Rohstoff für Batterien Europas erste Raffinerie für Lithium geht in Bitterfeld-Wolfen in Betrieb

18. September 2024, 05:00 Uhr

Früher wurde aus den Tagebauen rings um Bitterfeld das schwarze Gold aus der Erde geholt – doch die Kohleförderung ist seit Jahrzehnten Geschichte. Aus einem früheren Tagebau-Krater ist mit der Goitzsche eine Seenlandschaft entstanden. Wenige Kilometer entfernt, im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen, wird nun weißes Gold hergestellt: Lithium – der wichtigste Rohstoff für Batterien. Europas erste Raffinerie dafür geht am Mittwoch in Betrieb.

Bitterfeld-Wolfens Oberbürgermeister Armin Schenk war vor seinem Job im Rathaus für die Wirtschaftsförderung im Landkreis zuständig. Deshalb blüht er bei Neuansiedlungen förmlich auf. Diese Schlüsseltechnologie, schwärmt Schenk, passe perfekt zum Chemiepark Bitterfeld-Wolfen. Dort stehe man für Innovation und beschreite mutig Neuland. "Nicht alles hat funktioniert. Es ging mal hoch und mal runter. Aber wir glauben an unsere Stärke und können auf eine hervorragende Infrastruktur zurückgreifen", sagte das Stadtoberhaupt MDR SACHSEN-ANHALT. Das wüssten auch die Investoren zu schätzen. "Bei der Lithium-Raffinerie habe ich ein richtig gutes Gefühl", so Schenk.

Bei der Lithium-Raffinerie habe ich ein richtig gutes Gefühl.

Armin Schenk Oberbürgermeister Bitterfeld-Wolfen

Tatsächlich ist es die erste Raffinerie, die in Europa entstanden ist. Vereinfacht ausgedrückt, wird Lithium in Brasilien abgebaut, per Schiff nach Europa gebracht und in Bitterfeld-Wolfen aufwendig gereinigt und veredelt. Ziel ist es, batterie-fähiges Lithiumhydroxid mit einer hohen Energiedichte herzustellen. 

Unternehmen AMG Lithium könnte Raffinerie noch vergrößern

Stefan Scherer, der Geschäftsführer von AMG Lithium, eines niederländisch-US-amerikanischen Unternehmens mit Sitz in Frankfurt am Main, wirkt zufrieden. Der promovierte Manager wollte der Erste in Europa sein, der Lithiumhydroxid auf den Markt bringt. Und das ist ihm – wenn auch mit einigem Zeitverzug – gelungen.

140 Millionen Euro hat AMG in den mitteldeutschen Standort investiert. Zwei weitere Ausbaustufen sind möglich, so Scherer. "Die Industrie in Europa ist gerade dabei, sich zu etablieren. Die Batterie-Fertiger brauchen auch Kathoden-Materialien und damit auch Lithium. Da müssen wir dabei sein."

Blick in die Lithium-Raffinerie in Bitterfeld-Wolfen
20.000 Tonnen Lithium sollen pro Jahr in Bitterfeld-Wolfen hergestellt werden. Bildrechte: MDR

Lithium sieht aus wie Zucker

Lithium – das aussieht wie normaler Zucker – gilt als weißes Gold der Batterie-Sparte. 20.000 Tonnen davon sollen pro Jahr in Bitterfeld-Wolfen hergestellt werden. Das ist ausreichend für Batterien von etwa 500.000 Elektroautos. Deshalb tummelte sich auf der Baustelle bereits Politik-Prominenz aus Sachsen-Anhalt.

Ein Banner mit der Aufschrift «Spatenstich» ist an einer Baustelle aufgestellt. 1 min
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Im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen geht eine Raffinerie für Lithium in Betrieb. Es ist europaweit die erste.

MDR SACHSEN-ANHALT Mi 18.09.2024 06:30Uhr 00:30 min

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Infrastrukturministerin Lydia Hüskens (FDP) stellte bei einem Besuch fest, dass die E-Mobilität derzeit ohne Lithium nicht auskomme und man deshalb auf dem richtigen Weg sei. Wirtschaftsstaatssekretärin Stefanie Pötzsch sprach von Sachsen-Anhalts Beitrag zur Energiewende und dass sie sich sicher sei, dass noch viel mehr daraus entstehen könne. "Wir haben den nutzbaren Rohstoff da und dann ist es unser Wunsch, dass wir Unternehmen finden, die damit weiter arbeiten."

So etwas nennt man Wertschöpfungskette. Staatssekretärin Pötzsch sucht deshalb schon nach weiteren Investoren. "Es gibt viele Unternehmen, die sich für Sachsen-Anhalt interessieren. Wir gucken, dass wir die finden, die in die Region passen. Der Chemiepark Bitterfeld-Wolfen ist da ein super Standort, wo man alles hat, was man braucht. So etwas gibt es in Europa selten."

Chemiepark Bitterfeld-Wolfen wächst

Tatsächlich sind die Zahlen des Chemieparks Bitterfeld-Wolfen beeindruckend: Auf etwa 1.000 Hektar haben sich bisher rund 360 Unternehmen angesiedelt, die mehr als 12.000 Mitarbeiter beschäftigen. Bei den meisten Firmen handelt es sich um klassische Chemieunternehmen – entweder sind es Niederlassungen internationaler Chemiekonzerne oder relativ junge Firmen, die auf den Weltmarkt drängen.

In Bitterfeld-Wolfen finden sie ein gut ausgebautes Schienen- und Rohrleitungs-Netz vor, die Autobahn ist nicht weit. Diese Infrastruktur, in die die immense Summe von fünf Milliarden Euro gepumpt wurde, lockt inzwischen aber auch andere Unternehmen an, die den sogenannten Zukunftsbranchen angehören.

Bedarf an Lithium in Europa soll stark steigen

Geschäftsführer Patrice Heine freut sich deshalb, dass AMG die Lithium-Raffinerie in Bitterfeld-Wolfen gebaut hat. "Damit haben wir ein europäisches Alleinstellungsmerkmal. Und wir machen uns nicht mehr abhängig von China und Australien, die bisher das Monopol hatten."

Wir machen uns nicht mehr abhängig von China und Australien, die bisher das Monopol hatten.

Patrice Heine, Geschäftsführer Chemiepark

Die Aussichten sind einigen Wirtschaftsprognosen zufolge verheißungsvoll. So soll der Bedarf an Lithium bis 2030 in Europa stark ansteigen. Und auch der Rohstoff soll künftig nicht mehr aus Südamerika importiert werden. AMG prüft derzeit, ob Lithium-Abbaugebiete in Portugal und im sächsischen Zinnwald in Frage kommen.

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MDR (André Damm, Luise Kotulla)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 18. September 2024 | 19:00 Uhr

16 Kommentare

ElBuffo vor 3 Wochen

Das ist eben immer die Frage, ob das billigere dann auch zuverlässig hier ankommt. Da ist ja nun Deutschland nicht das erste Mal ordentlich auf die Fresse gefallen. Gerne auch mit Ansage.

El Toro vor 3 Wochen

Richtig. Wir werden nie billiger und günstiger als die Chinesen produzieren können. Da sind es auf der einen Seite die Rohstoffe und auf der anderen, die hohen Energiekosten, die das im grossen Stil verhindern werden. Also verbrennen wir höchstwahrscheinlich ein weiteres mal gutes Geld.

Altlehrer vor 3 Wochen

Dann bleibt die Hoffnung, dass sich hier nicht das Solarzellenfiasko wiederholt, weil die Batteriehersteller das benötigte Lithium-Produkt in China viel billiger bekommen.

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