Blick in einen Serverraum des Gemeinsamen Kompetenz- und Dienstleistungszentrums (GKDZ) in einem Gebäude am Leipziger Standortes der sächsischen Bereitschaftpolizei
Der Serverraum des "Gemeinsamen Kompetenz- und Dienstleistungszentrums" steht. Wann der Betrieb hier aufgenommen wird, scheint weiterhin nicht absehbar. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Willnow

"GKDZ" Leipzig Neue Verzögerungen beim Abhörzentrum der ostdeutschen Länder

13. Juli 2023, 05:00 Uhr

Es soll die Abhörarbeit der Polizei erleichtern: Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Berlin haben sich für ein "Gemeinsames Kompetenz- und Dienstleistungszentrum" entschieden. Das Abhörzentrum mit Sitz in Leipzig sollte bereits 2021 starten, doch es kam zu Verzögerungen. Weiter ist unklar, wann die Behörde ihren Dienst aufnehmen wird.

Zwischen Kleingartenanlagen, Autohäusern und Handwerksbetrieben werden künftig Kriminelle überwacht. Im Norden Leipzigs hat das "Gemeinsame Kompetenz- und Dienstleistungszentrum", kurz GKDZ, seinen Sitz. In den Medien hat sich für die Behörde der Name "Abhörzentrum" eingebürgert. Denn genau das soll seine Aufgabe sein – die Kommunikation von mutmaßlichen Straftätern über Smartphones oder Computer mitlesen.

Dorothea Marx ist innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Thüringer Landtag und betont: "Es muss immer wieder klar gestellt werden, dass die eigentliche Polizeiarbeit bei den Ländern verbleibt. Das heißt: Ob überhaupt eine Überwachung stattfindet und wie die Ergebnisse ausgewertet werden, das liegt nach wie vor bei den Länderpolizeien. Es geht um die technische Hilfeleistung auf bestem Niveau. Das wäre dann eben auch eine wichtige Ergänzung für die polizeiliche Arbeit, damit mit gemeinsamen guten technischen Standards die Abhörmaßnahmen zielgerichteter durchgeführt werden können."

Probleme mit der Abhörtechnik

Und das sei letztendlich auch günstiger. Doch bislang kann das GKDZ nicht arbeiten. Seit der Ankündigung im Jahr 2010, ein gemeinsames Rechenzentrum zur Telekommunikationsüberwachung einzurichten, gab es mehrfach Verzögerungen. Jetzt hängt es an der Abhörtechnik. Die lässt die Behörde bei einer Firma entwickeln, die 2021 den Zuschlag bei der europaweiten Ausschreibung bekam.

Eigentlich sollte das System im ersten Halbjahr 2024 in Betrieb gehen. Aber, so schreibt das GKDZ auf Anfrage von MDR AKTUELL: "Aktuell wurde durch dieses Unternehmen eine Verzugsanzeige hinsichtlich der vertraglich geregelten Fristen angezeigt, da das Produkt noch nicht geliefert werden kann."

Grüne: Fertigstellung des Projekts vollkommen unklar

Für Valentin Lippmann, den innenpolitischen Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion in Sachsen, kommen die erneuten Verzögerungen nicht überraschend: "Wir haben die Einrichtung dieses Zentrums immer kritisch begleitet, weil wir von Anfang an der Ansicht waren, dass ein so großes Projekt zwischen fünf Bundesländern mit erheblichen Risiken für die Fertigstellung und die Kosten verbunden ist. Das hat sich mittlerweile bestätigt. Es ist vollkommen unklar, ob das Projekt jemals fertig werden wird."

Es ist vollkommen unklar, ob das Projekt jemals fertig werden wird.

Valentin Lippmann Bündnis 90/Die Grünen

Lippmann: Verlassen auf GKDZ wäre fatal

Von den geplanten 38 Stellen sind bislang auch erst 18 besetzt. In den nächsten Monaten, schreibt das GKDZ, würden vor allem weitere IT-Administratoren eingestellt. Dass das lange Warten Mehrkosten verursacht, gilt als sicher. Nur die Höhe ist unklar. 2017 und 2018 zahlten die beteiligten Bundesländer insgesamt fast 16 Millionen Euro Anschubfinanzierung. Die nachfolgenden Kosten sind unter Verschluss.

Valentin Lippmann sagt dazu: "Es ist grundsätzlich so, dass wir eigene Telekommunikationsüberwachungsanlagen haben, bis dieses Zentrum fertig gestellt ist. Da muss jetzt aber die Frage gestellt werden, inwieweit dort Neubeschaffungen notwendig sind, denn eines ist klar: Der Zeitplan ist so aus den Fugen geraten, dass ein Verlassen darauf, dass einzig dieses Projekt die Telekommunikationsüberwachung sicher stellen wird, für die Sicherheitslage im Freistaat Sachsen fatal wäre."

Dorothea Marx ergänzt, es sei bedauerlich, dass das Abhörzentrum auf sich warten lasse. Schließlich gehe es um Waffengleichheit mit den Kriminellen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 13. Juli 2023 | 06:00 Uhr

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