Pharmazeutisch Technische Assistenten und Apotheker beim Protesttag der Apothekerverbände
Überall in Deutschland haben am Donnerstag Apotheken geschlossen. Bildrechte: picture alliance/dpa

Bundesweiter Protesttag Mehr als 85 Prozent der deutschen Apotheken geschlossen

14. Juni 2023, 17:45 Uhr

85 Prozent aller deutschen Apotheken haben heute geschlossen. Grund ist der bundesweite Protesttag, um auf den Stillstand bei den Apotheker-Vergütungen und die Arznei-Lieferengpässe aufmerksam zu machen. In Mitteldeutschland ist die Beteiligung am Streik besonders hoch.

Anlässlich eines bundesweiten Protesttags sind am Mittwoch die meisten der knapp 18.000 Apotheken in Deutschland geschlossen geblieben. Nach einer Umfrage der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (Abda) unter 3.000 Leiterinnen und Leitern am Mittwochmorgen beteiligten sich mehr als 85 Prozent der Apotheken an dem Protest. Demnach stellten 1.200 Notdienstapotheken die Versorgung mit Arzneimitteln in dringenden Fällen sicher. 

In Sachsen-Anhalt hätten sich etwa 97 Prozent der knapp 570 Apotheken im Land am Streik beteiligt. Das teilte eine Sprecherin des Landesapothekerverbands mit. Fast 40 Apotheken sicherten demnach die Notfallversorgung im Land. In Thüringen beteiligten sich dem Landespothekerverband zufolge etwa 400 der 500 Apotheken. Wie eine Sprecherin des Sächsischen Apothekerverbands mitteilte, hatte sich im Freistaat "die sehr große Mehrheit der Apotheken beteiligt". Genaue Zahlen gebe es aber nicht.

Bundesweit Kundgebungen

Im Laufe des Tages waren Kundgebungen in mehreren deutschen Städten geplant. Die zentrale Kundgebung sollte um 12 Uhr in Berlin stattfinden. Hier wollten die Apotheker in einem Protestmarsch zum Bundeswirtschaftsministerium ziehen. Die größte Kundgebung in Sachsen-Anhalt fand nach Angaben des Verbandes mit circa 150 Teilnehmern in Colbitz (Landkreis Börde) statt. Auf dem Erfurter Anger informierten Pharmazeuten Passanten über ihre Forderungen.

Die Apotheker protestieren damit gegen die Gesundheitspolitik der Bundesregierung. Diese betreibe einen "Sparwahn" bei der Arzneimittelversorgung. "Die kürzlich beschlossene Honorarabsenkung für Apotheken ist nach zehn Jahren Stillstand bei der Apothekenvergütung ein Schlag ins Gesicht der Apothekenteams", erklärt der Verband. Die Apotheken müssten nach der Pandemie jetzt mit Lieferengpässen kämpfen. Wegen der Mehrbelastung fordern die Apotheker mehr Honorar, weniger Bürokratie und mehr Entscheidungskompetenz.

Der Vorsitzende des Thüringer Apothekerverbandes, Stefan Fink, sagte, man brauche dringend mehr Geld aus der gesetzlichen Krankenversicherung für die Apotheken. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte zuvor höheren Honoraren eine Absage erteilt – mit Verweis auf die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenversicherung. Fink sagte, dass der Kostenanteil der Apotheken an den Kassen-Gesamtausgaben lediglich rund zwei Prozent betrage.

Wir müssen der Gesellschaft zeigen, wie groß die Bedeutung der Apotheken für die Versorgung ist.

Thomas Benkert Präsident der Bundesapothekerkammer

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Tino Sorge, hat Verständnis für den Protesttag geäußert. Im "rbb24 Inforadio" forderte er mehr Flexibilität und weniger Bürokratie. Ein Apotheker müsse eigenhändig entscheiden dürfen, ob er das nicht vorhandene Medikament durch ein wirkstoffgleiches Präparat austausche. Das müsse jedoch auch entsprechend vergütet werden.

Der Präsident der Bundesapothekerkammer sagte, man müsse der Gesellschaft zeigen, wie wichtig die medizinische Versorgung durch Apotheken ist. Es wäre "dramatisch", wenn noch mehr Apotheken verschwinden würden. Im Jahr 2022 sank die Zahl der Apotheken der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände zufolge bundesweit um 393. Das ist der niedrigste Stand seit Beginn der 1980er Jahre.

AFP, dpa (amu)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 14. Juni 2023 | 11:00 Uhr

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