Firmengebäude mit Schriftzug Solarwatt.
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Kostendruck Solarwatt in Dresden stoppt Akku-Fertigung

27. Mai 2024, 15:02 Uhr

Weil in China deutlich günstiger produziert wird, hatte die Firma Solarwatt bereits die Produktion von Solarmodulen in Dresden eingestellt. Neu ist, dass nun auch die Herstellung von Akkus beendet wird, 190 Mitarbeiter sind betroffen. Einschätzungen von AKTUELL-Wirtschaftsredakteur Ralf Geißler, der eine deutsche und europäische Strategie, wie man der chinesischen Dumping-Preis-Politik begegnen will, vermisst.

Wie begründet Solarwatt den Stopp der Batteriefertigung?

Die Geschäftsführung begründet das Ende der Batteriefertigung mit dem gleichen Argument, mit dem sie die Solarmodulfertigung gestoppt hat. Die Produktion in Dresden sei schlicht nicht wirtschaftlich. Das Ausland könne billiger anbieten. Solarwatt hält sich allerdings eine Hintertür offen: Die Maschinen in Dresden sollen nicht abgebaut werden. Wenn die Märkte es zuließen, so ein Sprecher, könne man die Batteriefertigung auch wieder hochfahren.

Was bleibt jetzt noch vom einstigen Vorzeigunternehmen Solarwatt?

Die Firma wird weiterhin Solarmodule und Akkus verkaufen, ist nach wie vor damit einer der großen Händler. Allerdings werden die Produkte nun aus China kommen. Schon vergangenes Jahr ließ Solarwatt zum Beispiel 80 Prozent seiner Module in einer chinesischen Fabrik fertigen. Ab August liefert China nun 100 Prozent – unter der deutschen Aufsicht von Solarwatt.

Erklärtes Ziel der EU ist, dass 30 Prozent aller Anlagen für erneuerbare Energien in Europa gefertigt werden. Ist das realistisch?

Ich halte das auf mittlere Sicht für unrealistisch. China flutet die Märkte derzeit mit billigen Industrieprodukten. Das Land verkauft Solarmodule sogar unter den eigenen Kosten, weil die Regierung sehr viele, sehr große Fabriken staatlich gefördert hat. Auch die USA ziehen große Solarfabriken mit staatlichen Subventionen hoch. Wenn man also eine eigene europäische Solarindustrie will, muss man diese ebenfalls fördern – oder auf die ausländischen Produkte Zölle draufschlagen, damit sie teurer werden. Die USA machen so etwas. Sie erheben auf chinesische Solarzellen und Halbleiter künftig 50 Prozent Zoll. Anders die EU. Sie wehrt sich gegen chinesische Billigwaren bislang bestenfalls homöopathisch.

Warum wehrt sich Europa denn nicht mit Zöllen?

Zum einen, weil wir natürlich auch profitieren. Wir wollen ja möglichst schnell, möglichst viel grünen Strom. Da ist es super, dass China gerade so billig liefert. Zum anderen lehnt die deutsche Industrie Zölle ab. Denn sie hat große Sorgen, dass China dann mit Gegenzöllen reagiert – zum Beispiel auf deutsche Autos oder Maschinen. Diese ließen sich in China dann schlechter verkaufen, weil der Zoll sie ja teurer machen würde. China ist immer noch ein wichtiger Abnehmer unserer Produkte – und die Industrie hat vielleicht ein bisschen zu viel Respekt vor dem chinesischen Riesen und will deswegen keine Zölle.

Ist das klug?

Darüber wird heftig gestritten. China verfolgt offenbar ja eine Strategie: Zuerst kamen die billigen Solarmodule, was nun zur Schließung der deutschen Solarfabriken führt. Inzwischen sorgt sich die Windbranche wegen Billig-Turbinen aus Fernost. China liefert auch billige Elektroautos. Und irgendwann vielleicht auch Maschinen. Die spannende Frage ist: Wie lange will Deutschland, will die EU da zugucken?

Wir rutschen immer stärker in Abhängigkeiten, die wir nicht mehr wollen. Dem kann der Staat begegnen mit einer Industriepolitik, die bestimmte Branchen gezielt unterstützt oder mit Zöllen auf ausländische Waren. Letzteres ist womöglich keine schöne Option für Deutschland, das ja viele Jahre vom freien Welthandel profitiert hat. Aber nichts tun, scheint mir auch keine Option zu sein. Ich persönlich vermisse eine klare Strategie der EU, wie man mit der Flut an Billigimporten umgehen will. Momentan lässt man es weitgehend laufen.

MDR AKTUELL(ans)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 27. Mai 2024 | 12:47 Uhr

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