Teil 3: Sommerserie Instrumentenbau Der Klang ist die Belohnung
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Die Baumeisterin historischer Klaviere Kerstin Schwarz
Seit Jahrzehnten restauriert Kerstin Schwarz historische Tasteninstrumente oder baut Hammerflügel bzw. -klaviere nach. Besonders die Instrumente aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts haben es ihr angetan: seit ihrem Besuch im Leipziger Grassi-Museum, wo einer der ersten Hammerflügel von Cristofo Bartolomeo steht.

Zwei Jahre studiert Kerstin Schwarz Musik und Deutsch auf Lehramt. Schnell wird ihr dabei klar, dass der Lehrberuf nichts für sie ist. Sie möchte viel lieber mit den Händen arbeiten und wird Intarsienschneiderin. Holz ist das Material, was ihr gefällt, Musik ihre Leidenschaft, die sie seit ihrer Kindheit prägt.
So ist ihre erste Arbeitsstation im Händel-Haus Halle als Restauratorin für Musikinstrumente ideal für sie. Von hier aus beginnt ihre große Lebensreise.
Sie vertieft sich in die Geschichte des Klavierbaus, studiert originale Instrumente in verschiedenen Museen, nimmt sie buchstäblich unter der Lupe, pendelt zwischen Werkstatt und Originalinstrumenten hin und her. Sie will verstehen, begreifen und vor allem selbst bauen. Ihr Wissen vervollständigt sie mit einem Fernstudium zur Diplom-Restauratorin für Musikinstrumente.
Bartolomeo Cristofori und seine Hammerflügel
Der Hammerflügel des Italieners Cristofori Bartolomeo von 1726, der im Grassi-Museum in Leipzig ausgestellt ist, nimmt sie gefangen. Denn seine Erfindung der Hammermechanik eröffnet eine vollkommen neue Entwicklung des sogenannten Pianoforte, also des modernen Klaviers.
"Die Cristofori-Mechanik ist eine Auslösemechanik, das heißt, der Spieler kann den Anschlag sehr gut regulieren. Der Hammer fällt von sich aus runter bevor er die Saite berührt. Ich war einfach fasziniert von dieser ganz anderen Art zu bauen. Diese alten Instrumente waren für ihre Zeit und für die Musik, für die sie gedacht waren, perfekt," erklärt Kerstin Schwarz.
Reisen durch Europa
Kerstin Schwarz´ Ziel ist klar: sie möchte den Hammerflügel, so wie er in Leipzig steht, nachbauen und ihn nach Florenz bringen. Denn dort hat der Klavierbaumeister und Erfinder Bartolomeo Cristofori am Hofe der Familie Medici gelebt, gewirkt, gearbeitet.
Noch in ihrer Hallenser Altbauwohnung beginnt sie, ihren Plan umzusetzen.
Ich hatte die Vision und diesen inneren Willen, diese Kopie zu bauen und hab dann einfach angefangen. Und das war mein erstes Instrument…
Mit einem großen Auto, dem äußeren Kasten des Klaviers, ihrer Neugier und Beharrlichkeit schafft sie es bis nach Florenz, wo sie ihr erstes Werk vollendet. Auf einer Tagung in der Academia Bartolomeo Cristofori ist ihr Hammerklavier zum ersten Mal zu hören.
Von hier aus geht es weiter: Durch verschiedene Länder und Werkstätten, wo sie durstig ihr Wissen erweitert, sich mit Gleichgesinnten austauscht, von und mit ihnen lernt. Sie studiert die Instrumente von Cristofori-Nachfolgern, unter anderem die Hammerflügel von Gottfried Silbermann. Und: sie baut, restauriert, arbeitet, ohne müde zu werden.
Ruhe-, rastlos und mit großer Neugier
Wenn sich Kerstin Schwarz nicht gerade in ihrer Zerbster Werkstatt aufhält, ist sie für und mit ihren Instrumenten unterwegs. Auf zahlreichen Konzerten und Festivals werden sie bespielt von so namhaften Künstlerinnen und Künstlern wie Christine Schornsheim, Andreas Steier, Gerd Amelung oder Artem Belogurov.
Die Klavierbaumeisterin hat noch etliche Träume. Schon bald packt sie ihre Sachen, um nach Italien zu gehen. In den Museen dort, so sagt sie, schlummerten noch Instrumente, die sie nachbauen und wieder zum Klingen bringen möchte. Denn die Klänge sind für Kerstin Schwarz die größte Belohnung ihres Berufs, der ihre Leidenschaft ist.
Dieses Thema im Programm: MDR KLASSIK | MDR KLASSIK am Morgen | 09. August 2023 | 08:40 Uhr