08:10 Uhr