Verbindungsgang einer Justizvollzugsanstalt
In den Gefängnissen in Sachsen-Anhalt ist knapp einer von 26 Inhaftierten älter als 60 Jahre. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa/Daniel Karmann

Mehr ältere Gefangene Noch vier Verurteilte aus DDR-Zeiten in Mitteldeutschlands Gefängnissen

17. Dezember 2023, 21:08 Uhr

In Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen sind immer mehr ältere Personen inhaftiert. Der Anteil der Gefangenen, die älter als 60 sind, ist seit 2019 gestiegen. Derzeit sitzen noch vier Personen in Haft, die nach DDR-Strafrecht verurteilt wurden.

  • In Sachsen-Anhalt wächst der Anteil älterer Häftlinge.
  • Zwei Männer in Sachsen wurden noch zu DDR-Zeiten inhaftiert.
  • 1992 wurde ein Mann in Thüringen noch nach DDR-Strafrecht verurteilt.

In den Gefängnissen in Sachsen-Anhalt ist der Anteil der älteren Häftlinge gestiegen. Wie das Justizministerium mitteilte, waren am 1. Dezember insgesamt 1.553 Gefangene untergebracht, 60 von ihnen älter als 60 Jahre.

Im Jahr 2019 seien von insgesamt 1.705 Gefangenen 50 älter als 60 gewesen. Der Anteil der Seniorinnen und Senioren an den Gefangenen ist damit von knapp drei Prozent auf fast vier Prozent gestiegen. Das bedeutet, dass aktuell im Schnitt etwa einer von 26 Inhaftierten im Land älter als 60 ist.

Nach Angaben des Justizministeriums ist noch ein Mann inhaftiert, der vor der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 verurteilt wurde. Er verbüße eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Sachsen: Anteil älterer Häftlinge wächst

In Sachsen sind noch zwei Männer in Haft, die nach DDR-Strafrecht verurteilt worden sind. Sie seien wegen Mordes und sexuellen Missbrauchs inhaftiert, teilte das Justizministerium auf Anfrage mit.

Derweil wächst auch in Sachsen der Anteil älterer Häftlinge. Am 8. Dezember waren es den Angaben zufolge 124 Gefangene mit einem Alter ab 60 Jahren im sächsischen Justizvollzug. Drei Jahre zuvor waren es 95. Als einzige Justizvollzugsanstalt (JVA) in Sachsen verfügt das Gefängnis in Waldheim (Landkreis Mittelsachsen) über eine spezielle Seniorenstation mit 54 Haftplätzen.

Auf der Seniorenstation können die Häftlinge häufiger ihre Zellen verlassen und mit den anderen Gefangenen gemeinsam kochen, essen, Gesellschaftsspiele spielen oder Sport treiben. Damit soll dem sozialen Rückzugsverhalten und dem daraus resultierenden schnelleren Fortschreiten des Alterungsprozesses entgegengewirkt werden, wie ein Sprecher des Justizministeriums sagte.

Thüringen: Mann 1992 nach DDR-Strafrecht verurteilt

In Thüringen sitzt noch ein nach dem DDR-Strafrecht Verurteilter im Gefängnis. Der Mann sei im Juli 1990 festgenommen worden und im April 1992 noch nach dem Strafgesetzbuch der DDR verurteilt worden, teilte das Justizministerium auf Anfrage mit. Derweil ist auch die Zahl der Insassen, die älter als 60 Jahre sind, gestiegen.

Ende November dieses Jahres zählte das Justizministerium 60 solcher Häftlinge - einschließlich der in Untersuchungshaft und in Sicherungsverwahrung. Das entsprach einem Anteil von 4,5 Prozent an der Gesamtzahl der Inhaftierten (1333). Vier Jahre zuvor waren es Ende November 35 Häftlinge im Alter von über 60 Jahren gewesen. Diese machten wiederum einen Anteil von 2,2 Prozent der damals 1564 Gefangenen aus.

Der Haftalltag unterscheide sich nicht grundsätzlich von dem der jüngeren Gefangenen, hieß es aus dem Ministerium. Häftlinge, die die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht haben, sind zwar nicht generell verpflichtet, eine Arbeit im Vollzug auszuüben. Wird nach einer medizinischen Untersuchung festgestellt, dass die älteren Gefangenen arbeitsfähig sind, können sie Arbeiten wie die jüngeren Inhaftierten ausüben. Für diejenigen, die nicht arbeiten, gebe es während der regulären Arbeitszeiten Freizeit- und Sportmaßnahmen.

dpa, MDR (Michael Rosebrock, Maren Wilczek, Oliver Leiste)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 17. Dezember 2023 | 10:00 Uhr

28 Kommentare

W.Merseburger vor 25 Wochen

Pattel,
sachliche Darstellungen und Tatsachen über die gesetzlichen Dinge im Arbeitsrecht der ehemaligen DDR sind nicht Ihr Ding; einseitig und unzulänglich verzerrte Polemik schon!

Thommi Tulpe vor 25 Wochen

Freies Moria. Ich lebte mit damaliger Lebenspartnerin und drei kleinen Kindern nahe eines der Industriegebiete meiner Heimatstadt. Ich weiß, was Sie sagen wollen. Es ist auch richtig, dass dieser Staat mit vielen Menschen unmenschlich umgegangen ist - mit seinen Gegnern.
Die allermeisten Leute hatten sich aber in dieser "unmenschlichen" DDR eingerichtet, waren aus opportunistischen Gründen oder aus wirklicher Überzeugung heraus eben keine Regimegegner. Folglich betraf eine unmenschliche Behandlung des Systems gegenüber seinen Bürgern nicht die Mehrheit.
Ich kann dennoch nicht nachvollziehen, warum Sie der Auffassung sind, dass DDR-Vergangenes "wieder in Gang kommt". Ich habe eher Befürchtungen davor, dass DDR und BRD Vorausgegangenes "wieder in Gang kommt".

Thommi Tulpe vor 25 Wochen

Richtig und nicht ganz richtig, Pattel. So man seinen Unterhalt sichern konnte, ohne kriminell zu werden (z. B. wenn man Vermögen oder jemanden hatte, der einem den Unterhalt sicherte), gab es selbst in der DDR keinen Arbeitszwang. Dahingehend hat W. Merseburger schon Recht. Diese Möglichkeit hatten aber nur sehr sehr wenige "Arbeitsunwillige" im Arbeiter- und Bauerstaat.

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