"Nabucco" bei den Domstufenfestspielen Erfurt Opernsängerin Valerïa Mudra: "Die perfekte Rolle für meine Stimme und mich"

15. Juli 2022, 08:00 Uhr

Die Stufen des Erfurter Doms werden in diesem Jahr Schauplatz für Verdis große Festspiel-Sommeroper "Nabucco". In der Rolle der Fenena singt die Ukrainerin Valerïa Mudra, die bis vor Kurzem noch als Geflüchtete in einer Turnhalle in Thüringen untergebracht war. Mit MDR KLASSIK hat sie über ihre Flucht aus ihrer Heimat und ihr Ankommen an der Oper Erfurt gesprochen.

Dass Valerïa Mudra einmal Sängerin werden wollte, war für sie erst spät klar. Zwar singt sie schon seit ihrer Kindheit, aber erst im Alter von zwölf Jahren besuchte sie zum ersten Mal eine Musikschule. "Da war ich fast schon ein bisschen alt", erzählt sie. "Normalerweise beginnt man mit fünf oder sechs Jahren." Heute ist Mudra 27 und steht erstmals auf einer deutschen Open-Air-Bühne. Und das bei den Domstufenfestspielen in Erfurt.

Ihre Rolle: Fenena

In Verdis "Nabucco" spielt sie bei diesen Domstufenfestspielen die Rolle der Fenena: Die zweitgeborene Tochter von Nabucco, die den Unmut der Erstgeborenen auf sich zieht und deshalb durch reichlich Intrigen ihr Leben verlieren soll. Für die junge Opernsängerin steht fest: "Es ist eine unglaubliche Rolle: Eine der Hauptrollen und auch wirklich ein wichtiger Charakter."

1841 schrieb Verdi diesen Opernstoff und führte ihn ein Jahr später in der Mailänder Scala zum ersten Mal auf. Sein "Va, pensiero, sull’ali dorate" aus dem dritten Akt der Oper wurde zum berühmten Chorwerk und wird noch bis heute regelmäßig aufgeführt.

Mudras Partner Yevhenii Dunduk: "Diese Musik ist mir sehr nah"

Der Gefangenenchor in dieser Erfurter Inszenierung von Guy Montavon hat in jedem Fall eine weitere starke Stimme dazugewonnen, nämlich die des Partners von Valerïa Mudra, Yevhenii Dunduk. Er kennt die Oper sehr gut und hat sie schon etliche Male gesungen. "Ich mag diese Musik so sehr", erzählt er. "Die Oper und diese Geschichte von Nabucco: Das ist mir sehr nah und ich freue mich immer, wenn ich sie singen kann."

Yevhenii Dunduk lebt ebenfalls seit wenigen Wochen in Deutschland und hat hier ein Stipendium an einer Berliner Hochschule erhalten. Dorthin pendelt er regelmäßig und ist singt außerdem im Chor des Theaters Erfurt. Vor dem Krieg sang er im Chor der Kyiver Oper.

Flucht aus der Ukraine

Auch für Valerïa Mudra hat sich vieles geändert. Dass sie Glück im Unglück haben würde, war ihr nicht klar, als sie ihr Land Hals über Kopf im Winter verlassen hatte. Sie erzählt von den dauerhaften Granaten, die ihre Stadt und das Leben der Menschen bedrohten. Daraufhin hatte sie beschlossen, das Leben als Solistin am Theater von Charkiw hinter sich zu lassen. Mit kleinem Gepäck floh sie in Richtung Deutschland und landete nach Aufenthalten in Notunterkünften direkt beim Vorsingen im Theater Erfurt. 

Dort war man so begeistert von ihr und ihrer Stimme, dass man sie direkt engagierte. Seit einigen Wochen lebt sie sich nun ein und probt auf den Domstufen Verdis Oper "Nabucco".

Ich bemühe mich stark zu sein. Immer wenn ich probe, versuche ich professionell zu sein und meinen Job zu machen. Ich mag die Oper, das Singen und auf der Bühne zu sein.

Stark zu sein fällt ihr nicht leicht, wenn sie sich die Nachrichten über die ständigen Bombardements in ihrer Heimat, der Ukraine, ansieht. Ihrem Partner Yevhenii Dunduk geht es ähnlich. Beide wissen, dass etliche ihrer ehemaligen Kollegen aktuell an der Front kämpfen. Die beiden versuchen ihrem Land als Künstlerinnen und Künstler Gutes zu tun und auf diese Art das ukrainische Selbstwertgefühl zu stärken, erzählen sie.

Die Premiere von Nabucco findet am Freitag, den 15. Juli 2022 bei den Domstufenfestspielen Erfurt statt. Einige wenige Restkarten sind über die Website der Domstufenfestspiele verfügbar.

Dieses Thema im Programm: MDR KLASSIK | MDR KLASSIK am Morgen | 14. Juli 2022 | 08:40 Uhr

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