Zwei zerstörte Panzer. Im Hintergrund ein Kirchturm.
Hanna Kuzmenko floh nach Kriegsbeginn nach Deutschland. An Hilfe hat es nicht gefehlt. Aber das Heimweh war zu groß, sie ging zurück nach Kiew. Bildrechte: IMAGO/ZUMA Wire

Jahrestag Ukrainekrieg "Es ist die Musik, die in den schwierigsten Zeiten hilft, die Gefühle zu bewältigen"

Hanna Kuzmenko – Mutter, Ehefrau und Flötistin im Gespräch mit MDR Klassik

24. Februar 2023, 12:18 Uhr

Vor einem Jahr überfiel Russland die Ukraine. Kurz darauf floh Hanna Kuzmenko mit ihren Kindern nach Halle, wo Bettina Volksdorf sie kennenlernte. Im Herbst 2022 ging Hanna wieder zurück nach Kiew. MDR Klassik erzählt sie, warum und wie es sich jetzt dort lebt.

Ich lernte Hanna im Sommer 2022 kennen. Die zierlich-kleine, junge Frau trug die Tochter Stefania auf dem Arm, Matvii (damals 7 Jahre alt) stand dicht hinter ihr. Einige Wochen zuvor hatte mir Olena Tokar (sie ist Solistin an der Oper Leipzig) erzählt, dass ihre Studienfreundin Hanna mit den beiden Kindern raus aus Kiew, nach Deutschland kommen wolle. Das glückte und zu dritt fanden sie in Halle/Neustadt auch ein Zuhause.

Schnelle Hilfe

Schnell war gemeinsam mit Musikern der Staatskapelle Halle Hilfe organisiert: Ein Tisch, Stühle, Geschirr, Besteck, ein Bett, Mal- und etwas Spielzeug, auch für einen neuen Kühlschrank legten wir kurzerhand zusammen. Hanna war überwältigt! Und vielleicht auch etwas überfordert in der für sie fremden Umgebung, allein mit zwei kleinen Kindern, (noch) keinem Krippen- bzw. Schulplatz und dann war da noch die Sprachbarriere.

Nie so richtig angekommen

Obwohl bald ein passender Verein für den Fussball-begeisterten Matvii gefunden war, obwohl sie als Flötistin hätte vielleicht ab und an in der Staatskapelle Halle aushelfen können, der Alltag bestand für Hanna in erster Linie darin für die Kinder zu sorgen. Insofern kam sie nie so recht an in Deutschland, der Hallenser Platte. Und während Matvii mich bei unserer letzten Begegnung anstrahlte, hatte Hanna mit den Tränen zu kämpfen.

Zurück nach Hause

Nach ca. einem halben Jahr gingen sie zurück nach Kiew – zu Ehemann und Vater Vitaly, der ebenfalls Musiker ist, zur Familie, den Freunden, auch an das Glier-Konservatorium, wo Hanna – sofern es die Sicherheitslage zulässt –, unterrichtet.

Und heute?

Als ich Hanna auf Instagram anschrieb, sie um ein Interview über ihre aktuelle Situation in Kiew bat, rechnete ich mit einer Absage. Die Angriffe der Russen im Osten der Ukraine nahmen zu, die Raketeneinschläge in der Hauptstadt ebenfalls und dann verstarb auch noch ihr Onkel.

Es kam anders.

Hanna fand die Kraft zu berichten. Sie erzählt ausführlich und sehr persönlich über ihren Alltag als Mutter, Ehefrau und Lehrerin im Krieg. Man hört ihrer Stimme allerdings an, was für eine Gratwanderung das für sie gewesen sein muss: Vermutlich so wie der tägliche Balanceakt zwischen bangen und hoffen, lachen und weinen, Verzweiflung, Trostlosigkeit und neuem Mut. Am Ende sind es Sätze wie diese, die mich im sicheren Deutschland um Fassung ringen lassen:

Es ist die Musik, die in den schwierigsten Zeiten hilft, die Gefühle zu bewältigen, die Moral zu heben und Hoffnung zu geben [...] und ich weiß, dass der Sieg vor uns liegt, ich weiß, dass es bald Frieden in der Ukraine geben wird, dass die Ukraine aufblühen wird und wir in einem glücklichen, freien Land leben werden.

Hanna Kuzmenko

Religion

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13 min

MDR KLASSIK Fr 24.02.2023 07:10Uhr 12:35 min

https://www.mdr.de/mdr-klassik-radio/klassikthemen/ukraine-kiew-interview-hanna-kuzmenko-100.html

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Dieses Thema im Programm: MDR KLASSIK | 24. Februar 2023 | 07:10 Uhr

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