Sommertour – Klassik entlang der Straße der Musik Ruhla: Eintracht durch Trennung

02. August 2022, 00:00 Uhr

Zu DDR-Zeiten gab es kaum einen Arm zwischen Kap Arkona und Sonneberg ohne die präzisen Ruhlaer Uhren am Handgelenk. Doch deren Zeit ist längst abgelaufen. Der Klang der Tabakspfeifenhersteller und der Messerschmiede war schon vorher verstummt. Dabei verdankt Ruhla gerade diesem Handwerk den Einzug in die Thüringer Sagen- und Musikwelt. Den Boden dafür hat der Komponist Friedrich Lux aufbereitet, der 1820 in Ruhla geboren wurde.

Friedrich Lux teilt das Schicksal des Vergessens mit vielen seiner Berufskollegen. Doch der Hartnäckigkeit Thüringer Landsleute ist es zu verdanken, dass der musikalische Lux-Nachlass wieder beachtet wird.

Wider das Vergessen

In der Geburtsstadt des Komponisten wurde ein Verein gegründet, der die Werke von Friedrich Lux wieder auf die Konzertbühnen bringen möchte. So konnte 2013 seine 1. Sinfonie  – wahrscheinlich erstmals in der Musikgeschichte – erklingen. Die Partitur wurde erst wenige Jahre zuvor in Mainz entdeckt, wo Lux die zweite Hälfte seines Lebens gewirkt hat. Seine 1. Sinfonie allerdings schrieb oder vollendete er nachweislich in seiner Heimatstadt Ruhla im Jahr 1846.

Die Sage vom Schmied von Ruhla – der dem Thüringer Landgraf Ludwig die Gräueltaten seiner Ritterschaft aufzeigte – hat Lux zu einer Oper verarbeitet. Auch sie wurde wiederaufgeführt: in der Trinitatiskirche in Ruhla. Ein vor zehn Jahren gegründeter Festspielverein ermöglichte die Aufführung.

Kirchenstreit mit gutem Ausgang

Stefan Lux ist ein Nachfahre des Komponisten. Er ist Pianist und kümmert sich auch um den Nachlass seines Ururgroßonkels. Unter anderem führt er dessen Lieder auf. Die Trinitatiskirche dient dabei als authentischer und atmosphärischer Konzertort.

200 Jahre zuvor war Trinitatiskirche Gegenstand eines bizarren Kirchenstreits gewesen. Ruhla war früher in zwei verschiedene Fürstentümer geteilt. Die eine Seite gehörte zu Sachsen-Gotha, die andere zu Sachsen-Weimar-Eisenach. Es gab jedoch nur eine Kirche – die Trinitatiskirche – auf der Gothaer Seite. Ab 1640 haben immer wieder Rangeleien zwischen den Kirchgängern stattgefunden. Denn den Gästen aus Weimar-Gotha konnten ja nicht einfach die besten Kirchenbänke überlassen werden. So ging das über 20 Jahre lang.

"Dann wollten die Weimarer ihre eigene Kirche. So wurde eine Kirche namens 'Concordia' gebaut. Der Name brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass die unchristlichen Streitereien aufhören werden", erzählt Gerhard Reuther, der heutige Pfarrer der Concordia-Kirche.

Eine Seltenheit: Die Winkelkirche

Nun stehen sich beide Kirchen auf der jeweiligen Hangseite fast gegenüber. Durch das Tal und den Grenzbach "Erbstrom" in der Ortsmitte voneinander getrennt. Der neuere Bau ist auffälliger durch seine Größe und durch seine spezielle Form: Die "Concordia" ist eine Winkelkirche.

"Die Kirche steht am Hang. An der Rückseite ist es felsig. Deshalb hat man die Kirche um den Fels gebaut. Dadurch sind zwei Schiffe entstanden, die im rechten Winkel zueinander stehen", so der Pfarrer. Heute ist Ruhla ein staatlich anerkannter Erholungsort. Idyllisch gelegen an der Nordseite des Thüringer Waldes – durchaus eine Reise wert, auch, um Friedrich Lux näher zu kommen.

Dieses Thema im Programm: MDR KLASSIK | MDR KLASSIK am Morgen | 01. August 2022 | 08:40 Uhr

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