Eine Bezahlkarte wird bei einer Pressekonferenz gezeigt.
Landrätin Martina Schweinsburg (CDU) hat für ihren Landkreis Greiz bereits die Bezahlkarte eingeführt. Die bundesweite Lösung wird noch etwas Zeit brauchen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Bodo Schackow

Asylpolitik Viele Landkreise wollen nicht auf einheitliche Bezahlkarte für Asylbewerber warten

19. Januar 2024, 10:47 Uhr

Die Einführung einer bundeseinheitlichen Bezahlkarte für Asylbewerber wird noch dauern. Einige Landkreise wollen schon vorher eine Zwischenlösung haben. Nur in Sachsen-Anhalt gibt man sich Zeit. In Thüringen gibt es zwei Landkreise mit eigener Lösung, einer will folgen.

Grund zur Eile sieht Patrick Puhlmann nicht. Der Landrat des Landkreises Stendal macht keinen Hehl daraus, dass er von der Bezahlkarte für Asylbewerber wenig hält: "Das ist ja das Ziel, was formuliert ist: Deutschland als Standort oder Zielland soll unattraktiver werden für Asylbewerber. Ich glaube, das wird darauf gar keinen Effekt haben. Die Bezahlkarte wird in der Richtung nichts lösen."

Man werde daher erstmal abwarten, erklärt der Landrat weiter, und zwar bis die Bundesländer eine einheitliche Lösung gefunden haben. Das hieße, man habe irgendwann im nächsten Jahr solch eine Karte verfügbar.

Manche Landkreise haben bereits eine Bezahlkarte

Soweit und so klar ist die Sache in Stendal. Doch bundesweit könnte die Einführung der Bezahlkarten für Asylbewerber im heillosen Durcheinander enden. Denn im Grunde kann jedes Bundesland, jeder Landkreis, jede Großstadt ihr eigenes Ding machen. Manche Landkreise wie Greiz und Eichsfeld sind schon vorgeprescht, wissend, dass eigentlich die Bundesländer die Organisation übernehmen. Die Bundesländer wiederum haben sich mittlerweile darauf geeinigt, zu kooperieren. Allerdings nicht alle.

Bis auf Bayern und Hamburg beteiligen sie sich an einer europaweiten Ausschreibung für einen gemeinsamen Dienstleister für die technische Infrastruktur. Und diese Ausschreibung kann dauern, erklärt Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang. "Es ist ein Zeitplan erstellt worden, der auch mögliche Klagen und ähnliches mit einbezieht. Die Zuschlagserteilung ist für den späten Herbst avisiert. Aber bei europaweiten Vergabeverfahren einen Monat zu benennen, ist mehr als schwierig."

Einführung der Bezahlkarte von politischen Motiven abhängig

Ob, wann und wo die Bezahlkarte kommt, das ist am Ende wohl aber auch von der politischen Motivation im jeweiligen Bundesland oder Landkreis abhängig. In Sachsen-Anhalt zum Beispiel, wo in diesem Jahr keine Landtagswahlen stattfinden, plant nach Informationen von MDR AKTUELL zurzeit kein einziger Landkreis die Einführung.

Ganz anders dagegen in Sachsen, wo im September gewählt wird. Die Landkreise in Sachsen wollen sogar schon bis Ende März die Bezahlkarte eingeführt haben. Trotz des hohen Aufwands, der auch mit einer Ausschreibung verbunden ist. Und trotz der kurzen Haltbarkeit der Karte, die ja in wenigen Monaten durch eine bundesweit einheitliche ersetzt werden soll.

Steuerzahlerbund: Vorzeitige Einführung ist Verschwendung

Kritik kommt daher von Thomas Meyer, Präsident des sächsischen Steuerzahlerbundes. "Ich glaube nicht, dass das technisch in dieser kurzen Zeit umsetzbar ist. Und wenn bestimmte Projekte, die von der öffentlichen Hand finanziert werden, nicht bis zum Ende gedacht sind, dann ist das Steuergeldverschwendung."

In Sachsen wollen die Städte Dresden, Leipzig und Chemnitz daher nicht mitmachen und auf die bundesweite Regelung warten. So wie übrigens auch in Thüringen, hier setzt neben Greiz und Eichsfeld ab Februar zwar nun auch der Saale-Orla-Kreis auf die Bezahlkarte, alle anderen Landkreise wollen aber ebenfalls abwarten.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 19. Januar 2024 | 06:10 Uhr

21 Kommentare

MDR-Team vor 17 Wochen

Hallo Denkschnecke,
ja, wir zitieren den Landrat, doch das Ziel, von dem er redet, stammt nicht von ihm, sondern er bezieht sich auf das System der Bezahlkarten.

Denkschnecke vor 17 Wochen

@Norbert Franke:
So ist es ja auch: Die allermeisten Geflüchteten landen in der Nähe ihres Heimatlandes: 2015 hat nicht einmal ein Viertel der vor dem Bürgerkrieg in Syrien Geflohenen den Weg nach Europa überhaupt versucht. DIe allermeisten sind in der Türkei, Jordanien, Saudi-Arabien gelandet.

Denkschnecke vor 17 Wochen

Sehr geehrte MDR-Redaktion, mit Verlaub zitieren Sie den Landrat oben wörtlich: "Das ist ja das Ziel, was formuliert ist: Deutschland als Standort oder Zielland soll unattraktiver werden für Asylbewerber." Genau diese Formulierung finde ich menschenverachtend - oder unglücklich formuliert.

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