Blick auf ein Wohngebiet zwischen Feldern
Derzeit erhalten viele Haus und Wohnungsbesitzer ihren Grundsteuerbescheid Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jan Woitas

Hintergrund Grundsteuer – Wegweiser durch den Begriffsdschungel

29. Juli 2023, 05:00 Uhr

Besitzer von Häusern, Grundstücken oder Eigentumswohnungen bekommen derzeit Bescheide zur Grundsteuer. Die wird zwar erst ab 2025 fällig. Dennoch sind genau diese Bescheide entscheidend und sollten genau gelesen werden. Ein Überblick über die wichtigsten Begriffe.

Die Finanzämter verschicken derzeit Bescheide zur neuen Grundsteuer. Diese enthalten den Grundsteuerwertbescheid und den Grundsteuermessbescheid. Die beiden Begriffe sind nicht die einzigen Wortungetüme in den Schreiben. Hinzu kommen Bodenrichtwert, Liegenschaftszinssatz, Restnutzungsdauer, kapitalisierter Reinertrag. Dennoch sollte man sich nicht von solchen Wörtern abschrecken lassen. Ein genauer Blick (und ein Taschenrechner) lohnen sich, denn auch wenn der eigentliche Grunsteuerbetrag erst im nächsten Jahr kommt, der jetzige ist mitentscheidend für die Höhe.

Grundsteuerwert

Der Grundsteuerwert bezeichnet einen Betrag für das eigene Haus oder die eigene Wohnung. Dabei handelt es sich nicht um den Preis, den man bei einem Verkauf erzielen würde, sondern um den Betrag, den man bei einer angenommenen Restnutzungsdauer aus Mieteinnahmen erzielen würde, zuzüglich einem errechneten Bodenwert für das Grundstück bzw. die Wohnfläche. Die Ermittlung dieses Wertes wird Ertragswertfahren genannt.

Grundsteuermessbetrag

Der Grundsteuermessbetrag ist die wichtigste Zahl der ganzen Bescheide. Der Euro-Wert der dort steht, wird später mit dem örtlichen Hebesatz multipliziert und ergibt die zu zahlende Grundsteuer.

Errechnet wird der Grundsteuermessbetrag aus dem Grundsteuerwert mal einer sogenannten Steuermesszahl. Diese wird gesetzlich festgelegt und liegt in den meisten Bundesländern für Wohnhäuser und Wohneigentum bei 0,31 Promille bzw. 0,031 Prozent und für unbebaute Grundstücke bei 0,034 Prozent. In Sachsen gilt ein leicht höherer Wert von 0,036 Prozent für beide Arten von Grundstücken.

Zu erwartende Grundsteuer

Wie hoch die Grundsteuer ab 2025 wird, lässt sich noch nicht genau sagen. Sie hängt wie oben erwähnt vom Hebesatz ab, den die Kommunen erst noch festlegen. In Leipzig z.B. liegt der Hebesatz derzeit für bebaute Grundstücke bei 650 Prozent. Das bedeutet, die Grundsteuer beträgt das Sechseinhalbfache des im Bescheid angegebenen Messbetrags. Ist z.B. ein Haus in Leipzig mit 200.000 Euro veranschlagt, würde die Steuer bei diesem Hebesatz 200.000 x 0,00036 x 6,5 = 468 Euro betragen.

Rohertrag pro Jahr (angenommene Mieteinnahmen)

Zur Berechnung der (möglichen) Mieteinnahmen pro Jahr werden keine tatsächlichen Mieten herangezogen, sondern Standardwerte, die vom Land, Baujahr und Art des Hauses sowie der Wohnfläche abhängen. Den jeweils gültigen Standardwert findet man in Anlage 39 des Bewertungsgesetzes. Er wird mit der Wohnfläche und mit 12 multipliziert. Für Garagen gilt ein zusätzlicher Pauschalwert von 35 Euro pro Monat.

Reinertrag pro Jahr

Von dem errechneten Rohertrag wird ein Prozentsatz für Bewirtschaftungskosten abgezogen. Dieser liegt zwischen 18 und 31 Prozent und hängt vom Baujahr und der Art des Hauses ab. Hier nachzulesen die Bewirtschaftungskosten laut Bewertungsgesetz

Restnutzungsdauer

Wichtig für die Berechnung des Grundsteuerwertes ist die sogenannte Restnutzungsdauer. Für alle Häuser wird pauschal eine Nutzungsdauer von 80 Jahren angenommen. Daraus und aus dem Baujahr ergibt sich die Restnutzungsdauer. Bei älteren Häusern gilt eine Restnutzungsdauer von mindestens 24 Jahren.

Kapitalisierter Reinertrag

Die Ermittlung des kapitalisierten Reinertrags ist der vorletzte Schritt auf dem Weg zum Grundsteuerwert. Er errechnet sich aus dem Reinertrag pro Jahr und einem sogenannten Vervielfältiger, der sich wiederum aus dem Liegenschaftszins und der Restnutzungsdauer ergibt.

Der Liegenschaftszins hängt von der Art des Hauses ab. Für Einfamilienhäuser beträgt er z.B. 2,5 Prozent. Hier eine komplette Übersicht.

Den passenden Vervielfältiger kann man hier heraussuchen.

Bodenwert

Der Bodenwert wird berechnet aus der Grundstücks- bzw. Wohnfläche und dem Bodenrichtwert für die jeweilige Lage des Grundstücks. Alle Bundesländer haben die entsprechende Werte im Netz veröffentlicht.  

  • Bodenrichtwert Sachsen
  • Bodenrichtwerte Sachsen-Anhalt
  • Bodenrichtwerte Thüringen

Der ermittelte Betrag wird noch mit einem Abzinsfaktor (einem Wert kleiner 1) multipliziert. Die Idee dahinter ist, dass der Boden durch die Bebauung "verbraucht" wird. Das mag im Widerspruch zur allgemeinen Vorstellung von steigenden Grundstückspreisen stehen. Bei der Ermittlung der Grundsteuer werden spekulative Wertsteigerungen aber nicht berücksichtigt.

Der Abzinsfaktor hängt von der Restnutzungsdauer und dem Liegenschaftszins ab und lässt sich aus Anlage 41 des Bewertungsgesetzes herauslesen.

Bodenwert und kapitalisierter Reinertrag ergeben zusammen den Grundsteuerwert.

Prüfung des Mindestwertes

Wer ein Grundstück hat, dass deutlich wertvoller ist als das daraufstehende Haus, für den kann die Prüfung des Mindestwertes relevant sein. Das Finanzamt prüft, ob der errechnete Grundsteuerwert niedriger als 75 Prozent des Bodenwertes (ohne Abzinsfaktor) ist. Wenn ja, werden diese 75 Prozent als Grundsteuerwert angesetzt.

Einspruchsfrist von einem Monat

Für den Grundsteuerbescheid gilt eine Einspruchsfrist von einem Monat. Der Sprecher des sächsischen Finanzministeriums wies darauf hin, dass die Frist am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post beginnt. Fallen der Fristbeginn oder das Fristende auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, verschieben sich Beginn bzw. Ende auf den nächsten Werktag.

Einspruchsfrist überschritten

Im Einzelfall ist auch nach Überschreiten der Einspruchsfrist ein Vorgehen gegen den Bescheid möglich. Nach Angaben aus dem Finanzministerium kann das insbesondere dann der Fall sein, wenn es um Tatsachen geht, die der Finanzbehörde bei Erlass des Bescheides noch nicht bekannt waren und an deren verspäteten Bekanntwerden die Eigentümer kein grobes Verschulden trifft. In diesem Fall können sie einen Antrag auf Änderung des Bescheids beim Finanzamt stellen.

MDR (dko)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 26. Juli 2023 | 06:09 Uhr

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