Konzert "American Beauty" – die Schönheit und Vielfalt der Musik aufzeigen

19. Mai 2022, 17:35 Uhr

Es ist ein ungewöhnliches Programm – und sollte es eigentlich gar nicht sein. Unter dem Titel "American Beauty" möchte das Ensemble "Neue Kammer" gemeinsam mit musikalischen Gästen am Freitagabend in Leipzig amerikanisch-zeitgenössische Werke von weiblichen oder nicht weißen Komponistinnen und Komponisten präsentieren. Damit soll eine für viele Ohren noch unbekannte Bandbreite der zeitgenössischen Musikszene geboten werden. Initiator und Mitglied im MDR-Rundfunchor ist Kent Carlson. Er hat im Interview mit MDR KLASSIK vom Projekt erzählt.

Kent Carlson ist mehr als nur ein Sänger. Der im US-amerikanischen Phoenix (Arizona) geborene und auch in den USA ausgebildete Tenor wirkt als Solist und Ensemblesänger. Seit 2010 ist er Mitglied des MDR-Rundfunkchors. Kent Carlson war für den Rundfunkchor und das MDR-Sinfonieorchester schon als Arrangeur tätig und ist Komponist. Und er ist Feminist.

Kent Carlson, Tenor, Sänger im MDR RUNDFUNKCHOR 8 min
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8 min

Der Sänger des MDR-Rundfunkchors hat das Programm konzipiert, in dem das Ensemble "Neue Kammer" wenig gehörten Komponistinnen und Komponisten eine Stimme gibt.

MDR KLASSIK Do 19.05.2022 09:10Uhr 08:05 min

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Was zukünftig normal ist, wirkt heute noch skandalös

Von Kent Carlson stammt das Konzept zum Konzert. "Ich will meine weißen Männer nicht missen", sagt er im Gespräch mit MDR KLASSIK. "Ich singe für mein Leben gern Verdi, Mendelssohn, Brahms und Beethoven. Und doch gibt so viele Komponistinnen und Komponisten, die nicht weiß sind oder keine Männer. Die bekommen kaum eine Stimme in unserer westlichen Welt." Die wolle er ihnen mit diesem Programm geben. Elf sind vertreten, vier davon sind Frauen, drei sind Schwarz und zwei asiatisch. "Ja, das ist ein Programmkonzept, das hoffentlich für die Zukunft normal aussieht, aber heute wirkt es nahezu skandalös."

Ich bin zwar jetzt deutscher Staatsbürger, aber ich habe meine Wurzeln in den Vereinigten Staaten. In den Südstaaten ist es immer noch verpönt, Musik von Frauen oder Musik von Schwarzen zu spielen. Und ich kann es kaum nachvollziehen, das ist irrational und absurd.

Kent Carlson, Sänger, Arrangeur, Komponist

Im Konzertprogramm in der Alten Handelsbörse in Leipzig stehen Werke unter anderem von Adrienne Albert, einer Kammermusik-Komponistin. Bei Uraufführungen von Leonard Bernstein und Philip Glass erlangte sie als Sängerin Bekanntheit. Außerdem werden Kompositionen von Reena Esmail, die zwischen den musikalischen Welten Indiens und westlich-klassischer Musik wandelt und von Saunder Choi, einem jungen philippinisch-amerikanischen Komponisten, zu hören sein.

Ein musikalischer Tausendsassa zwischen Konzertsaal und Club

Manche Komponistinnen haben Kent Carlson schon als Jugendlichen inspiriert, so wie Williametta Spencer durch ihre Chormusik. Doch sie und andere in den USA geachtete und ausgezeichnete Zeitgenossen wie Marques L. A. Garrett, Elliott Carter und Krystal J. Folkestad sind hierzulande eher unbekannt und sollen nun in Leipzig Gehör finden.

Porträtaufnahme der Dragqueen Helen de Nore
Drag Queen Helen de Nore. Bildrechte: Mad Fox Productions

Mehrere Werke stammen von Kent Carlson selbst. Der musikalische Tausendsassa durchbricht selbst gern vermeintliche Grenzen, nicht nur musikalische. In der vierteiligen Dokumentation "Klang und Gloria - Unterwegs mit dem MDR-Rundfunkchor", in der die Profisängerinnen und -sänger auch den Blick hinter die Kulissen des beruflichen und privaten Alltags bieten, ist Kent Carlson als Chorist und als Drag Queen in der Berliner Clubszene zu erleben.

Die Zusammenarbeit mit dem Ensemble "Neue Kammer" für das Konzert in Leipzig war für Kent Carlson schon in der Vorbereitung ein Gewinn. Er schätzt die Dirigentin Franziska Kuba als begabte Musikerin – und als Feministin. Beide wollen hierzulande unbekannten Komponistinnen und Komponisten weitere Aufführungen widmen. So wird Stück für Stück die Gruppe größer, die den musikalischen Horizont erweitern möchten, auch über dieses Konzert hinaus.

Dieses Thema im Programm: MDR KLASSIK | MDR KLASIK am Morgen | 19. Mai 2022 | 09:10 Uhr

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