Zu wenig Geld bei Verkehrsbetrieben Drohende Fahrplankürzungen in Mitteldeutschland

10. Juli 2023, 16:05 Uhr

Die Verkehrsbetriebe in Mitteldeutschland haben zu wenig Geld. Deswegen droht in Dresden und Leipzig, dass Fahrpläne ausgedünnt oder ganze Linien gestrichen werden müssen. Und auch die Verkehrsbetriebe in Magdeburg und Erfurt stehen vor gestiegenen Kosten.

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In drei Jahren soll das mitteldeutsche S-Bahn-Netz einen neuen Betreiber bekommen. Dafür hatte es eine europaweite Ausschreibung gegeben – soweit normal.

Im Ausschreibungsprozess wurde jedoch klar, dass für den Weiterbetrieb viel Geld fehlt. Nach Informationen der Leipziger Volkszeitung geht es um ein Minus von knapp 13 Millionen Euro. Franziska Riekewald von der Linken-Fraktion im Leipziger Stadtrat und Sprecherin für Mobilität fürchtet: Das Netz, wie es jetzt ist, könnte es schon bald nicht mehr geben.

Eine S-Bahn fährt in den Haltepunkt Gröbers zwischen Halle/Saale und Leipzig. 3 min
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Es werde zum Beispiel darüber nachgedacht, den S-Bahn-Verkehr ab 20 Uhr nicht mehr im Halbstunden-Takt fahren zu lassen, erzählt Riekewald: "Das stellt natürlich für alle Pendlerinnen und Pendler, die nach Leipzig rein oder rauswollen, ein Riesenproblem dar, weil das normale Arbeitszeiten sind. Wenn ich irgendwo in einem Geschäft arbeite, dann habe ich Arbeitszeiten bis 20 Uhr. Wenn ich dann nur noch im Stundentakt vorankomme, dann ist das ein Riesenproblem."

Finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern wird benötigt

Das betreffe zum Beispiel die Linie S3 nach Wahren und Halle. Als Gründe nennt der Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig hohe Energiekosten durch den Ukraine-Krieg, höhere Löhne und die Entwicklung der Zinsen für Kredite.

Jetzt hänge es vor allem daran, ob Bund und Land finanziell unterstützen, heißt es in einer Mail vom Verband an MDR AKTUELL: "Derzeit sehen wir uns durch die Preissprünge in der gesamten Branche hohen Herausforderungen gestellt. Der Bund und für 2022/23 auch der Freistaat Sachsen haben sich dieser Realität gestellt und erhebliche Zuschüsse gewährt. Wenn das Kostenniveau weiter so hoch bleibt und davon ist in weiten Bereichen zu rechnen, müssen dem System entsprechende zusätzliche finanzielle Mittel zugeführt werden."

Kürzung des Angebots droht auch in Dresden

Ein anderes Beispiel kommt aus Dresden. Dort hatte sich die Sächsische Zeitung auf ein internes Papier der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) bezogen und berichtet: Die Standseil- und Schwebebahn, Fährverbindungen und vier Buslinien sollen komplett wegfallen, Bahn- und Buslinien verkürzt werden.

Sowohl die Stadt Dresden als auch die DVB haben das auf Nachfrage von MDR AKTUELL dementiert, es gebe keine konkreten Sparpläne. Trotzdem drohten "ohne eine auskömmliche Finanzierung spürbare Angebotskürzungen beim Nahverkehr."

Die Grünen-Stadträtin und DVB-Aufsichtsrätin Susanne Krause reagiert auf den Zeitungsbericht wenig begeistert: "Das ist aus meiner Sicht auch ein soziales Problem. Weil die Leute, die nicht besonders gute Alternativen zur Verfügung haben, als zum Beispiel zu Fuß unterwegs zu sein, dann auch von Angeboten abgeschnitten sind und in ihrem persönlichen Lebensumfeld sehr stark eingeschränkt werden."

Infrakstrukturministerin: Keine Kürzungspläne für Sachsen-Anhalt

MDR AKTUELL hat auch bei den Verkehrsbetrieben in Erfurt und Magdeburg nachgefragt – in beiden Städten gebe es keine konkreten Überlegungen, Linien oder Takte einzukürzen. Allerdings stehe man ebenfalls vor enorm gestiegenen Kosten.

In Sachsen-Anhalt sind nach Auskunft von Infrastrukturministerin Lydia Hüskens derzeit keine Kürzungspläne im Öffentlichen Nahverkehr bekannt. Die FDP-Politikerin sagte MDR AKTUELL, es könne natürlich sein, dass der ein oder andere Kommualbetrieb darüber diskutiere, ob sich jede Strecke lohne. Das sei aber ganz normal. Hüskens betonte, gestiegene Energiekosten beträfen alle Unternehmen. Es gebe aber seit vergangenem Jahr die Möglichkeit, sich da Unterstützung vom Bund zu holen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 10. Juli 2023 | 06:00 Uhr

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