Festival für mittelalterliche Musik Jubeln auf mittelalterliche Weise – Das Festival montalbâne startet

17. Juni 2022, 15:14 Uhr

Es ist singulär in Deutschland: Das Festival für mittelalterliche Musik montalbâne. Hier hört man kein schräges Tröten und Pfeifen wie auf sogenannten Mittelaltermärkten, sondern authentische Werke, die zwischen 900 und 1450 entstanden sind. Dreh- und Angelpunkt ist die "kleine Schwester des Naumburger Doms", die Stadtkirche St. Marien in Freyburg an der Unstrut. Und das Publikum, das sich Lieblinge auf die Bühne wählen durfte.

In den eingeschränkten Pandemiezeiten konnte nur eine Spar-Ausgabe des Festivals veranstaltet werden, unter dem ironischen Motto "Coronate!", übersetzt "Bekrönt Euch". Das Motto in diesem Jahr hingegen hat einen ganz anderen Zungenschlag, denn es darf wieder gejubelt werden. "Jubilate!" heißt entsprechend der Titel des Festivals für mittelalterliche Musik montalbâne.

Per Internetvoting auf die Bühne gewählt

Jubilieren verspricht schon der Auftakt. Den hat das Publikum sich selbst gewünscht: per Internetabstimmung durften Lieblingskünstlerinnen und -künstler aus 32 Jahren Festivalgeschichte auf die Bühne gewählt werden.

Favorit wurde das Ensemble "Leones". Es interpretiert aus der Codex "Cordiforme" von 1475. Das ist einee der schönsten Musikhandschriften des Spätmittelalters, die italienische und französische Liebeslieder namhafter Komponisten enthält. Das Ensemble "Leones" unter der Leitung des Lautenisten und Musikwissenschaftlers Marc Lewon stammt aus Basel. Es gründete sich im Umfeld der Schola Cantorum Basiliensis, einem bedeutenden Forum auf dem Feld der Alten Musik.

Musik dank Mundpropaganda

Ein grundlegendes Problem des mittelalterlichen Repertoires ist die Überlieferung. Viele Werke wurden nur mündlich weitergegeben, meist in Form von Volksmusiken. Daher sind auch in der diesjährigen Ausgabe des Festivals montalbâne Vertreter der Volksmusik geladen. Die kommen von der Ostküste Sardiniens und pflegen die Traditionen der reichen sardischen Vokalpolyphonie. "Cuncordu e Tenore de Orosei" heißt das Quintett.

Das sind Handwerker, aber auch Wissenschaftler, Leute, die sich in Bruderschaften organisiert haben und das ganze Jahr zusammen singen – immer mit einer Falsche Wein, auch auf der Bühne.

Susanne Ansorg, Leiterin des Festivals montalbâne

Die Bruderschaften, "Confraternité" genannt, singen heute noch auf Sardinien. Ihre Lieder erklingen bei geistlichen Ritualen wie Begräbnissen und bei Feierlichkeiten wie der Karwoche. Vor allem die Bässe begeistern das Publikum und die Veranstalter des Festivals montalbâne. Der Reiz liege in der Tiefe der Stimmen, erklärt Festivalleiterin Susanne Ansorg. Mit einer Technik namens "sacronta", einer Falsettstimme mit nasaler Färbung, könne dieser besondere Klang erzeugt werden.

Das Festival montalbâne wurde 1991 gegründet, maßgeblich vom Ensemble "Ioculatores". Das mittlerweile aufgelöste Ensemble, das mit authentischem Instrumentarium spielte, wird noch einmal zu einem großen Familienfest zusammenkommen. Auch im Feiern soll "Jubilate!", das Motto des Festivals, für Mitwirkende und Publikum gelten.

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Dieses Thema im Programm: MDR KLASSIK | MDR KLASSIK am Morgen | 17. Juni 2022 | 09:10 Uhr

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